Bauwirtschaft fordert Lösungen zur «Regelungswut»

Saarbrücken (dpa/lrs). Die saarländische Bauwirtschaft fordert von der Politik eine Neuausrichtung bei der Förderpolitik und Erleichterungen bei Genehmigungsvorschriften. Andernfalls drohe in der Branche Kurzarbeit. «Die Stimmung ist so schlecht wie noch nie in den letzten 30 Jahren», sagte Hauptgeschäftsführer Christian Ullrich am Freitag bei der Frühjahrs-Pressekonferenz des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft des Saarlandes (AGV Bau Saar).

Nach Ansicht von AGV-Präsident Klaus Erhardt ist der saarländische Wohnungsbau «faktisch tot». Die Zahl der Baugenehmigungen beim Neubau sei im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent gesunken. Aktuell würden Aufträge aus Übergängen abgearbeitet, für die zweite Jahreshälfte sehe es düster aus. Einziger Lichtblick sei das Ausbaugewerbe mit seinen Dachdecker-, Fliesen-, Holzbau-, Maler- und Stuckateurbetrieben. Wegen einer nachgelagerten Auftragserteilung werde hier der Auftragseinbruch in drei bis fünf Jahren folgen.

Von der Bundesregierung erwartet Erhardt ein Umdenken: Sowohl beim Mietwohnungsbau als auch sozialen Wohnungsbau müsse die Förderung «temporär ohne überambitionierte Effizienzstandards» möglich sein. «Ich will den Brandschutz und Klimaschutz nicht kaputtreden, aber es gibt eine Auslegungsbreite, und daran muss geschraubt werden.»

AGV-Vizepräsident Philipp Gross wies darauf hin, dass die Zahl der Bauvorschriften in den vergangenen Jahren von 5000 auf über 20.000 gestiegen sei: Diese «unglaubliche Regelungswut» habe das Bauen massiv verteuert und erschwert. Insbesondere im Saarland habe es beim Thema Brandschutz eine «völlige Fehlleitung» gegeben. Hier seien die Vorschriften und Auslegungen am härtesten bundesweit.

Von der Politik fordert die saarländische Bauwirtschaft bessere Rahmenbedingungen für Bauherren und die Branche. Dazu zähle ein Ausbau des digitalen Bauantrags, eine Nachfolgeregelung für das Baukindergeld und eine Senkung der Grunderwerbssteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie. Zudem müssten Sonderabschreibungen im sozialen Wohnungsneubau auf 10 Prozent ausgeweitet werden. «Das würde den Wohnungsbau zumindest etwas ankurbeln», so Erhardt.

AGV-Hauptgeschäftsführer Christian Ullrich wies darauf hin, dass die Zahl der Mitarbeitenden in der deutschen Bauwirtschaft nach früheren Baukrisen in den letzten Jahren mühsam wieder auf 950.000 ausgebaut worden sei. Eine drohende Kurzarbeit könne jedoch langfristig zu einem «Riesen-Personalproblem» führen. Darunter werde nicht zuletzt auch die Klimawende leiden. «Für Nachhaltigkeit sind wir der Schlüssel. Wenn man gewisse Dinge möchte, muss man auch radikal und ohne Denkverbote an die Vorschriften gehen.»

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