Krankenhäuser fürchten Energiekosten – Kaum Einsparpotenzial

Von Sandra Trauner, dpa 

In Frankfurt-Höchst entsteht das weltweit erste Krankenhaus in Passivbauweise. In Zeiten explodierender Energiekosten eine gute Investition. Anderen Krankenhäusern fehlt das Geld für die energetische Modernisierung. Wer zahlt die Rechnungen?

Frankfurt/Main (dpa/lhe) – Die Herz-Lungenmaschine abschalten, das MRT herunterfahren, den Operationssaal nicht mehr beheizen – dass das nicht geht, leuchtet auch Laien ein. Krankenhäuser zählen zu den großen Energiefressern im Land, aber Energiesparen ist nur bedingt möglich, wie Prof. Steffen Gramminger von der Hessischen Krankenhausgesellschaft sagt. Das Einsparpotenzial liege im einstelligen Bereich. «Die Energiekrise wird das Krankenhaussterben beschleunigen, wenn es keine finanziellen Unterstützungen seitens der Politik gibt», sagte Gramminger anlässlich des Hessischen Krankenhaustages am Donnerstag in Offenbach.

«Energiesparen ist kaum möglich», sagt Gramminger: Patientenzimmer müssten im Sommer gekühlt und im Winter geheizt werden, Großgeräte müssten 24 Stunden laufen – würde man sie abschalten, würde das Wiederhochfahren zu lange dauern. Wo man sparen könnte – Bewegungsmelder für das Licht, kühlere Verwaltungsräume – sei das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Eines der Hauptprobleme sieht die Krankenhausgesellschaft darin, dass Klinikgebäude oft alt sind und es mit der Energieeffizienz der Gebäude nicht weit her ist. Anders das Klinikum Höchst im gleichnamigen Frankfurter Stadtteil. Der Neubau des kommunalen Klinikums, der noch in diesem Jahr bezogen werden soll, ist das weltweit erste Klinikum, das im Passivhausstandard gebaut wurde.

Krankenhäuser gehörten aufgrund ihres 24-Stunden-Betriebs zu den Energie-Spitzenverbrauchern, so das Passivhaus Institut, das solche Gebäude zertifiziert. Notaufnahme, Operationssäle, technische Geräte, Beleuchtung, Lüftung, würden praktisch rund um die Uhr genutzt. Daher seien gerade in einem Krankenhaus Effizienzmaßnahmen am Gebäude besonders lohnenswert.

Durch die steigenden Energiepreise müsste das Klinikum im nächsten Jahr mit Mehrkosten im siebenstelligen Bereich rechnen, sagt Martin Menger, Geschäftsführer der varisano Kliniken Frankfurt-Main-Taunus, zu der das Klinikum gehört. Mit dem Neubau seien dann jedoch Einsparungen im siebenstelligen Bereich möglich. Durch die Passivbauweise sei der auf 260 Millionen Euro kalkulierte Neubau zwar zwei bis drei Prozent teurer geworden. «Durch die bessere Energiebilanz würden sich die Mehrkosten – ohne die Preissteigerungen – aber in etwa fünf bis sieben Jahren amortisieren.»

Am größten sei das Einsparpotenzial bei der Wärmeversorgung, sagt Projektleiter Michael Mertens. Unter anderem durch gute Dämmung, hohe Dichtigkeit, Wärmerückgewinnung in der Lüftungstechnik und Solarmodule könne man im Vergleich zum Bestandsgebäude 60 bis 80 Prozent einsparen. Größter Energieschlucker im Krankenhaus sei allerdings die Medizintechnik. Durch moderne Geräte könnten auch hier die Kosten gesenkt werden, wenn auch nicht so stark. Der Mehrgewinn komme «durch eine Fülle von Einzelmaßnahmen», darunter zum Beispiel LED-Lichter.

In den meisten Krankenhäusern ist man davon weit entfernt. «Nach den Belastungen der Pandemie trifft die Krankenhäuser nun die Inflation und insbesondere die extrem gestiegenen Energiepreise», beklagt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts zufolge sind die Energiekosten der deutschen Krankenhäuser schon in diesem Jahr um durchschnittlich 60 Prozent gestiegen.

Laut Statistischem Landesamt gaben die 157 hessischen Krankenhäuser schon im Jahr 2020 zusammen 154 Millionen Euro für Energie, Brennstoffe und Wasser aus. Neuere oder detailliertere Zahlen liegen nicht vor.

Ein Krankenhaus mittlerer Größe wird nach Berechnungen der DKG 2023 über sechs Millionen Euro mehr für Gas und Strom bezahlen, als im Jahr 2021. «Mehrausgaben in Millionenhöhe, die nicht gedeckt sind», wie der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß, vergangene Woche in Berlin kritisierte. «Die Krankenhäuser sind in Not wie viele andere energieintensive Unternehmen auch. Aber die stützt der Bund mit Hilfen in Milliardenhöhe.»

Auch Gramminger fordert finanzielle Hilfen – zum einen, um die steigenden Energiekosten auszugleichen, zum anderen, um Hessens Klinikbauten zu modernisieren. Unzureichende Investitionsmittel hätten über viele Jahren zu einem Investitionsstau geführt. «Viele Gebäude sind nicht auf dem neusten Stand der Technik, für Investitionen in erneuerbare Energien und moderne Baustoffe war und ist kein Geld da. Hier wäre dringend ein Sonderförderprogramm aufzulegen, welches vom Bund und Länder finanziert wird.»

Sozialminister Kai Klose (Grüne) verweist darauf, dass seit seinem Amtsantritt die Investitionsmittel ständig gestiegen seien: von 168 Millionen im Jahr 2018 auf 300 Millionen im Jahr 2022. «Diese Mittel können auch für Maßnahmen zur Umstellung der Energieversorgung verwendet werden.»

 

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