UN-Generalsekretär: Menschenrechte sind unter Beschuss

Genf (dpa) – Mit eindringlichen Warnungen und einem flammenden Appell hat UN-Generalsekretär António Guterres in Genf die Sitzung des UN-Menschenrechtsrats eröffnet. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte feiere zwar in diesem Jahr 75-jähriges Bestehen, stehe aber unter Beschuss. «Sie wird missbraucht und misshandelt», sagte Guterres in Genf.

«Sie wird für politische Zwecke ausgenutzt und ignoriert – oft durch ein und dieselben Menschen.» Die Welt müsse sich dem entgegenstellen. Zu der Sitzung wird auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erwartet.

Guterres: Welt erlebt Rückschritte statt Fortschritte

Er appellierte an Regierungen und alle Menschen: «Wir müssen die Erklärung neu beleben und ihre volle Umsetzung sicherstellen, um die Herausforderungen von heute und morgen zu meistern.» Die Welt voller Krisen und Konflikte erlebe statt Fortschritten Rückschritte. Armut und Hunger würden größer, sozialer Zusammenhalt und Vertrauen schwänden angesichts des Grabens zwischen Reichen und Armen.

Die Erklärung der Menschenrechte wurde 1948 verkündet. Sie legt in 30 Artikeln die Rechte dar, die jedem Menschen zustehen, unabhängig von «Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Sie startet mit den Worten: «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.»

Der UN-Menschenrechtsrat tagt drei Mal im Jahr, um die Menschenrechtslage in aller Welt zu beurteilen. Er kann Untersuchungskommissionen einsetzen wie vor einem Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Unter den für je drei Jahre gewählten 47 Mitgliedsländern sind aber immer auch welche mit zweifelhaften Respekt für die Menschenrechte. China, Kuba und Eritrea, die zurzeit im Rat sitzen, weisen Kritik auch an anderen Ländern immer wieder als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück.

Baerbock betont Bedeutung des UN-Menschenrechtsrats

Angesichts von Menschenrechtsverletzungen durch Russland sowie im Iran und in Afghanistan unterstrich Baerbock die Bedeutung des UN-Menschenrechtsrats. «Dass dort ein Sanktionsmechanismus fehlt, macht diese Arbeit schwieriger, aber nicht weniger wichtig», sagte die Grünen-Politikerin vor dem Abflug nach Genf. «Unsere Fortschritte mögen oft langsam oder klein scheinen, aber jede Resolution, jede eingesetzte Untersuchungskommission und jede berufene Berichterstatterin ist ein Stein, der die Mauer zwischen Recht und Unrecht stärker macht», ergänzte Baerbock.

Baerbock dürfte vor dem Menschenrechtsrat unter anderem Berichte über die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland zur Sprache bringen. Moskau weist diese als Falschmeldungen zurück. Die Untersuchungskommission zur Ukraine legt am 20. März ihren Bericht vor.

Die deutsche Außenministerin will in Genf auch vor der ständigen Abrüstungskonferenz sowie bei einer Geberkonferenz für das Bürgerkriegsland Jemen sprechen, die Geld für humanitäre Hilfe zusammenbringen soll. Mit Blick auf Russland sagte Baerbock, in einer Zeit, in der eine Nuklearmacht fundamentale Prinzipien der UN-Charta verletze, seien Verhandlungsforen wie die Abrüstungskonferenz wichtiger denn je. «Wir dürfen nicht zulassen, dass einige wenige Staaten unser aller Sicherheit gefährden, weil sie Regeln untergraben, die uns allen dienen», ergänzte sie mit Blick auf Russland, aber offensichtlich auch vor dem Hintergrund der Atomprogramme von Nordkorea und dem Iran.

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