Auch wegen Pandemie: Studie sieht bröckelnde Mittelschicht

Gütersloh (dpa) – Die Mittelschicht in Deutschland bröckelt einer Studie zufolge erheblich, besonders der untere Rand ist abstiegsgefährdet.

2018 zählten 64 Prozent der Bevölkerung zur mittleren Einkommensgruppe, was im Vergleich zu 1995 – mit damals 70 Prozent – ein Schrumpfen um sechs Prozentpunkte bedeute. Das geht aus einer Analyse von Bertelsmann Stiftung und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Es handele sich um die aktuellsten verfügbaren Daten zu dem komplexen Thema, sagte die Arbeitsmarktexpertin der Stiftung, Natascha Hainbach, am Mittwoch.

22 Prozent von Armut bedroht 

Demnach seien allein von 2014 bis 2017 rund 22 Prozent der Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 bis 64 Jahren in die untere Einkommensschicht gerutscht – und waren damit laut Untersuchung arm oder von Armut bedroht.

Es gebe Anzeichen dafür, dass der Schrumpfkurs nach 2018 angehalten und sich durch die Pandemie noch verschärft habe. Denn auch unter Personen mit mittleren Einkommen gab es deutliche Beschäftigungsverluste: In dieser Gruppe waren acht Prozent, die vor Beginn der Krise 2019 noch arbeiteten, im Januar 2021 nicht mehr erwerbstätig, wie sich aus Berechnungen der Stiftung und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben habe.

«Gefährdet sind all jene, die unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße ein verfügbares Einkommen zwischen 75 und 100 Prozent des mittleren Einkommens haben», hieß es in Gütersloh. Das waren 2018 bei einem Single rund 1500 bis 2000 Euro verfügbares Nettoeinkommen, bei Familien mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern 3000 bis 4000 Euro, erläuterte Hainbach.

Mitte erholt sich nicht

Eine starke und florierende Mittelschicht sei als Basis einer soliden Wirtschaft und einer wohlhabenden Gesellschaft von zentraler Bedeutung, unterstreicht die Studie. Der wesentliche Rückgang fand demnach schon bis 2005 statt, seitdem habe sich die Mitte nicht wieder erholt.

Auch wenn die Mittelschicht erheblich kleiner sei als Mitte der 1990er Jahre, sei sie doch als «recht stabil» einzustufen. Anlass zur Sorge gebe es trotzdem in mehrfacher Hinsicht. So falle der Rückgang bei jüngeren Erwachsenen aus der Einkommensmitte – bei den 18- bis 29-Jährigen – überdurchschnittlich stark aus. Und wer in Deutschland einmal aus der Mittelschicht herausfalle, habe es heute deutlich schwerer, wieder aufzusteigen, schilderte Mitautorin Valentina Consiglio von der Stiftung.

Zudem gelinge es Ostdeutschen seltener, in den mittleren Einkommensbereich zu gelangen oder sich dort zu halten, als Westdeutschen. Im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern schrumpfte die Mittelschicht demnach nur in Schweden, Finnland und Luxemburg stärker als in Deutschland.

Bildungsrückstände aufholen

Es müsse gegengesteuert werden, lautete die Forderung aus Gütersloh an die künftige Ampel-Regierung. Wichtig seien gute Ausbildung und Studium: «Bildungsrückstände, die durch die Pandemie entstanden sind, müssen dringend aufgeholt werden, sonst wird vielen der mühsame Aufstieg in die Mittelschicht zusätzlich erschwert», mahnte Consiglio.

Um die Mittelschicht zu stärken, müssten Barrieren auf dem Arbeitsmarkt abgebaut und Frauen stärker in den Blick genommen werden. Sie arbeiteten zwar häufiger als früher, aber oft mit geringer Stundenzahl und in Tätigkeiten, für die sie überqualifiziert seien. Um zur Mittelschicht zu gehören, brauche es zunehmend ein zweites gutes Arbeitseinkommen. «Wollen wir die Mittelschicht stärken, sollten Umfang und Qualität der Jobs von Frauen verbessert werden»

 

 

 

 

Cannabis-Legalisierung spaltet die Bevölkerung

Berlin (dpa) – Die geplante Legalisierung von Cannabis spaltet einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge die Menschen in Deutschland. 43 Prozent sprachen sich in einer Befragung für die «Augsburger Allgemeine» für die Idee der künftigen Ampel-Koalition aus. Genauso viele lehnen sie ab.

Auch durch die Generationen geht ein Riss. Zwei Drittel der 18- bis 29-Jährigen sind laut Umfrage dafür, Cannabis freizugeben, zwei Drittel der über 65-Jährigen sind dagegen oder unentschieden. Weiterlesen

Gegen den Konsumrausch: «Kauf-nix-Tag» will aufrütteln

Verbraucher
Von Isabell Scheuplein (Text) und Frank Rumpenhorst  

Maintal/Frankfurt (dpa) – Bohrmaschine, Bollerwagen, Bierzelt-Garnitur: Im «Leihladen» im hessischen Maintal lagern Dinge, die man ab und an, aber nicht täglich braucht.

Registrierten Nutzern steht eine Auswahl an knapp 900 Gegenständen zur Verfügung, die sie gegen zwei Euro Mitgliedsbeitrag pro Monat und ein Pfand ausleihen können. Die Zahl der Interessenten steigt seit dem Start des Ladens vor vier Jahren immer weiter an, inzwischen sind es rund 300 Nutzer, wie Mitbegründer Florian Grünert sagt. Sie kommen aus dem gesamten Umkreis, auch aus dem 15 Kilometer entfernten Frankfurt. Das Ziel: weniger Konsum und mehr Nachhaltigkeit. Weiterlesen

Hoffen auf das große Geschäft mit Cannabis

Legalisierung für den Genuss
Von Alexander Sturm, dpa

Frankfurt/Main (dpa) – Vor Jahren die Freigabe von Cannabis für medizinische Zwecke, nun die geplante Legalisierung für den Genuss: Mit den Plänen von SPD, Grünen und FDP steht Deutschland nicht nur vor einem historischen Schritt in der Drogenpolitik.

Die Liberalisierung dürfte auch einen legalen Massenmarkt für die Droge öffnen, für den sich Hersteller schon jetzt warmlaufen. Die Branche wittert das große Geschäft und wirbt mit potenziellen Einnahmen in Milliardenhöhe für den Staat im Zuge der Legalisierung. Die Polizeigewerkschaft dagegen warnt, der illegale Handel könne dann erst recht aufblühen. Weiterlesen

Ampel läutet das Ende von Paragraf 219a ein

Werbung für Abtreibung
Von Fatima Abbas, dpa

Berlin (dpa) – So lange hatte Kristina Hänel dafür gekämpft – und jetzt steht es schwarz auf weiß im Ampel-Koalitionsvertrag: «Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen»

Paragraf 219a soll aus dem Gesetzbuch verschwinden. Jener Paragraf also, der es Medizinerinnen wie Kristina Hänel bislang verbietet, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche aufzuklären.

Es habe einen Moment gedauert, bis sie «die Bedeutung wirklich realisieren konnte», schreibt die deutschlandweit bekannte Ärztin am Donnerstag auf dpa-Anfrage. Für ein spontanes Telefonat hat sie wegen der nun auf sie einprasselnden Anfragen nur knapp eine Minute Zeit. Viel zu wenig, um das zu vermitteln, was die geplante Streichung von Paragraf 219a für sie und zehntausende Frauen in Deutschland bedeutet. Weiterlesen

EU-Staaten legen Position bei Digital-Gesetzen fest

Brüssel (dpa) – Die EU-Staaten legen heute endgültig ihre Verhandlungsposition bei zwei wichtigen Digital-Gesetzen fest.

Das Gesetz über digitale Märkte (DMA, Digital Markets Act) soll die Marktmacht von Internet-Riesen wie Facebook, Amazon und Google begrenzen. Das Gesetz über digitale Dienste (DSA, Digital Services Act) befasst sich mit gesellschaftlichen Aspekten wie Hassrede und gefälschten Produkten im Netz.

Der DMA zielt auf sogenannte Gatekeeper (Torwächter) ab, die erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben. Darunter fallen der Position der EU-Staaten zufolge Plattformen wie Suchmaschinen oder Soziale Netzwerke mit mindestens 45 Millionen aktiven monatlichen Nutzern in der EU oder 10 000 jährlichen Geschäftskunden. Beim Jahresumsatz liegt die Schwelle bei 6,5 Milliarden Euro. Die Gatekeeper müssen bestimmte Regeln befolgen. Tun sie das nicht, drohen Strafen in Milliardenhöhe. Weiterlesen

Müntefering: Ältere Menschen sind nicht immer hilfsbedürftig

Interview
Interview: Thomas Strünkelnberg, dpa

Hannover (dpa) – Der Vorsitzende der Interessenvertretung der Senioren, Franz Müntefering (81), hat sich dagegen ausgesprochen, in älteren Menschen nur Hilfsbedürftige zu sehen.

«Das ist keine Generation, die nur Hilfe braucht», sagte der frühere SPD-Vorsitzende und jetzige Chef der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Vor dem Deutschen Seniorentag (24.-26.11.), der am Mittwoch online beginnt, sprach er sich gegen Niedriglöhne im Pflegesektor aus. Weiterlesen

Arbeitsmarktforscher: Deutschland braucht mehr Zuwanderung

Nürnberg (dpa) – Deutschland tut sich einer Studie zufolge zunehmend schwerer, genügend Zuwanderer zu gewinnen. Die Bundesrepublik brauche jährlich 400 000, um die Zahl der Erwerbspersonen konstant zu halten, teilte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Dienstag mit. Das Statistische Bundesamt gab die Zahl der Nettozuwanderer für 2020 mit 208 586 an.

Aufgrund des demografischen Wandels werde die Zahl der Erwerbspersonen im Inland immer geringer – selbst wenn Frauen die Zahl ihrer Arbeitsstunden deutlich erhöhen würden und ältere Arbeitnehmer später in Rente gingen, würde die Zahl von derzeit 47 Millionen Menschen auf 38 Millionen sinken, wenn jährlich nur 100 000 Arbeitskräfte zuwanderten. Weiterlesen

Beziehungsgewalt: Jeden dritten Tag wird eine Frau getötet

Bundeskriminalamt
Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa

Berlin (dpa) – Die Zahl der angezeigten Gewalttaten unter Paaren und Ex-Partnern ist 2020 noch stärker gestiegen als in den Jahren zuvor.

Laut einer aktuellen Statistik zur Partnerschaftsgewalt registrierten die Behörden im vergangenen Jahr bundesweit 146 655 Fälle, in denen ein aktueller oder ehemaliger Partner Gewalt ausübte oder dies versuchte – ein Anstieg um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 139 Frauen und 30 Männer wurden von ihrem aktuellen oder ehemaligen Partner getötet. Weiterlesen

Arbeitsmarktforscher: Deutschland braucht mehr Zuwanderung

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Chinas Geburtenrate fällt auf niedrigsten Stand seit 1978

Peking (dpa) – Die Geburtenrate in China ist auf den niedrigsten Stand seit dem Ende der 1970er Jahre gefallen. Den Rückgang der Geburten um 18 Prozent auf zwölf Millionen im vergangenen Jahr erklärte das Statistikamt am Dienstag in Peking auch vage mit der Corona-Pandemie.

Doch sehen Experten die hohen Kosten für Wohnraum, Bildung und Gesundheit in China und die schwindende Bereitschaft zur Heirat als eigentliche Gründe für die beunruhigende Entwicklung. Weiterlesen

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