Muss ich das haben? – Wenn Deinfluencer vom Kaufen abraten

Von Anna Eube

Berlin (dpa) – Sie hat jedes Mal Angst, bevor sie ihren Kontostand sieht: Die Influencerin Michelle Skidelsky sagt von sich selbst, sie kaufe vieles, was sie gar nicht brauche. Warum sie das tut? Weil die Produkte bei Tiktok empfohlen wurden. So ergeht es vielen vor allem jungen Menschen, die diese und andere Social-Media-Angebote wie Instagram regelmäßig nutzen. Im Warenkorb landet, was gehypt wird – so oft in den Himmel gelobt, bis man überzeugt ist, genau dieses Produkt könnte das Leben ein kleines bisschen besser machen.

Mit dieser Annahme wollen sogenannte Deinfluencer aufräumen. Ihre Mission begreifen sie als Antithese zum klassischen Influencertum: Sie machen keine Werbung, sondern raten klar davon ab, Geld für bestimmte Kosmetik, Kleidungsstücke oder Technik auszugeben, die es in ihren Augen nicht wert sind.

Die Videos mit dem Hashtag #deinfluencing werden stetig populärer, insbesondere auf Tiktok. 264 Millionen Mal wurden sie bis Ende Februar aufgerufen – allein innerhalb der letzten Februarwoche knapp 65 Millionen Mal. Oft kommen die Clips aus dem englischsprachigen Raum, einige deutsche sind mittlerweile auch zu finden.

Vita Wirt, die im Internet genauso heißt, hat den Hashtag hierzulande als eine der ersten verwendet. Zwei Contouring-Produkte einer Luxus-Beautymarke, mit denen man sich schmeichelhafte Schatten ins Gesicht zaubern können soll, sind Wirts Meinung nach zum Beispiel überteuert. «Eins kostet 40 Euro, das muss man sich nicht unbedingt kaufen – vor allem dann nicht, wenn man noch jung ist und nur ein Taschengeld bekommt», sagte die 27-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

Werbung muss als Anzeige gekennzeichnet werden

Ihr Beitrag über die Kosmetik wurde bis Ende Februar knapp 55.000 Mal angesehen. Für die Frau aus Erfstadt (Nordrhein-Westfalen) ist das ein Hobby. Sie erhalte dafür bislang weder Zuwendungen von Marken noch werde sie bezahlt, betont sie. So unabhängig agieren Influencer, die Social Media zu ihrem Job gemacht haben, nicht. Regelmäßig gehen sie Kooperationen mit Marken ein und bewerben deren Produkte gegen Bezahlung. Solche Videos müssen als Anzeige gekennzeichnet sein.

Viele Fans oder auch Follower akzeptieren den Deal: Sie lassen sich von den Einblicken in den Alltag ihrer Lieblingsinfluencer unterhalten und schalten im Gegenzug bei bezahlten Empfehlungen nicht ab. Doch obgleich die Werbung vielfach zieht, können die wohlwollenden Hinweise auf Produkte als unehrlich wahrgenommen werden – die große Krux in dem Geschäft, das sich darum dreht, möglichst authentisch zu wirken.

Zudem würden Tiktok- und Instagram-Konsumenten «täglich von Produktempfehlungen überschwemmt» und «stumpfen regelrecht ab», erklärt die Social-Media-Marketing-Expertin Ann-Katrin Schmitz, die mit ihrem Team etwa Unternehmen und Medienhäuser berät. Sie sieht im Deinfluencing einen wichtigen Trend, der bleiben werde: «Gute Influencer haben schon immer ehrliche Empfehlungen abseits ihrer Werbekooperationen ausgesprochen. Da liegt es nur nahe, genauso auszusprechen, wenn Marken oder Produkte nicht halten, was sie versprechen. Viele haben verstanden, dass Authentizität und eine loyale Community langfristig mehr für ihr Business tun als möglichst viel Werbung.»

Anti-Empfehlungen zugleich ein Risiko

Doch gerade für gewerbsmäßige Influencer seien Anti-Empfehlungen zugleich ein Risiko. «Kritik an Marken kann Werbepartner abschrecken», sagt Schmitz. Auch Vita Wirt meint, dass Deinfluencing für kleinere, nur zum Spaß betriebene Profile wie ihres leichter sei: «Ich kann freier meine ehrliche Meinung über Produkte sagen.» Mit Betonung auf Meinung. Denn wie beim klassischen Influencen gilt beim Deinfluencen, dass ein Einzelner etwas als gut oder unbrauchbar beurteilt – und andere Menschen es naturgemäß ganz anders sehen können.

Ein Beispiel dafür ist ein knapp 550 Euro teurer Föhn, der das Haar mit verschiedenen Aufsätzen in Form bringen soll. In vielen Deinfluencing-Videos wird das Gerät als überteuertes Heißluftgebläse verrissen. Andere Nutzer verteidigen es aber als Produkt, das Wunder auf dem Kopf vollbringe.

Ob der Föhn nun funktioniert oder nicht, als vergleichsweise teuer würden ihn die meisten wohl durchaus einordnen. So ist es mit den meisten Produkten, um die bei Social Media ein Hype entsteht. Ein Lippenöl für rund 40 Euro kann sich nicht jeder Tiktok- oder Instagram-Zuschauer leisten.

Worum geht es beim Deinfluencing genau?

Für Hobby-Influencerin Wirt ist Deinfluencing unter anderem deshalb so aktuell und populär, «weil die Leute durch die Inflation weniger Geld zur Verfügung haben und mehr darauf achten, wofür sie es ausgeben». Hinzu komme ein zunehmendes Konsumbewusstsein durch den Klimawandel, das immer mehr Menschen hinterfragen lasse, was und wie viel sie tatsächlich brauchen.

Geht es beim Deinfluencing also vordergründig darum, Verbraucher besser zu informieren und Kritik an überflüssigem Konsum zu üben? Oder ist es lediglich eine kluge Strategie, um auf Umwegen doch wieder zu werben – indem Influencer direkt eine angeblich bessere Alternative zu jenem Produkt empfehlen, von dem sie abraten? Das sei zwar möglich, sagte Marketing-Expertin Schmitz dazu. «Mir sind in der Branche allerdings keine Fälle bekannt, bei denen sich Influencer und Marken absprechen, um diesen Effekt zu nutzen. Nicht hinter jedem Influencing oder Deinfluencing steckt eine Strategie, nicht alles ist gekauft oder geskriptet.»

Sie lasse sich übrigens regelmäßig selbst deinfluencen, sagt Schmitz: «Leon von @xskincare spricht brutal ehrlich über Gesichtspflege, egal in welchem Preissegment. Damit hat er nicht nur mein Vertrauen bekommen, sondern mittlerweile auch das von 852.000 Fans auf Instagram.»

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Sorgen trotz Rekordzahlen: Die Post steht vor einem Streik

Bonn (dpa) – Für die Post ist es ein Tag mit zwei Seiten: Am Donnerstagvormittag steht die Verkündung eines Rekordergebnisses auf dem Programm – für Firmenchef Frank Appel ist das Grund zur Freude. Doch nur wenige Stunden später könnte der Manager einen Dämpfer bekommen: Dann will die Gewerkschaft Verdi das Ergebnis ihrer Urabstimmung bei dem Bonner Logistiker bekanntgeben – und könnte danach einen unbefristeten Streik ausrufen, wenn drei Viertel der befragten Post-Beschäftigten das Tarifangebot ihres Arbeitgebers abgelehnt haben.

Warum droht nun ein Streik?

Verdi wollte in Tarifverhandlungen ein Entgeltplus von 15 Prozent in einem einjährigen Vertrag durchsetzen und begründete das unter anderem mit der hohen Inflation. Die Post lehnte die Forderung als wirtschaftlich nicht tragbar ab. Sie bot einen zwei Jahre laufenden Vertrag an, der eine Tariferhöhung in zwei Stufen ab 2024 vorsieht. Nach ihren Berechnungen würde sich die Bezahlung der Beschäftigten um durchschnittlich 11,5 Prozent verbessern. Separat hierzu sollen die Beschäftigten schon ab diesem Jahr schrittweise 3000 Euro netto bekommen, die als Inflationsausgleichsprämie fließen.

Wann gab es zuletzt einen Streik bei der Post?

Warnstreiks gab es immer mal wieder, zuletzt im Februar. Solche Arbeitsniederlegungen sind zeitlich befristet und örtlich begrenzt. Einen unbefristeten Streik nach Abbruch der Verhandlungen gab es zuletzt 2015 bei der Post, damals sorgte die Ausgründung von Paket-Tochterfirmen mit niedrigerer Bezahlung für Unmut. Streik ist eine Seltenheit beim Gelben Riesen und ein gravierender Schritt, den Verdi ginge.

Welche Folgen hätte ein Streik für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Bei den jüngsten Warnstreiks im Januar und Februar blieben Millionen Briefe und Pakete zwischenzeitlich liegen. Im Verhältnis zu den Gesamtmengen waren das aber nur geringe Prozentwerte. Mancher Empfänger hatte Pech und musste zwei, drei Tage warten, andere bekamen die Warnstreik-Folgen gar nicht mit. Beim Streik wäre das aller Voraussicht nach anders: Es dürfte erhebliche Verzögerungen geben. Laut Verdi sind von den 200.000 Beschäftigten im Stammgeschäft mehr als 100.000 Verdi-Mitglieder – rechnerisch wäre also circa jeder Zweite streikberechtigt. Tatsächlich dürfte die Beteiligung aber schwanken und je nach Region unterschiedlich ausfallen.

Wie sehr würde ein möglicher Streik die Post treffen?

Die Post müsste Extrakosten stemmen, um den Sendungsfluss mit Ach und Krach aufrechtzuerhalten. Grob gesagt: Mangels Personals dürften sich große Mengen an Paketen und Briefen in den Standorten stapeln. Die Firma müsste externe Lager anmieten und Personal von externen Dienstleistern einsetzen. Eine teure Sache. Beim Streik im Jahr 2015 bezifferte die Post die Kosten auf 100 Millionen Euro.

Wie lange würde ein möglicher Streik dauern?

2015 dauerte es vier Wochen, bis der unbefristete Streik vorbei war – zuvor hatte es mehrere Monate lang immer mal wieder Warnstreiks gegeben. Wie lange ein möglicher Streik nun dauern könnte, ist unklar. Beide Seiten betonen, dass sich der andere bewegen müsse. Bis die Bereitschaft zum Kompromiss reift, dürfte es noch dauern.

Wie läuft das Geschäft bei der Deutschen Post?

Alles in allem glänzend. Die Fracht- und Express-Sparten boomen, und auch der Paketversand im Ausland und Lieferketten-Dienstleistungen laufen gut. Laut einer Firmenprognose vom Oktober 2022 erwartet der Logistiker für das vergangene Jahr bis zu 8,4 Milliarden Euro Betriebsgewinn und damit über fünf Prozent mehr als 2021. Da das Unternehmen diese Einschätzung seither nicht geändert hat, dürfte es die Vorgabe in etwa erfüllt haben.

Wie hat sich die Post verändert?

Das einstmals urdeutsche Unternehmen hat sich zum globalen Großkonzern mit breitem Portfolio entwickelt. Als Frank Appel 2008 Vorstandsvorsitzender wurde, machten der Brief- und Paketversand in Deutschland circa 85 Prozent des operativen Gewinns (Ebit) aus, der Rest kam nur auf 15 Prozent. Seither hat der Konzern enormes Wachstum hinter sich und die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Das Stammgeschäft kommt nur noch auf grob gesagt 15 Prozent des operativen Gewinns und der Rest auf 85. Das macht deutlich: Die Musik spielt im Ausland.

Wie ist die Lage im Inland?

Circa ein Drittel der Belegschaft ist in der Sparte Post & Paket Deutschland tätig – rund 200.000 Menschen. Hier macht sich der Strukturwandel bemerkbar: Die Briefmengen sinken, weil die Menschen immer stärker auf digitale Kommunikation setzen. Die Paketmengen steigen hingegen, in den Coronajahren kam es hier zu einem Extra-Schub wegen des Versandhandelsbooms. Inzwischen hat sich der Zuwachs an Paketen normalisiert. Im Vergleich zu anderen Konzernteilen ist Post & Paket Deutschland nur mäßig profitabel. Als «Universaldienstleister» hat die Firma staatliche Pflichten zu erfüllen. In der anstehenden Reform des veralteten Postgesetzes hofft die Firma auf Lockerungen.

Was passiert im Vorstand?

Seit 15 Jahren steht der frühere McKinsey-Berater Frank Appel an der Konzernspitze. In zwei Monaten ist Schluss: Dann räumt der 61-Jährige seinen Chefposten und der 47 Jahre alte Vorstandskollege Tobias Meyer übernimmt. Künftig wird sich Appel auf seine Tätigkeit als Telekom-Aufsichtsratsvorsitzender konzentrieren. Damit bleibt er einem anderen Teil der früheren Bundespost erhalten. Sein Nachfolger Meyer kennt die Post gut, von 2019 bis 2022 leitete er das Stammgeschäft des Logistikers, den Konzernbereich Post & Paket Deutschland. Meyer war früher ebenfalls bei McKinsey tätig, seit 2013 ist er beim Bonner Konzern.

Lauterbach legt Plan für Neustart bei E-Patientenakten vor

Berlin (dpa) – Nach jahrelangem Gezerre soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland mit breit angelegten Anwendungen für alle mehr Fahrt aufnehmen. Bundesminister Karl Lauterbach stellt dazu heute Pläne für einen Neustart bei elektronischen Patientenakten vor, die als freiwilliges Angebot kaum genutzt werden.

Wie der SPD-Politiker angekündigt hat, sollen sie Ende 2024 für alle verbindlich werden – es sei denn, man lehnt es ausdrücklich ab. Die von der Ampel-Koalition vorgesehene Umstellung soll einen Durchbruch für digitale Anwendungen bringen. Auch E-Rezepte sollen vorankommen. Zudem sollen mehr Datenauswertungen für die Forschung möglich werden. Weiterlesen

ADAC: Spritpreise steigen

München (dpa) – Die Spritpreise sind auf Wochensicht gestiegen. Superbenzin der Sorte E10 verteuerte sich um 2,4 Cent, wie der ADAC mitteilte. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Dienstags kostete der Liter demnach 1,781 Euro. Diesel legte um 2,6 Cent auf 1,753 Euro zu. Als Ursache für den leichten Anstieg sieht man beim Verkehrsclub die ebenfalls gestiegenen Rohölpreise. Immerhin sind auf Jahressicht die Kraftstoffe deutlich gesunken: In der ersten Märzhälfte 2022 hatten sowohl Diesel als auch E10 ihre Allzeithochs weit über zwei Euro pro Liter erreicht.

Ifo: Einige Firmen nutzen Inflation für Gewinnsteigerung

Dresden/München (dpa) – Ein Teil der deutschen Unternehmen hat die Preise nach Ansicht von Ifo-Forscher Joachim Ragnitz zuletzt stärker erhöht als nötig. «Diese Firmen haben die Lage genutzt, um ihre Gewinne kräftig zu steigern», sagt der stellvertretende Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden.

Die Verkaufspreise seien dort im vierten Quartal stärker gestiegen als durch die Entwicklung der Einkaufspreise nötig. Weiterlesen

CO2-Label für Pakete? Post fordert Kennzeichnungspflicht

Bonn (dpa) – Deutschlands Paketfirmen sollten aus Sicht der Post verpflichtet werden, ihre Klimabilanz pro Paket verbrauchernah darzustellen. So eine Vorschrift wäre sinnvoll, um den Menschen «den CO2-Ausstoß ihrer Pakete transparent zu machen», sagte der zuständige Geschäftsbereichsleiter der Deutschen Post, Ole Nordhoff, der Deutschen Presse-Agentur in Bonn.

Er verwies dabei auf Tierhaltungsklassen bei Fleischprodukten und das Nährwert-Logo Nutri-Score, bei dem Angaben zu Zucker, Fett und Salz ausgewertet und in einer Skala von A bis E eingestuft werden. «Etwas Vergleichbares können wir uns gut in der Paketbranche vorstellen.» Weiterlesen

Apple: Offene Fragen bei Öffnung für andere App-Stores

Brüssel (dpa) – Apple sieht noch grundlegende offene Fragen bei der Umsetzung neuer EU-Regeln zur Öffnung von Smartphone-Plattformen. Der Konzern ist vom europäischen Digital Markets Act (DMA) besonders stark betroffen, da er auf seinem iPhone unter anderem erstmals andere App-Stores zulassen muss. Apple warnte vor der Verabschiedung der neuen Plattform-Regeln lange, dass dies die Sicherheit der Nutzer gefährden könne.

Jetzt sagte Apple-Manager Kyle Andeer bei einer Debatte in Brüssel am Montag, dass der Konzern daran arbeite, die DMA-Vorgaben zu erfüllen. Zugleich gehe man der Frage nach, auf welche Weise andere App-Stores zugelassen werden könnten, ohne die Integrität der Apple-Produkte zu gefährden. Weiterlesen

Mehr als 1500 Menschen Teil von Musterklage gegen Eventim

Berlin (dpa) – Im Streit um die Rückerstattung von Ticketpreisen haben sich mehr als 1500 Menschen einer Musterfeststellungsklage gegen den Ticketverkäufer Eventim angeschlossen. Bis Ende Februar hätten sich 1513 Verbraucherinnen und Verbraucher in das Klageregister eingetragen, sagte ein Sprecher des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Verband hatte die Musterfeststellungsklage gegen den Ticketverkäufer angestrengt. Weiterlesen

Ein Jahr nach Rekorden: Spritpreis wird zur Inflationsbremse

Von Christof Rührmair, dpa

München (dpa) – Deutlich mehr als zwei Euro pro Liter Sprit – was Autofahrern lange als Horrorvision galt, war vor einem Jahr Wirklichkeit geworden. Ein Jahr später haben sich die Spritpreise wieder teils normalisiert, und alleine dadurch dürften sie in den kommenden Monaten sogar zur Inflationsbremse werden. Denn was derzeit an den Zapfsäulen bezahlt wird, ist im langjährigen Vergleich zwar noch immer teuer. Verglichen mit den Werten vor einem Jahr mutet es dennoch fast wie ein Schnäppchen an.

Im März 2022 waren unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges alle bisherigen Spritpreisrekorde pulverisiert worden. Am 7. März vergangenen Jahres wurde nach Zahlen des ADAC zum allerersten Mal im bundesweiten Tagesdurchschnitt der Wert von 2 Euro pro Liter Super E10 und Diesel überschritten. Am 10. März folgte das Allzeithoch von Diesel mit 2,321 Euro pro Liter im bundesweiten Tagesdurchschnitt. Der E10-Rekord wurde am 14. März mit 2,203 Euro erreicht.

Derzeit liegen die Preise deutlich darunter. Im Februar kosteten sowohl Superbenzin der Sorte E10 als auch Diesel im bundesweiten Monatsschnitt 1,754 Euro pro Liter, wie der ADAC ermittelt hat. Sollten sich im März ähnliche Preise ergeben, wäre Diesel rund 18 Prozent, Superbenzin knapp 15 Prozent günstiger als im Vorjahresmonat. Das wäre so deutlich, dass es sich sogar in der Inflationsrate bemerkbar machen würde. Nach der jüngst eingeführten neuen Gewichtung des Verbraucherpreisindexes, in dem die Spritpreise rund 3 Prozent ausmachen, ergibt sich rechnerisch eine dämpfende Auswirkung von knapp einem halben Prozentpunkt.

Schrittweise Normalisierung

Bei Benzin habe man seit dem Herbst eine schrittweise Normalisierung der Preise, sagt ADAC-Kraftstoffmarkt-Experte Jürgen Albrecht. Wenn man sie mit Ölpreis und Eurokurs abgleiche, seien sie zwar immer noch eher hoch. «Aber die Entkopplung mit extremen Preisen ist vorbei.» Bei Diesel sei man allerdings noch nicht so weit, auch wenn der Kraftstoff seit Mitte Februar zumindest günstiger als Benzin ist.

Am Sonntag kostete E10 laut ADAC 1,778 Euro pro Liter, Diesel 1,757 Euro. Das ist ein leichter Anstieg in den vergangenen Tagen, doch Schwankungen sind nicht ungewöhnlich, und insgesamt erwartet Albrecht bei beiden Kraftstoffarten eher eine Entwicklung nach unten. «Anders als in Teilen des vergangenen Jahres hängen die Spritpreise wieder enger mit dem Ölpreis zusammen», sagt er. «Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass er stark steigt. Wenn die Wettbewerbskräfte wirken und nichts Außergewöhnliches passiert, könnte sich Sprit in den nächsten Monaten noch etwas verbilligen.»

Insbesondere bei Diesel sieht Albrecht Luft nach unten. Denn die Steuer auf den Kraftstoff ist deutlich niedriger als auf Benzin, weswegen auch Diesel normalerweise deutlich günstiger ist. Im Schnitt der Jahre 2012 bis 2021 war Diesel gut 15 Cent billiger als E10 – nicht nur 2,1 Cent wie am Sonntag. Und mit dem Auslaufen der Heizperiode kommt noch ein weiterer Effekt hinzu: Sinkt die Nachfrage nach Heizöl im Frühjahr, drückt das oft auch den Preis von Diesel.

Weitere Entwicklung schwer vorherzusehen

Allerdings müssten Preissenkungen durch Wettbewerb erzwungen werden, betont Albrecht und ruft zu bewusst günstigem Tanken auf. «Die Mineralölkonzerne werden ihre Margen nicht freiwillig aufgeben.» Dabei spielt es auch eine Rolle, dass die Verbraucher inzwischen ein Stück weit an hohe Preise gewöhnt sind. Noch vor eineinhalb Jahren wären die aktuell als Normalisierung empfundenen Spritpreise klare Höchststände gewesen. Wie es in der zweiten Jahreshälfte mit den Spritpreisen weitergeht, ist schwer vorherzusehen. Es dürfte vor allem vom Ölpreis abhängen – wie schon in der Vergangenheit.

Trotz der hohen Preise wurde 2022 nicht weniger Sprit verbraucht als in den Vorjahren. Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vor kurzem gemeldeten Jahreszahlen zu den Auslieferungen von Kraftstoffen zeigen bei Benzin sogar ein Plus im Vergleich zu den Pandemiejahren 2020 und 2021. Bei Diesel ist das Niveau weitgehend unverändert. Vor allem bei Benzin haben die Folgen der Corona-Lockerungen und verstärkten Reisetätigkeit offenkundig die Effekte der hohen Preise mehr als ausgeglichen. Vor Corona lag der Verbrauch bei beiden Kraftstoffen allerdings deutlich höher.

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49-Euro-Ticket: Länder fordern jährliche Preisprüfung

Berlin (dpa) – Beim künftigen 49-Euro-Ticket für den bundesweiten Nahverkehr fordern die Länder eine feste regelmäßige Überprüfung, ob der Preis erhöht werden muss.

Der Bundesrat beschloss eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf für die geplante Finanzierung, die vorschlägt: «Der Preis wird in Abstimmung von Bund und Ländern jährlich festgeschrieben.» Starten soll das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat, was aber ausdrücklich ein «Einführungspreis» ist. Spätere Erhöhungen sind also nicht ausgeschlossen. Die Länderkammer mahnte beim Bund zudem eine längere Finanzabsicherung an. Vier Wochen vor dem angepeilten Verkaufsstart sind noch praktische Fragen offen. Weiterlesen

Knapp 71 Prozent der Fernzüge pünktlich

Berlin (dpa) – Zahlreiche Baustellen haben den Fernverkehr der Deutschen Bahn im Februar erneut kräftig ausgebremst. Fast jeder dritte ICE oder IC war im vergangenen Monat unpünktlich unterwegs, wie der Konzern mitteilte. Die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr lag demnach bei 70,7 Prozent.

Damit hat sich die Quote im Vergleich zum Januar (73,2 Prozent) etwas verschlechtert. Auch in den beiden Vorjahres-Monaten war die Bahn deutlich pünktlicher unterwegs als in diesem Februar. Weiterlesen

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