Meyer acht Jahre Polizeipräsident – «Vieles hat positiv funktioniert»

Von Martin Fischer, dpa   

Unter anderem leitete er das Mobile Einsatzkommando, die Pressestelle und die Akademie der Polizei Hamburg. Als Polizeipräsident ist Ralf Martin Meyer nun schon seit 2014 «Chef vons Janze». Und er hat noch viel vor. 

Hamburg (dpa/lno) – Seit acht Jahren ist Ralf Martin Meyer Hamburgs Polizeipräsident. Länger waren mit knapp 13 beziehungsweise gut 14 Jahren bisher nur Bruno Georges gleich nach dem Zweiten Weltkrieg und Günter Redding (1968-1983) auf dem Posten. Von Amtsmüdigkeit ist bei Meyer keine Spur. «Polizeipräsident zu sein, ist eine schöne und natürlich auch sehr verantwortungsvolle Aufgabe», sagt der 62-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. «Nach acht Jahren im Amt, wenn man tatsächlich nur noch zwei, drei Jahre Zeit hat in dieser Aufgabe, ist das Ende irgendwo absehbar. Aber für mich spielt das derzeit noch keine Rolle.»

Meyer ist seit 1979 bei der Hamburger Polizei. Er leitete unter anderem das Mobile Einsatzkommando und die Pressestelle. Bevor er Präsident wurde, stand er an der Spitze der Akademie der Polizei Hamburg.

In seinem Büro im Polizeipräsidium – am nach seinem Vorgänger benannten Bruno-Georges-Platz – sitzt Meyer vor einer alten Mindmap, die er bald nach Amtsantritt am 1. Mai 2014 angefertigt hat, um visuell Struktur in das zu bringen, was als Präsident auf ihn zukommt. Im Zentrum des Papiers stehen zwei Themenkreise. Das eine Feld symbolisiere den Anspruch der Menschen auf Sicherheit in einer wachsenden Stadt, bei dem anderen gehe es um die Beschäftigten, ihre Zufriedenheit, ihre Orientierung, ihre Sicherheit und alles, was damit zusammenhänge, erklärt Meyer. Drumherum gruppieren sich in verschiedenen Farben Themen und Aufgaben.

«Tatsächlich kann ich heute etwa 80, 90 Prozent davon abhaken – natürlich nicht immer vollständig, weil sich die Dinge ja weiterentwickeln müssen.» Rund zehn Prozent gelte es noch abzuarbeiten, resümiert er. «Für mich ist der Rückblick auf die letzten Jahre durchaus in Ordnung. Vieles hat positiv funktioniert. Das macht auch zufrieden und spornt an, weiterzumachen.»

Bei der Kriminalitätsentwicklung habe die Polizei durch Corona Rückenwind bekommen. Zwar seien schon vor der Pandemie Diebstahlskriminalität und Wohnungseinbrüche zurückgegangen. «Das ist dann durch Corona noch einmal in einer Dimension geschrumpft, die wir sonst vermutlich nie erreicht hätten.» Von anfänglich 9000 Wohnungseinbrüchen pro Jahr auf 2200: «Das hätte ich mir – ohne Corona – nicht träumen lassen.»

Die Pandemie habe aber auch im Verhältnis von Bürgern und Polizei Spuren hinterlassen. Die Polizei sei aufgrund ihrer Kontrollfunktion «als personifizierter Staat aufgetreten», sagt Meyer. «Unterm Strich muss man sagen: Die Ablehnung der Polizei hat in dieser Zeit zugenommen, auch die Gewalt gegen Polizei ist ja angestiegen, was auch durch Corona mit bedingt war.»

Wichtig sei, «dass wir als Gesellschaft die Polizei als regelnden Faktor anerkennen, den wir brauchen, der eingreift, auch wenn zum Beispiel Gewalt angewendet wird», sagt er. «Und man muss anerkennen, dass Polizistinnen und Polizisten das auch nicht immer gerne machen.»

Wenn nun wieder so etwas wie das «normale Leben» einkehre, nehme auch die Kriminalität wieder zu. «Wir haben ja jetzt schon steigende Zahlen zum letzten Jahr, das allerdings auch eines mit historisch niedriger Kriminalität war.» Sorge bereite die Massenkriminalität im Betrugsbereich. «Die ist in den letzten Jahren stark angewachsen – sicherlich auch durch Corona. Das führt zu enormen Belastungen. Und da, glaube ich, kann uns künstliche Intelligenz bei der schnellen Bearbeitung der Vorgänge in den kommenden Jahren erheblich helfen.»

Die Digitalisierung ist eines der Themen, die zwar angestoßen, aber lange noch nicht abgearbeitet seien. «Als ich vor acht Jahren anfing, wurde noch alles mit dem Kugelschreiber ins Merkbuch geschrieben.» Mit den MobiPol-Gerät, den dienstlichen Smartphones, sei man aber jetzt schon mitten drin in der digitalen Mobilität. «Die Idee ist die: Wenn ich draußen auf der Straße Arbeiten erledigen kann, brauche ich dasselbe nicht noch einmal an der Dienststelle zu machen», erklärt er. «Aus meiner Sicht ist das eine kleine Revolution in der Polizeiarbeit, die dazu führen wird, dass wir in drei bis fünf Jahren noch deutlich mehr Präsenz auf der Straße haben werden.»

Das soll auch durch eine Einstellungsoffensive erreicht werden. «Da aber noch gleichzeitig viele Kollegen in den Ruhestand gehen, spürt man den Zuwachs nicht überall.» Deutlich erkennbar sei aber, «dass die Gesichter plötzlich jünger werden». Seit 2016 habe man «gesamtpolizeilich» einen Aufwuchs von rund 700 Kollegen geschafft, «darunter sind auch etliche Tarifbeschäftigte, die den Vollzug entlasten, wie die lokale Präsenz, die als Fußstreifen im Einsatz sind.» Bei den Polizeibeamten sollen es am Ende knapp 500 zusätzliche Kräfte sein. «Bis die Kollegen das in den Streifenwagen richtig spüren, wird es schrittweise noch bis 2024 dauern.»

Der Generationswechsel mache auch vor der Polizeiführung keinen Halt. «Vizepräsident Morten Struve geht am 10. Juni in den Ruhestand und sein Nachfolger wird Mirko Streiber, was noch weitere, kaskadierende Veränderungen zur Folge hat, denn Mirko Streiber ist ja LKA-Chef. Also brauchen wir einen neuen LKA-Chef.» Gleiches gelte für Hartmut Dudde, den Chef der Schutzpolizei, der noch im Mai verabschiedet werde und Ende des Jahres in den Ruhestand gehe. «Und auch das zieht dann wieder weitere Veränderungen nach sich, ebenso bei der Wasserschutzpolizei zum Jahresende.»

Für ihn gelte es, diesen Wandel jetzt noch mitzugestalten, sagt Meyer. «Das empfinde ich als sehr wichtige Aufgabe für mich als Präsident, die richtigen Leute in die Funktionen zu bringen.» Und wenn er dann selbst an der Reihe ist? «Ich kann mir schon vorstellen, im Anschluss noch in beratender Funktion tätig zu sein. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass es zu mir passt, einfach ganz aufzuhören.»

 

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