Die Erfindung des Autos: Knatternde Gefährte erobern die Welt

Endlich frei beweglich. Die Idee zu einem Gefährt, das eine unabhängige, schnelle Fortbewegung erlaubt, kommt zwei deutschen Erfindern beinahe zeitgleich. Im Jahr 1886 legen Carl Friedrich Benz und Gottlieb Daimler den Grundstein für die heutige Mobilität für Milliarden von Menschen – mit einem motorgetriebenen Dreirad und einer vierrädrigen Motorkutsche.

Doch wurde das Auto vielleicht schon viel früher erfunden? Manche behaupten, es sei Leonardo da Vinci gewesen. Mehr als die Idee und Zeichnung eines selbst fahrenden Fahrzeugs ist nicht überliefert. Vielleicht war es ja schon vor über 200 Jahren, als ein französischer Erfinder ein dampfbetriebenes Gefährt gegen eine Mauer setzte und so den ersten Autounfall verursachte. Und was ist mit dem Schweizer, der laut Geschichtsbüchern schon Anfang des 19. Jahrhunderts einen Handwagen mit Gasmotor in Bewegung gesetzt haben soll?

Viele Tüftler haben seit jeher die Erfindung für sich reklamiert, und bis heute kommt es vor, dass auch Persönlichkeiten wie US-Präsident Barack Obama in einer Rede vor dem amerikanischen Kongress, die Erfindung des Autos ihrer Nation zuschreiben. Nur einer hat es wirklich schriftlich: Am 29. Januar 1886 erhielt Carl Benz das Deutsche Reichspatent mit der Nummer 37435 für seinen dreirädrigen Motorwagen. So gilt nur dieses Fahrzeug höchst offiziell als das erste Auto der Welt – auch wenn Gottlieb Daimler fast zeitgleich seine Versuchsfahrten mit einem vierrädrigen Kutschenwagen absolvierte.

Das Interesse an der aus heutiger Sicht bahnbrechenden Erfindung war anfangs jedoch gering. Selbst der damalige Kaiser Wilhelm II. war skeptisch: „Ich glaube an das Pferd!“, soll er gesagt haben. Warum eine solch neue, anfällige, laute und gefährliche Technologie, wo es doch schon Pferde, Kutschen und Hafer an jeder Ecke gab?

Das fragten sich damals viele. Carl Benz’ Vehikel wurde mit einem Schwungrad gestartet. Ins Rollen kam der Wagen auf fingerdünnen Speichenrädern und dank eines Motorblocks von satten 100 Kilogramm. Dieser tuckerte gerade mal mit 400 Umdrehungen pro Minute vor sich her und war mit knapp einem PS Leistung beziffert. Die Höchstgeschwindigkeit des 270-Kilo-Mobils lag bei damals atemberaubenden 16 Stundenkilometern.  Schnell waren die Tage von Pferd und Kutsche gezählt, und wie keine Erfindung zuvor sollte das Automobil in den nächsten 125 Jahren das tägliche Leben für Milliarden Menschen radikal verändern -weit mehr als das Dampfschiff, die Eisenbahn, das Flugzeug oder der Computer. Und dies in einem Tempo und Ausmaß, wie es sich selbst die Entwickler und Hersteller der Autos in ihren kühnsten Träumen nicht ausmalen konnten.

Doch die Technik war schon damals komplex. „Jede Ausfahrt stärkte mein Vertrauen, bei jeder Ausfahrt lernte ich aber auch neue Tücken des Motors kennen“, schrieb Carl Benz in seinen Erinnerungen. Hinzu kam, dass es keine Infrastruktur, keine Tankstellen, aber auch keine Werkstätten für Wartung und Reparaturen gab. Schon im Laufe der ersten  Prototypen-Fahrten traten vielfältige technische Defekte auf und mussten zwangsläufig eigenhändig am Ort des Ausfalls kurios gelöst werden: eine verstopfte Kraftstoffleitung wurde beispielsweise mit einer Hutnadel frei gestochert, durchgescheuerte Zündkabel mit Strumpfbändern isoliert oder eine gedehnte Antriebskette vom im nächsten Dorf ansässigen Schmied schweißtreibend gekürzt.

Spätere Käufer brauchten Anfang des letzten Jahrhunderts neben einer gehörigen Portion handwerklichem Geschick auch viel Geduld. Wer keines von beidem hatte, sehnte sich nach Service und verfügbaren Mechanikern für Wartung und Reparatur. Gerade deshalb entwickelte sich in Deutschland das Kfz-Gewerbe nach seiner Gründung im Jahr 1909 schnell zum unverzichtbaren Partner für all diejenigen, die immer und überall sicher mobil unterwegs sein wollten.

Hinzu kam, dass knapp fünf Jahre später das Auto durch ein revolutionierendes Produktionsverfahren zum Massenmobil avancierte: am 14. Januar 1914 startete in den Fabriken des amerikanischen Herstellers Henry Ford die Fließbandproduktion. Sie senkte die Herstellungskosten und damit die Autopreise dramatisch, gab immer mehr Menschen Arbeit, ließ neben Zulieferbetrieben und Händlernetzen ebenso Werkstätten und Tankstellen wie Pilze aus dem Boden sprießen. Innerhalb von wenigen Jahrzehnten entwickelte sich die Automobilindustrie nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und ganz Deutschland zur Schlüsselbranche der Wirtschaft.

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