Falsche Krebsdiagnosen? Pathologe vor Gericht

Saarbrücken (dpa/lrs) – Wegen falscher Krebsdiagnosen steht ein Pathologe aus St. Ingbert erneut vor dem Landgericht Saarbrücken. Ab dem 6. Februar (9.00 Uhr) muss er sich dort wegen Totschlags verantworten. Konkret werden ihm zwei neue Fälle von Fehldiagnosen zur Last gelegt, in einem Fall soll ein Patient gestorben sein. Die beiden Fälle wurden erst nach dem Urteil gegen den Mann bekannt.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte seinen Beruf weiter ausgeübt haben, obwohl er wusste, dass er wegen seines gesundheitlichen Zustandes nicht mehr in der Lage war, den Facharztstandard einzuhalten. Ebenfalls soll er hierbei zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass Patienten aufgrund seiner Fehldiagnosen zu Tode kommen können.

Das Landgericht hat für den neuen Prozess neun Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte demnach am 15. März fallen.

Im Juli war der damals 63-Jährige wegen fahrlässiger Tötung, schwerer Körperverletzung sowie in drei Fällen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden. Unter Einbeziehung eines vorangegangenen Urteils unter anderem wegen Betrugs und Bestechung lag die Gesamtfreiheitsstrafe bei fünf Jahren und drei Monaten.

Derzeit beschäftigt dieses Verfahren noch den Bundesgerichtshofs: Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung und Nebenklage-Vertreter hatten damals Revision gegen das Urteil eingelegt. Dieses ist daher noch nicht rechtskräftig. Nach Angaben eines Gerichtssprechers habe die Staatsanwaltschaft die Revision inzwischen zurückgezogen.

Der Angeklagte, der zunächst für einige Tage auf freien Fuß gekommen war, befindet sich wegen der beiden neuen Fälle wieder in Haft.

Die Richter am Landgericht hatten es im Juli 2022 als erwiesen angesehen, dass der Pathologe von 2016 bis 2019 in seinem Institut in St. Ingbert gravierende Fehldiagnosen mit erheblichen Gesundheitsfolgen gestellt habe. Dadurch sei es zu nicht notwendigen Behandlungen und Eingriffen wie etwa Chemotherapien, Brust-, Darm- und Gesichtsoperationen gekommen. Unter anderem war einer Patientin der Großteil eines Oberkiefers entfernt worden. In einem anderen Fall war ein 50-jähriger Mann nach einer demnach nicht erforderlichen Darmoperation an einer Sepsis gestorben.

Das Gericht hatte den Angeklagten damals in zwei von sieben angeklagten Fällen freigesprochen und war in allen Fällen aufgrund seiner Suchterkrankung von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen.

Im Zusammenhang mit dem Pathologen hatte das Landgericht Saarbrücken vergangene Woche die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den Präsidenten der Ärztekammer des Saarlandes abgelehnt. Es fehle an Voraussetzungen, die die Strafbarkeit lautete die Begründung. Die Staatsanwaltschaft hatte den Kammer-Präsidenten im März 2022 wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung durch Unterlassen angeklagt. Demnach sollte er Informationen zur schweren Erkrankung des Pathologen nicht an die Approbationsbehörde weitergegeben haben.

Die Staatsanwaltschaft legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Beschwerde ein. «Eine Begründung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt», sagte ein Sprecher. Auch eine Nebenklägerin – die Angehörige eines Opfers – hat Beschwerde gegen die Entscheidung angekündigt.

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