Offener Brief!

An die Bürgerinnen und Bürger und an die Mandatsträger der Verbandsgemeinden Manderscheid und Wittlich-Land
Hier: Kommunal- und Verwaltungsreform
Sehr geehrte Damen und Herren!

Als langjähriges Mitglied in verschiedenen kommunalen Gremien der Verbandsgemeinde Manderscheid und des Kreises Bernkastel-Wittlich wende ich mich an Sie. Ich mache mir Sorgen um das kommunalpolitische Klima in beiden Verbandsgemeinden! Resignation macht sich breit und man spürt förmlich die Hilflosigkeit gegenüber der Übermacht aus Mainz. Was können wir überhaupt noch tun? Man hat den Eindruck, dass demokratische Gepflogenheiten und Entscheidungen vor Ort in Mainz nichts gelten. Vor den Wahlen versprechen SPD und Grüne vollmundig mehr Bürgerbeteiligung. Was sie in Mainz machen, ist genau das Gegenteil. Es ist eine Zumutung, wie man in Mainz mit diesen Kommunen umgeht.

Ich erkenne an, dass diese Situation auch für die kommunalpolitisch Verantwortlichen in Wittlich-Land alles andere als einfach und  nachvollziehbar ist. Wittlich-Land erfüllt alle Kriterien, die für den Bestand in der jetzigen Größe und Struktur entscheidend sind. Sie hat eine ideale Größe und braucht keine Gebiets- und Einwohner- Vergrößerung.

„Murks“ auf der ganzen Linie

Wir dürfen uns in Anbetracht der Realität nicht hinter den Beschlüssen aus Mainz verschanzen und der Landesregierung die alleinige Verantwortung über die Zukunft unserer Verbandsgemeinden und Dörfer überlassen. Richtig ist, dass Mainz Entscheidungen gefällt hat, die nicht nachvollziehbar sind. „Murks“ auf der ganzen Linie. Warum hat man nicht eine über alle kommunalen Ebenen – Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise – schlüssige Kommunal- und Verwaltungsreform zeitgleich vorgesehen? Unter Einbeziehung aller Parteien im Landtag – auch der Opposition. Das hätte meines Erachtens Sinn gemacht. Dass etwas in dieser Hinsicht geschehen muss, sehen Kommunalpolitiker mit Realitätssinn ein. Das jetzige „WIE“ zeugt jedoch von wenig Professionalität.

Warum verschiebt man das Thema – Kommunal- und Verwaltungsreform der Verbandsgemeinden – nicht auf 2019, nachdem man wohl auch in Mainz festgestellt haben müsste, wie unsinnig eine losgelöste Vorgehensweise ist? Wo ist die Gleichbehandlung der in fragekommenden Verbandsgemeinden? Warum ist z.B. Thalfang zurückgestellt worden? Im Zeitraum von fünf Jahren könnte man dann in aller Ruhe eine umfassende Reform vorbereiten und durchführen – unter Einbeziehung der Landkreise und der Ortsgemeinden. Auf allen drei kommunalen Ebenen sind Reformen angesagt.

Die Zeit läuft wegen der am 25.Mai 2014 durchzuführenden Kommunalwahl davon. Was können wir unter diesen Umständen tun? Ich glaube, der Bürger erwartet schon von uns, dass wir nicht tatenlos zusehen. Ich stelle auch fest, dass in Anbetracht der verfahrenen Situation, in der VG Wittlich-Land Stimmen laut werden, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in Frage stellen.

Wissen alle, was da auf sie zukommt?

Wer das Kommunalwahlgesetz von Rheinland-Pfalz näher kennt weiß, dass aller Voraussicht nach nur noch wenige Mandatsträger aus der bisherigen Verbandsgemeinde Manderscheid dem neuen VG-Rat angehören werden. Ich habe den Eindruck, viele wissen noch nicht, was da auf die Kandidaten aus der VG Manderscheid zukommt. Sinn würde es machen, wenn man wegen der besonderen Situation – nur für die nächste Kommunalwahl – zwei getrennte Wahlbereiche einrichten würde, einen für Wittlich–Land und einen für VG Manderscheid. Die VG Wittlich-Land hat ca. 21.400, die VG Manderscheid nur ca. 7.500 Einwohner. Von den 36 Sitzen in der neuen VG entfielen 74,0 % = 27 Sitze auf die VG Wittlich-Land, auf die VG Manderscheid 26,0 % = 9 Sitze.

Sollte diese Regelung nicht möglich sein, sehe ich skeptisch auf die zukünftige Vertretung aus der VG Manderscheid in einer neuen VG. Unter den möglichen Kandidaten aus der VG Manderscheid sind nur sehr wenige, die in Wittlich-Land einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, somit sind sie fast chancenlos.

Ich appelliere an die Verantwortlichen der VG Wittlich-Land, auf den möglichen zukünftigen kleinen Partner – VG Manderscheid – ohne Vorurteile zuzugehen und alles daran zu setzen, dass zukünftig ein sachliches und faires Miteinander möglich ist. Wir wollten die kommunale Situation der Zwangsheirat nicht, genau so wenig wie Wittlich-Land dies nicht wollte.

Ich stamme aus der VG Wittlich-Land und wohne bereits 41 Jahre in der VG Manderscheid. In all den Jahren war ich immer an vorderster Front kommunalpolitisch tätig gewesen. Meine Erfahrung ist: mit der Eifeler Bevölkerung kann man sehr gut zusammenarbeiten.

Bauen wir doch keine unnötigen „Hürden“ auf und heben keine „Gräben“ aus, die später nur sehr schwer wieder einzuebnen sind. Die Mandatsträger von Manderscheid und Wittlich-Land haben gegenüber ihren Mitbürgern die Verantwortung, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen.

Vieles ist mit Geld nicht aufzuwiegen

Ein heikles Thema ist sicherlich die von der VG Manderscheid nicht akzeptierte Vereinbarung in der Freiwilligkeitsphase, die im vergangenen Jahr, die Wellen hochschlagen ließ. Teile dieser „Vereinbarung“ müssen meines Erachtens dringend durchdacht und überarbeitet werden. Sie sind für unsere Orte nicht akzeptabel. Alles ausschließlich nur nach finanziellen Gesichtspunkten gegeneinander aufzurechnen ist für eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit wenig förderlich.

Manches, das die VG Manderscheid in eine zukünftige VG einbringen kann, ist nicht in Cent und Euro gegenrechenbar. Es sind Highlights wie z.B. das Kloster Himmerod, ein weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz bekanntes und anerkanntes religiöses und geistiges Zentrum. Zu nennen sind die weltweit anerkannten geologischen Naturphänomene Meerfelder Maar und der Mosenberg, mit Windsborn, der einzige Berg-Kratersee nördlich der Alpen. Ferner die in ganz Deutschland einmalige Grabungsstätte Eckfelder Trocken-Maar und nicht zu vergessen die Burgen von Manderscheid.

Die Gewerbeansiedlungen können sich auch gut und gerne sehen lassen. Die Infrastruktur unserer Dörfer und der Stadt Manderscheid braucht sich ebenfalls gegenüber den Orten von Wittlich–Land nicht zu verstecken. Die finanzielle Situation der VG ist geordnet. Sie ist nicht so, wie gewisse Personen in der Presse es immer wieder behaupten. Tatsache ist, eine wohlgeordnete Kommune würde übernommen.

Ein Funken Hoffnung bleibt

Zum Schluss, eine herzliche Bitte: Gehen wir unvoreingenommen aufeinander zu, die Vertreter aus Manderscheid sind meines Erachtens dazu bereit. Sehen wir auf beiden Seiten das Positive, ich glaube, es lohnt sich. Unter keinen Umständen möchte ich mit meinem Appell den Eindruck erwecken, es sei nun alles gelaufen. Einen kleinen Funken Hoffnung habe ich noch, dass man in Mainz bzw. bei dem Landesverfassungsgericht in letzter Sekunde einsieht, dass man so nicht mit den Kommunen umgehen kann. Gleichbehandlung sieht in meinen Augen anders aus!

Norbert Christian, Großlittgen
Ehemaliger, langjähriger
1. Beigeordneter
der VG Manderscheid

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