Trend geht nach oben: Zahl der Asylklagen nimmt wieder zu

Trier (dpa/lrs). Mit dem wachsenden Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland steigt die Zahl der Asylklagen in Rheinland-Pfalz wieder. «Der Trend geht nach oben», sagte der Präsident des im Land zentral für diese Fälle zuständigen Verwaltungsgerichts Trier, Heribert Kröger, der Deutschen Presse-Agentur. Bis Ende Mai seien knapp 1800 Klage- und Eilverfahren in Sachen Asyl eingegangen. Auf das laufende Jahr hochgerechnet würde das gut 4200 Verfahren bedeuten – und somit ein Plus von mehr als 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

«Wir kommen allerdings von einer niedrigen Basis», sagte Kröger. Denn seit dem Höhepunkt der Klagewelle 2017 mit rund 14 200 Asylklagen waren die Zahlen rückläufig – und lagen im vergangenen Jahr bei knapp 3200. «Jetzt sehen wir eine Trendumkehr», sagte der Jurist, der seit vergangenem September im Amt ist. Noch sei das Pensum für das Team gut zu schaffen. «Aber wir müssen aufpassen. Wir halten die Augen offen», sagte Kröger.

Die Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) deuteten darauf hin: «Dass deutlich mehr Verfahren hier anhängig werden können und darauf bereiten wir uns vor.» Die Entwicklung erreiche die Verwaltungsrichter stets zeitversetzt. Man habe aber «vollstes Vertrauen», dass das Gericht bei stärker steigenden Zahlen wieder mehr Personal zugewiesen bekomme, sagte Kröger.

In der Hoch-Zeit der Verfahren vor sechs Jahren zählte das Gericht 38 Richter. Die Zahl der Kammern war damals auf neun aufgestockt worden, heute seien es acht Kammern mit insgesamt 24 Richtern – plus zwei Kammern für Disziplinarsachen. Die Menschen klagten, weil ihr Asylantrag abgelehnt wurde oder weil sie einen umfassenderen Schutzstatus haben wollten, berichtete Kröger. Die Art des zuerkannten Schutzes entscheide auch darüber, ob Familie aus dem Heimatland nachziehen könne oder nicht.

Die meisten Antragssteller kämen aus Syrien, gefolgt von Pakistan, der Türkei, Afghanistan, Ägypten und Somalia. Es gebe aber auch vereinzelt Asylklagen von Menschen aus Ländern wie Guatemala, Malaysia oder den USA. «Das kommt selten vor, aber es kommt vor. Ausschließen kann man eigentlich gar nichts», sagte der 63-Jährige.

Es seien menschliche Schicksale, die die Richterinnen und Richter in den Verhandlungen bewegten, sagte Kröger. Viele der Antragsteller kämen «aus sehr bedrückenden Verhältnissen». Und wenn man entscheiden müsse, ob es einen Grund gebe, den Menschen nicht abzuschieben, seien dies «schwierige Fragen, die mitunter doch recht belastend sind».

In rund 80 Prozent der Verfahren am Verwaltungsgericht Trier gehe es um Asylrecht, sagte der Präsident. Daneben stehe eine breite Palette von Sachgebieten wie Bau-, Polizei-, Kommunal- und Versammlungsrecht im Fokus. «In der Corona-Zeit haben wir uns beispielsweise viel mit Versammlungsverboten beschäftigt.» Landesweit zuständig ist das Trierer Gericht auch für Disziplinarverfahren von Bundes- und Landesbeamten.

Bei der Dauer der Bearbeitung der Asylklagen steht das Gericht in Trier bundesweit an der Spitze. 2022 dauerte ein Hauptverfahren im Schnitt 4,8 Monate. In diesem Jahr liege man bei 3,6 Monaten, sagte Kröger. Laut Bamf dauerte 2022 ein Verfahren im bundesweiten Schnitt 26,5 Monate.

Die Asylklagen-Verfahren in Trier seien seit Jahren mit Abstand die kürzesten im gesamten Bundesgebiet, sagte auch Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer vor kurzem in Trier. Die anderen Verwaltungsgerichte in Deutschland «rätseln über dieses Geheimnis». Kröger: «Es gibt kein Geheimnis. Wir haben eine extrem hohe Motivation und arbeiten möglichst effektiv.»

Laut Sommer ist die Zahl der Asylsuchenden seit September letzten Jahres massiv gestiegen. «In diesem Jahr werden die Zahlen hoch bleiben», sagte er. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurde für 125 556 Menschen erstmals in Deutschland ein Asylantrag gestellt. Das waren fast 77 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

2022 wurden in Rheinland-Pfalz rund 11.500 asylsuchende Menschen registriert. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle waren es im Jahr 2015 fast 53.000 gewesen.

In diesem Jahr sind laut Integrationsministerium bis Mitte Juni über das bundesweite Verteilsystem bereits rund 5300 asylsuchende Menschen in Rheinland-Pfalz aufgenommen worden. Das seien 1400 mehr als im Vorjahreszeitraum. Zusätzlich zu den Asylsuchenden befinden sich laut Ministerium rund 44.800 Menschen mit Ukraine-Bezug im Land.

 

 

 

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