Neue Formate für Zeitzeugenarbeit an Schulen

Ockenheim (dpa/lrs) – Die Begegnung mit Zeitzeugen der NS-Verbrechen soll Jugendlichen auch dann ermöglicht werden, wenn die unmittelbar Betroffenen nicht berichten können. «Die Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind für uns eine immerwährende Ermahnung und Verpflichtung», sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstag im Bildungszentrum Kloster Jakobsberg in Ockenheim (Kreis Mainz-Bingen).

Am eindrücklichsten sei das unmittelbare Gespräch, sagte Hubig. «Wir wollen den Kontakt mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ermöglichen, solange dies in der ersten Generation noch geht. Wir müssen aber auch andere Formate finden.»

Dazu gehörten Gespräche mit Zeitzeugen der zweiten Generation – «auch Kinder und Enkel können viel berichten, wie Familien traumatisiert worden sind». Weitere Möglichkeiten seien bereits die Beschäftigung mit Stolpersteinen vor Ort, die Spurensuche zu Lebensläufen von Betroffenen oder Filme mit Aufzeichnungen von Zeitzeugenberichten. Der Filmemacher Edmund Bohr und der Autor Reiner Engelmann stellten in Ockenheim ihren Film vor mit dem Titel «Henriette Kretz. Der Holocaust durch die Augen eines Kindes». Geplant seien zurzeit insgesamt fünf Filme mit Berichten von Zeitzeugen, sagte Bohr.

Das Bistum Mainz und das Maximilian-Kolbe-Werk haben in dieser Woche Schulklassen zum Austausch in das ehemalige Kloster eingeladen unter dem Motto: «Fragt uns, wir sind die Letzten… Erinnern für die Zukunft». Zu den Gesprächspartnern in dieser Woche gehört die 87-jährige Henriette Kretz, die knapp zehn Jahre alt war, als ihre jüdischen Eltern vor ihren Augen erschossen wurden. Sie überlebte in einem Versteck in einem Nonnenkloster.

Der 83 Jahre alte Mieczyslaw Grochowski erlebte als Vierjähriger die menschenunwürdigen Bedingungen im Internierungs- und Arbeitslager Lebrechtsdorf-Potulitz, wohin seine gesamte Familie verschleppt worden war. Jozefa Posch-Kotyrba war fünf Jahre alt, als ihre Familie 1943 von der Gestapo verhaftet wurde. Ihr Vater wurde als Untergrundkämpfer erschossen. Die 84-jährige Alodia Witaszek-Napierala hat auch schon in vergangenen Jahren Schülerinnen und Schülern über ihre Kindheit berichtet, in der sie von ihren Eltern getrennt wurde, um «germanisiert» zu werden.

 

 

 

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