Der beruflichen Bildung gebührt mehr Respekt!

Das Foto zeigt (von links) Julian Nida-Rümelin, Hubert Esser, Thomas Deufel, Peter Adrian, Michael Jäckel und Franz ZinkFoto: IHK Trier
Das Foto zeigt (von links) Julian Nida-Rümelin, Hubert Esser, Thomas Deufel, Peter Adrian, Michael Jäckel und Franz Zink Foto: IHK Trier

Trier. Abitur und Studium sind der Normalfall, ohne sie droht der sozio-ökonomische Abstieg: Wer so denkt, ist dem Akademisierungswahn verfallen, sagt Julian Nida-Rümelin, Professor für Philosophie an der Universität München. Beim Wirtschaftsforum der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer, der Initiative Region Trier und der Lernenden Region Trier mit mehr als 200 Besuchern kritisierte er die inzwischen verfestigte Ideologie, dass die berufliche Bildung nur zweitrangig sei.

Setze sich diese Fokussierung auf das Akademisch-Kognitive fort, gerieten sowohl die berufliche als auch die akademische Bildung in eine tiefe Krise. Denn auf der einen Seite studierten immer mehr Menschen das für sie falsche Fach, die Zahl der Studienabbrecher steige teils dramatisch, und das Niveau der Studienabschlüsse sinke. Und auf der anderen Seite leide die Wirtschaft unter dem Mangel an guten, praktisch ausgebildeten Mitarbeitern – sei doch die duale Berufsbildung die Erfolgsgrundlage des deutschen Mittelstands, wie IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer sagte. Nida-Rümelins Zahlen belegten, dass Länder mit einer niedrigeren Akademikerquote und einem hohen Maß an beruflicher Bildung eine niedrigere Jugendarbeitslosigkeit und ein höheres BIP aufweisen.   

Die Frage, ob die berufliche Bildung in Deutschland ins Abseits gerät, war Kern der anschließenden Debatte mit dem Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium, Thomas Deufel, Universitätspräsident Michael Jäckel, IHK-Präsident Peter Adrian und Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, moderiert vom Fernsehjournalisten Franz Zink.

Aus Sicht von Esser passten derzeit zu viele Berufsbilder nicht zur Vorstellung der Generation Y, beispielsweise Familie und Job besser in Einklang zu bringen. „Deshalb brauchen wir attraktivere Beschäftigungsperspektiven.“ Adrian sprach sich dafür aus, jungen Menschen die meist unbekannte Vielfalt der Arbeitswelt frühzeitig näherzubringen. Die duale Ausbildung mit ihren vielen – oft besseren – Karrieremöglichkeiten befinde sich auf dem gleichen Level wie ein Bachelor-Studium.

Zudem ermögliche nur das duale Bildungssystem mit seinen vielen Fortbildungsmöglichkeiten maßgeschneiderte Lebensläufe, betonte HWK-Hauptgeschäftsführer Manfred Bitter zum Abschluss. Es gelte, die Talente junger Menschen besser zu entdecken, zu fördern und aufzuzeigen, welche Chancen ihnen welcher Beruf biete.

Um diese Bildungsvielfalt zu erhalten, ließe sich an einer Reihe von Stellschrauben wirkungsvoll drehen, sagte Nida-Rümelin. „Wir brauchen die Engagiertesten, Fähigsten und Intelligentesten eines Jahrgangs – in den akademischen UND in den nicht akademischen Berufen! Und wir brauchen eine Kultur des gleichen Respekts beidem gegenüber.“ Ω

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