Ein ziemlich irischer Präsident: Biden auf der Grünen Insel

Von Christiane Jacke und Christoph Meyer, dpa

Dublin/Dundalk (dpa) – US-Präsident Joe Biden hat seine Irland-Reise mit politischen Gesprächen fortgesetzt. Bei strahlendem Wetter traf er in der Hauptstadt Dublin zunächst Präsident Michael D. Higgins und später Premierminister Leo Varadkar. Dabei sollten sowohl der Krieg in der Ukraine als auch der Friedensprozess in Nordirland eine Rolle spielen.

Für Biden ist der mehrtägige Besuch in der Heimat seiner Vorfahren weitgehend ein Wohlfühltrip mit vielen netten Bildern. Und doch holten ihn auch die zunehmend beunruhigenden Nachrichten über gestohlene US-Geheimdokumente ein.

«Es ist eine Ehre, nach Hause zu kommen in die Heimat meiner Vorfahren», sagte Biden in Dublin. Am Mittwoch hatte er in Dundalk im Nordosten Irlands, von wo Vorfahren vom ihm stammen, in der Innenstadt Hände geschüttelt, Selfies mit Einwohnern gemacht und in einem Pub gesprochen. Einen großen Teil der Reise wendet er auf für persönliche Begegnungen und Spurensuche zu seiner Familiengeschichte. Dass sich der US-Präsident für Irland derart viel Zeit nimmt, nicht aber für Großbritannien, stößt bei manchen Briten auf Unverständnis.

Familie Biden im Schlepptau

Diverse Vorfahren des katholischen US-Präsidenten stammen aus Irland – einige stammen aus dem County Louth im Nordosten, wo Biden am Mittwoch seinen ersten längeren Stopp einlegte. Gemeinsam mit seinem Sohn Hunter und seiner Schwester Valerie ließ sich der 80-Jährige dort zunächst die Burg Carlingford Castle an der Ostküste zeigen. Ganz in der Nähe hatten Vorfahren von ihm, die Finnegans, Mitte des 19. Jahrhunderts Abschied von ihrer alten Heimat genommen. Die Burg sei vermutlich eines der letzten Dinge gewesen, das die Familie gesehen habe, als sie nach Amerika aufbrach, sagte Biden. Eine seiner Enkelinnen heißt mit Vornamen Finnegan.

Er verstehe zwar schon, warum seine Vorfahren das Land verlassen hätten inmitten der damaligen Hungersnot, sagte der Demokrat später an einem improvisierten Pult in einem Pub im nahegelegenen Dundalk. «Aber wenn man hier ist, fragt man sich, warum jemand überhaupt jemals weggehen wollen würde.» Biden schwärmte: «Es fühlt sich an wie zu Hause.» Und: «Es ist gut, wieder hier zu sein.»

Biden hatte zuvor Nordirland besucht – in dem britischen Landesteil blieb er aber nur kurz. In Belfast traf er den britischen Premier Rishi Sunak und hielt eine Rede zum 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens. Direkt im Anschluss reiste er jedoch sofort weiter zu einem ausgiebigen Besuch in Irland.

Briten vernachlässigt?

In der britischen Presse sorgte der starke Fokus des US-Präsidenten auf Irland für Irritationen. Nachdem eine Regierungsvertreterin Biden schon zu Beginn seiner Reise gegen Vorwürfe verteidigen musste, er sei «anti-britisch», stürzten sich die britischen Boulevardmedien auf einen Versprecher des US-Präsidenten, bei dem er die Rugby-Nationalmannschaft Neuseelands «All Blacks» mit einer paramilitärischen britischen Einheit im irischen Unabhängigkeitskrieg – den «Black and Tans» – verwechselt hatte. Auch das wurde ihm als Parteilichkeit ausgelegt.

Sunak sah sich gezwungen zu betonen, dass Großbritannien eine sehr enge Beziehung mit den USA habe. Ein Journalist der «Daily Mail» klagte, Biden habe nur 15 Stunden im Vereinigten Königreich verbracht und «die Hälfte davon hat er geschlafen».

In Irland dagegen wurde Biden mit viel Enthusiasmus empfangen. Schaulustige säumten mit irischen und amerikanischen Fähnchen die Straßen. Einwohner der Orte, die Biden besuchte, hatten gebacken, dekoriert, ihre Läden auf Vordermann gebracht – alles in der Hoffnung auf einen kurzen Stopp des Präsidenten und einen Plausch mit ihm.

In Dundalk machte Biden eine längere Visite und schlenderte mit seiner Entourage durch die Innenstadt. Er gab sich dabei nahbar, schüttelte Hände, machte Selfies. In einem Imbiss plauderte und scherzte er mit Mitarbeitern, danach dann der Abstecher in den Pub. Seine Sprecherin Karine Jean-Pierre sagte am Donnerstag, der Präsident habe «die Zeit seines Lebens» gehabt.

Familiäre Anekdoten statt Ausführungen zum Datenleck

Biden ist nicht der erste US-Präsident mit irischen Wurzeln. Der berühmteste war wohl John F. Kennedy. Auch Bidens Vorvorgänger Barack Obama hat teilweise irische Vorfahren. Insgesamt stammten etwa die Hälfte aller US-Präsidenten teilweise von irischen Einwanderern ab – und im Übrigen auch ungefähr zehn Prozent der US-Bürger. Doch kaum ein Amtsinhaber im Weißen Haus zuvor hat seine Verbindungen zur Grünen Insel so zelebriert wie Biden. Der Demokrat verweist oft auf seine irische Herkunft und zitiert regelmäßig irische Dichter.

Für Biden ist der gefühlige Trip auch eine Abwechslung von allerlei nationalen und internationalen Problemen – allen voran die aktuelle Affäre um ein massives Datenleck mit US-Geheimdokumenten. Fragen dazu konnte der US-Präsident auf seinem Auslandstrip zwar nicht ganz aus dem Weg gehen. Doch nach einer knappen Antwort zu der Affäre am Donnerstag schwenkte er schnell wieder um zu familiären Anekdoten.

Am Freitag plant er noch einen Besuch ins County Mayo im Nordwesten Irlands, von wo ebenfalls Vorfahren von ihm stammen. Biden warnte schon in Dundalk vor, es werde nicht sein letzter Besuch sein. «Die schlechte Nachricht für Sie ist: Wir werden wiederkommen. Es wird nicht möglich sein, uns fernzuhalten.»

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