Die RWE-Krise wird für die Eifel-Kreise zum Albtraum

Der Energiekonzern RWE mit Hauptsitz in Essen gehört zum großen Teil Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Aber auch mehrere Eifel-Kreise in Rheinland-Pfalz halten immer noch Aktien von RWE. Vor dem geplanten Konzernumbau machte der Energiekonzern RWE Verluste. RWE gab bekannt, dass für 2015 unter dem Strich ein Minus von 200 Mio. Euro angefallen ist. Deshalb würde RWE weitgehend die Dividende streichen. Natürlich kam dies bei den Anlegern schlecht an. Deshalb fiel die Aktie zeitweise um etwa 10 %.

Der Wegfall der Dividende
trifft Städte und
Gemeinden hart

Dass RWE jetzt die Ausschüttung an die Aktionäre so gut wie streicht, trifft auf Grund der Aktionärs-Struktur viele Städte und Gemeinden und auch Eifel-Kreise. Etwa ein Viertel der RWE-Aktien wird von Kommunen gehalten. Besonders hart betroffen ist die Stadt Essen. Als wichtiger RWE-Standort ist Essen zugleich Großaktionär. Essens Kämmerer Lars Martin Klieve reagierte entsetzt auf die Ankündigung. Klieve: „Das übertrifft meine schlimmsten Albträume.“ Vorher hatte Essen noch 18,3 Mio. Euro Dividende von RWE eingenommen. Klieve und auch die Kämmerer anderer Gemeinden und Städte wurden von den RWE-Plänen nicht vorab informiert.

Am 3. März 2016 tagt der RWE-Aufsichtsrat. In diesem sind auch die Kommunen vertreten. Klieve sagte: „Das wird kein gemütliches Kaffee-Trinken.“

Für das Jahr 2014 hatte RWE noch eine Dividende von 1 Euro pro Aktie ausgeschüttet. Aber bereits im Jahre 2014 hatte der RWE mitgeteilt, dass es keine automatische Garantie auf eine Ausschüttung gäbe. Deren Berechnung sollte sich ausschließlich an den operativen Mittelzuflüssen, der Verschuldung und der Ertragslage orientieren. Diese RWE-Aussage ist ganz normal. Warum sollte der RWE Ausschüttungen durchführen, wenn kein Gewinn oder sogar Verlust gemacht wurde?

Die am RWE beteiligten Kommunen und Landkreise haben wohl gedacht, automatisch jedes Jahr Ausschüttungen vom RWE zu erhalten.

Der Vulkaneifelkreis
und seine RWE-Aktien

Am Beispiel der 242.000 RWE-Aktien des Vulkaneifelkreises, gehalten durch deren Wirtschaftsförderungsgesellschaft, kann man die dramatische Situation nachvollziehen:

Der Vulkaneifelkreis besitzt nach wie vor etwa 242.000 RWE-Aktien. Bis vor einigen Jahren resultierten daraus jährliche Dividenden-Zahlungen zwischen 800 Tausend Euro und einer Million Euro. Für das Jahr 2014 waren es „nur“ noch 242.000 Euro, für das Jahr 2015 wird es keine Dividenden-Ausschüttung geben.

Wir erinnern daran: Es war die BUV Bürgerunion, die im Kreistag am 24.03.2010 den Antrag stellte, die RWE-Aktien sofort zu verkaufen. Damals lag der Wert dieser Aktien bei 15,5 Mio. Euro. Die BUV Bürgerunion plädierte für den Verkauf, um damit den maroden Kreishaushalt zumindest teilweise zu sanieren. Gleichzeitig wies die BUV Bürgerunion darauf hin, dass das Halten der Aktien ein Risiko für den Kreis/WFG darstellt.

Keine Mehrheit im Kreistag
für den Verkauf der Aktien

In der Tat hatte der RWE Investoren vor künftigen Risiken bereits Anfang 2010 gewarnt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Vulkaneifelkreises nicht mehr mit jährlichen 800.000 Euro Dividenden-Einnahmen rechnen könne. Leider haben sich die Aussagen der BUV Bürgerunion aus dem Jahre 2010 bewahrheitet. Wie zuvor gesagt, gibt es für das Jahr 2015 keine Dividenden-Ausschüttung. Leider erhielt der Antrag der BUV Bürgerunion zum Verkauf der Aktien keine Mehrheit. Nur die damaligen 5 BUV Bürgerunion Kreistagsmitglieder stimmten für den Verkauf und dazu gab es noch eine Stimme eines weiteren Kreistagsmitgliedes.

Natürlich kann man heute sagen – wie Peer Steinbrück es einmal formulierte: „Hätte, Hätte, Fahrradkette.“ Aber nach der RWE-Warnung Anfang 2010 hätte man damals doch etwas schlauer sein können.

Der Behalt der RWE-Aktien kostete
den Vulkaneifelkreis bis heute 13,8 Mio. Euro

Am Dienstag, dem 23.02.2016, hatten die RWE-Aktien des Vulkaneifelkreises/WFG nur noch einen Wert von knapp 2,55 Mio. Euro. Dies ist ein sattes Minus von 13 Mio. Euro gegenüber dem Frühjahr 2010. Eigentlich war ein Verkauf der RWE-Aktien zu Gunsten der Kreiskasse des Vulkaneifelkreises unumgänglich. Dass dafür keine Mehrheit zustande kam, ist nicht nur traurig, sondern zeigt auch, dass zumindest damals außerhalb der BUV kein wirtschaftliches Verständnis bei den damaligen Kreistagsmitgliedern vorhanden war. Hoffentlich hat sich dies bis heute geändert.

Unabhängig von dem dramatischen Kursverlust von satten 84 % ist es auch ein Unding, dass Kommunen, Städte und Landkreise RWE-Aktien halten. Nachdem beim Strom zumindest theoretisch seit einigen Jahren Wettbewerb herrscht, macht es keinen Sinn, dass öffentliche Körperschaften Anteile an einer Aktiengesellschaft halten.

Im Jahre 2010 hätte die Kreiskasse 15,5 Mio. Euro verbuchen können – heute wären es nur noch etwa 2,5 Mio. Euro. Dazu kommt, dass es keine Dividenden-Ausschüttung mehr gibt, die früher im Schnitt bei 800.000 Euro jährlich lagen. Aber der seinerzeitige Landrat wollte auch nicht den Verkauf der RWE-Aktien. Man sollte und darf nichts unterstellen. Fakt ist aber, dass RWE an Landräte von Kreisen mit RWE-Aktien jährlich bei Sitzungen einige Tausend Euro ausbezahlte. Die Mühlheimer (Mühlheim-Ruhr) Oberbürgermeisterin erhielt jahrelang jährlich über 100.000 Euro Zusatzbezüge vom RWE. Ein ehemaliger Landrat von Bitburg-Prüm erhielt eine fast ebenso hohe Jahressumme.

Auch die Geschäftsprognose von RWE
für das Jahr 2016 fällt negativ aus

Jetzt räumt der RWE auf – ja, er muss aufräumen. Das hat natürlich auch mit der abrupten Energiewende in Deutschland zu tun – leider hatte sich der RWE nicht schnell genug auf die neue Situation eingestellt. Vor allem die überschuldeten Städte im Ruhrgebiet sind als kommunale RWE-Aktionäre eigentlich auf die Dividenden-Einnahmen angewiesen. Groteskerweise wollten sie deshalb einen Dividendenbetrag von 1 Euro pro Aktie als Untergrenze festschreiben – dies unabhängig vom Konzernergebnis. Dies ist völlig unlogisch und mit Aktiengesetzen überhaupt nicht vereinbar. Ohne Gewinn – keine Ausschüttung. Eine Ausschüttung ohne Gewinn bedeutet Substanzverlust eines Konzerns. So etwas darf nicht gemacht werden. Lediglich die wenigen Inhaber von Vorzugsaktien erhalten noch eine Mini-Dividende von 13 Cent pro Aktie. Ein Großteil der Anleger mit Stammaktien geht dagegen leer aus.

Nach RWE-Angaben gibt es lediglich 39 Mio. Vorzugsaktien und über 575,5 Mio. Stammaktien. Die neue Dividenden-Politik begründete Konzern-Chef Peter Terium mit den Worten: „Vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Perspektiven in der konventionellen Stromerzeugung haben wir heute eine Dividenden-Entscheidung getroffen, die uns nicht leicht fällt.“

Auch die Geschäftsprognose von RWE für das Jahr 2016 fällt negativ aus. „Hätte, hätte, Fahrradkette“ – vorbei, ist vorbei.

Die Mehrheit des Kreistages der Vulkaneifel fällte im Frühjahr 2010 eine völlig falsche Entscheidung. Hätte man damals die RWE-Aktien verkauft, hätte dies der Kreiskasse sehr gut getan. Jetzt hat man fast alles verloren: nicht nur die Dividende, sondern auch Aktiensubstanz.

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