Ostdeutsche in Spitzenjobs: Anteil wächst nur langsam Gesellschaft

Berlin (dpa) – In ostdeutschen Chefetagen haben laut einer neuen Studie nach wie vor meist Westdeutsche das Sagen – ob nun in Unternehmen, Gerichten oder Universitäten.

Der Anteil Ostdeutscher in Topjobs ist in den fünf ostdeutschen Ländern seit 2016 insgesamt nur leicht gestiegen: von 23 auf 26 Prozent. In Landeskabinetten, großen Firmen und vielen Medien ging es sogar abwärts. Von «bundesdeutschen Elitepositionen» – etwa in der Bundesregierung, Dax-Unternehmen oder Bundesgerichten – sind 3,5 Prozent mit Ostdeutschen besetzt.

In Ost-Ländern 87 Prozent ostdeutsch, bundesweit 17 Prozent

Die Untersuchung «Der lange Weg nach oben» in Zusammenarbeit der Universität Leipzig und des MDR wurde am Mittwoch anlässlich des Ostdeutschen Wirtschaftsforums veröffentlicht. Darin gilt als Ostdeutscher, wer in der DDR oder nach der Vereinigung im Osten sozialisiert wurde, also bis zum Erwachsenenalter überwiegend dort gelebt hat. Gemessen wird ihre Vertretung in Topjobs am Bevölkerungsanteil: In den fünf ostdeutschen Ländern gelten 87 Prozent aller Bewohner als ostdeutsch; bundesweit sind es 17 Prozent.

Von allen Richterinnen und Richtern an obersten Gerichten in Ostdeutschland sind inzwischen 22 Prozent Ostdeutsche, im Vergleich zu 13 Prozent 2016. In ostdeutschen Unis haben 17 Prozent der Rektoren oder Präsidenten einen ostdeutschen Hintergrund, etwa gleich viele wie 2016.

In den Landeskabinetten der fünf Länder ist der Anteil Ostdeutscher mit 60 Prozent zwar viel höher – allerdings waren es 2016 noch 70 Prozent. In der Leitung der 100 größten Unternehmen im Osten sank der Anteil Ostdeutscher von 45 auf 27 Prozent.

In den Chefredaktionen der großen Regionalzeitungen waren 2016 noch 62 Prozent Ostdeutsche – heute sind es 43 Prozent. Zugenommen hat der Anteil dagegen in den Verlagsleitungen: von 9 auf 20 Prozent. In Führungsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender für den Osten – MDR, RBB und NDR – wuchs der Anteil Ostdeutscher von 27 auf nun 31 Prozent – von drei auf vier Personen.

Die Ampelkoalition hat sich vorgenommen, mehr Ostdeutsche in Führungspositionen zu bringen. Dafür soll im Lauf des Jahres ein Konzept vorliegen.

Ostbeauftragter Schneider: Zu wenig Ostdeutsche in Topjobs

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, unterstrich dieses Vorhaben. «Die gesellschaftlichen Führungsstrukturen sollten ein Abbild des ganzen Landes sein, ob in Wirtschaft, Wissenschaft, Justiz, Politik oder Medien», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Das ist nicht der Fall und gilt auch für Ostdeutsche, die in Führungspositionen nicht angemessen vertreten sind.»

Die Koalition wolle in der Bundesverwaltung mit gutem Beispiel vorangehen, sagte Schneider. «Für Führungsstrukturen gilt generell, dass Entscheidungen besser werden, wenn vielfältige Erfahrungen und Perspektiven einfließen», sagte Schneider.

Daten zu Ostdeutschen in Führungspositionen werden seit 2004 in einer Zeitreihe von der Produktionsgesellschaft Hoferichter & Jacobs in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und dem Mitteldeutschen Rundfunk erhoben.

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