Polizei-Spezialeinheit: Auf die Persönlichkeit kommt es an

Von Ira Schaible dpa

Mainz (dpa/lrs) – Der Bewerber für das Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei muss hochkonzentriert, schnell und stressresistent sein: Seine Anweisungen erhält er auf einem Blatt Papier. Nach dessen Lektüre muss er – ohne ein weiteres Wort – zeigen, dass er alles verstanden hat und schnell richtig umsetzen kann. Blitzschnell lädt er seine Schusswaffen, rennt mit 20 bis 40 Kilogramm Ausrüstung zu seinem Einsatzort, seilt sich aus etwa fünf Metern Höhe ab und überwältigt einen mit einem Messer bewaffneten Verdächtigen. Zwei Ausbilder beobachten den angehenden SEK-Beamten bei der Übung genau. Sie ist eine von neun, die Bewerber für die Spezialkräfte der Polizei in einer Testwoche absolvieren müssen, zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Schwere Gewaltkriminalität, Geiselnahme, Entführung, Erpressung, lebensbedrohliche Situationen: «Einsatzkräfte der Spezialeinheiten müssen in hochdynamischen gefährlichen Einsatzlagen einen kühlen Kopf bewahren», betont Innenminister Roger Lewentz (SPD). «Sie müssen unter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen in der Lage sein, binnen weniger Augenblicke über den Einsatz von Zwangsmaßnahmen – bis hin zum gegebenenfalls tödlichen Einsatz der Schusswaffe – zu entscheiden.»

Um die erforderliche hohe Professionalität zu gewährleisten, seien seit den Terroranschlägen in Paris 2015 die Eignungs- und Auswahlverfahren sowie die Aus- und Fortbildung der 303 Kräfte in Rheinland-Pfalz mit wissenschaftlicher Begleitung analysiert und modernisiert worden, berichtet Lewentz. «Dabei stehen die physische Leistungsfähigkeit, die mentale Stärke sowie die Persönlichkeit im Mittelpunkt.»

Zu den neun Einsatzübungen kommt daher im Auswahlverfahren ein vierstündiger Persönlichkeitstest und ein Interview, in dem es um die Eignung der Bewerber geht. Dazu gehören Erfahrungen aus dem Polizeialltag und der Umgang mit eigenen, kritischen Lebenssituationen. «Kritisch wird es, wenn die Funktionalität der Beamten davon eingeschränkt ist», erläutert Polizeipsychologe Stefan Schade.

«In den letzten Jahren hatten wir mehr geeignete Bewerber als Stellen», berichtete Christian Beck von der zentralen Ausbildungsstelle der Spezialeinheiten. Für rund 15 Plätze habe es zuletzt 90 Bewerber gegeben. Voraussetzung für die Bewerbung sind zwei Jahre Berufserfahrung bei der Polizei nach dem dreijährigen Studium an der Polizeihochschule. Nach dem bestandenen Auswahlverfahren folgt eine 25-wöchige Ausbildung. Die Leistungsfähigkeit werde regelmäßig – etwa alle zwei Jahre überprüft.

Die Spezialkräfte sind auf vier Standorte verteilt, von denen aus sie jeden Ort in Rheinland-Pfalz innerhalb einer Stunde erreichen können. In Enkenbach-Alsenborn, Mainz, Koblenz und Wittlich-Wengerohr gibt es sowohl Kräfte des SEK als auch des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), des Personenschutzes und der unterstützenden Operativtechnik.

Außerhalb von Rheinland-Pfalz seien Spezialeinheiten schon mal elitäres Denken, negativer Korpsgeist und Abschottung nach außen vorgeworfen worden, sagt Lewentz. In Rheinland-Pfalz werde «rundum eine Kultur des Hinschauens und Thematisierens gefördert», betonte der Minister. «Wir haben den Anspruch, mit allen Facetten eine Bürgerpolizei zu sein.»

 

 

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