Der stille Beatle: George Harrison wäre jetzt 80 Jahre alt

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Während für Fans der Beatles eine Welt zusammenbrach, sah George Harrison das Aus der Band im Jahr 1970 wohl mit Erleichterung. «Es gibt mehr im Leben, als ein Beatle zu sein», soll er damals gesagt haben. Nach der Trennung feierte er als Solomusiker und Filmproduzent Erfolge. Aber natürlich wird Harrison, der am 29. November 2001 einem Krebsleiden erlag, für immer mit den Beatles verbunden bleiben. Am Samstag (25.2.) wäre er 80 Jahre alt geworden.

Es war kein Geheimnis, dass dem als schüchtern geltenden Musiker der Massenhype um die Gruppe, die Beatlemania, unheimlich war. Dass bei ihren Konzerten reihenweise junge Frauen in Ohnmacht fielen, empfand der wortkarge Brite im Gegensatz zu seinen Bandkollegen als beängstigend. Schon Mitte der 1960er Jahre setzte er deshalb durch, dass die Beatles nicht mehr auf Tournee gingen, andernfalls drohte er mit seinem Ausstieg. Das letzte reguläre Konzert der «Fab Four» fand am 29. August 1966 im Candlestick Park in San Francisco statt.

Jüngstes Mitglied der Beatles

Harrison, der am 25. Februar 1943 in Liverpool geboren wurde, war das jüngste Mitglied der Gruppe – und wurde vom Duo Lennon/McCartney offenbar auch häufig so behandelt. Seine Beiträge zum Songwriting wurden besonders zu Beginn der Beatles-Karriere oft abgelehnt. «Paul und John hatten ein unbestreitbares Talent, und sie bildeten ein gutes Duo», räumte Harrison ein. «Es waren aber auch zwei Typen mit einem riesigen Ego, die wenig Spielraum für andere ließen.»

Immer wieder soll Harrison mit McCartney über die musikalische Richtung gestritten haben. Sein eher experimenteller musikalischer Ansatz stieß anfangs auf wenig Gegenliebe, weil McCartney auf einen polierten und kommerziell ausgerichteten Sound pochte. Dennoch hatte Sänger, Gitarrist und Songwriter Harrison maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Beatles. Er steuerte Klassiker wie «Something», «While My Guitar Gently Weeps», «Here Comes The Sun» oder «Taxman» bei und prägte einige ihrer innovativsten Werke.

Mit dem wachsenden Erfolg und der enormen Popularität der «Fab Four» nahmen die Spannungen und Meinungsverschiedenheiten allerdings noch zu. Harrison fühlte sich nicht ausreichend wertgeschätzt. Der Konflikt gipfelte 1970 in der Auflösung der Gruppe wegen kreativer Differenzen. Das letzte Studioalbum «Let It Be» erschien erst danach.

Harrison organisierte viele Benefizkonzerte

Direkt nach der Trennung der Beatles veröffentlichte George Harrison 1970 sein drittes und pointiert betiteltes Soloalbum «All Things Must Pass» («Alles geht vorbei») mit dem Evergreen «My Sweet Lord». Noch als Beatle hatte er 1968 das von klassischer indischer Musik geprägte Album «Wonderwall Music» veröffentlicht, ein Jahr drauf das von Moog-Synthesizern dominierte «Electronic Sound».

Als Solokünstler lebte er sich kreativ aus. Als eines seiner besten Alben gilt «Living In The Material World» (1973), auf dem er über den Konflikt zwischen seiner Suche nach spiritueller Erleuchtung und seinem Status als Superstar singt. Mit seinem Freund, dem indischen Musiker und Sitar-Meister Ravi Shankar, nahm er mehrere Alben auf.

George Harrison galt als Philanthrop. Er organisierte viele Benefizkonzerte, darunter zwei Shows am 1. August 1971 im New Yorker Madison Square Garden, um Spenden für Flüchtlinge aus dem Unabhängigkeitskrieg von Bangladesch zu sammeln. «The Concert For Bangladesh» wurde später als LP veröffentlicht.

Hypothek auf Haus für «Das Leben des Brian»

Seine erste ausgedehnte Tournee nach den Beatles geriet 1974 zum Fiasko, weil der Musiker nicht in Form war. Berichten zufolge lag das auch an seinem hohen Drogenkonsum damals. Außerdem spielte er kaum Songs von den Beatles und verärgerte so langjährige Fans. Die Folge: Harrison zog sich auf Jahre weitestgehend von der Bühne zurück.

1978 gründete er die Firma HandMade Films, ursprünglich um seinen Freunden von der Comedy-Truppe Monty Python zu helfen. Für die Finanzierung ihres Films «Das Leben des Brian» nahm Harrison sogar eine Hypothek auf sein Haus auf. Es folgten weitere Filmerfolge.

Als Musiker war er mit dem Album «Cloud Nine» (1987) im MTV-Zeitalter wieder sehr präsent. Sein James-Ray-Cover «Got My Mind Set On You» war ein Nummer-Eins-Hit in den USA und erreichte Platz zwei in Großbritannien. In der Single «When We Was Fab» sang Harrison über seine Beatles-Zeit. Anschließend gründete er mit Co-Produzent und ELO-Frontmann Jeff Lynne die Traveling Wilburys. Die Supergroup, zu der auch Bob Dylan, Tom Petty und Roy Orbison gehörten, brachte zwei Alben heraus. Ihr bekanntester Song war «End Of The Line».

Erst 1991 wagte sich George Harrison gemeinsam mit seinem Kumpel Eric Clapton wieder auf Tournee und spielte eine Reihe von Konzerten in Japan, die als Doppelalbum «Live in Japan» veröffentlicht wurden. Das gelungene Comeback war zugleich seine letzte Tournee. Danach trat der Ex-Beatle nur noch vereinzelt auf und saß wieder mehr im Studio. Er versöhnte sich mit Paul McCartney und arbeitete mit ihm an diversen Beatles-Projekten.

1997 wurde bei George Harrison Kehlkopfkrebs diagnostiziert, laut dem Musiker eine Folge jahrzehntelangen Rauchens. «Leute, ich sterbe euch noch nicht weg», sagte er der «News Of The World», nachdem der Tumor erfolgreich entfernt worden war, «ich habe unheimliches Glück.»

Überfall mit 40 Stichwunden

Kurz vor Silvester 1999 wurden Harrison und seine Frau Olivia nachts in ihrem Haus von einem psychisch kranken Mann überfallen, der mehrfach mit einem Messer auf ihn einstach. Harrison, der nicht erst seit der Ermordung John Lennons in Angst vor Stalkern lebte, wurde mit 40 Stichwunden ins Krankenhaus eingeliefert. Teile seiner Lunge mussten entfernt werden. In einer Pressemitteilung scherzte der Musiker anschließend: «Er war kein Einbrecher und er wollte auch sicherlich nicht für die Traveling Wilburys vorspielen.»

Nachdem er den Angriff überstanden hatte, folgten 2001 die nächsten Schicksalsschläge, von denen er sich nicht mehr erholte: Lungenkrebs und ein bösartiger Hirntumor. Seine letzten Tage verbrachte George Harrison auf einem Anwesen in Beverly Hills, das seinem Freund McCartney gehörte. Dort starb er am 29. November 2001 im Alter von 58 Jahren, umgeben von seiner Frau, seinem Sohn Dhani und Freunden.

Seit Jahren hatte er an einem neuen Studioalbum gearbeitet, das von Dhani Harrison und Jeff Lynne fertiggestellt wurde. «Brainwashed», das zwölfte und letzte Studioalbum von George Harrison, erschien fast genau ein Jahr nach seinem Tod. Eine Woche drauf wurde der Musiker mit einem Benefizkonzert in der Royal Albert Hall gewürdigt.

Weiterlesen

Pink: Keine Tablets und Smartphones für ihre Kinder

London (dpa) – US-Sängerin Pink («Get The Party Started») versucht, ihre Kinder von Tablets und Smartphones fernzuhalten, wann immer es geht. «Wenn wir mit anderen Familien in den Urlaub fahren, zum Beispiel zum Camping, dann hängen all die anderen Kids an ihren iPads, aber meine dürfen das nicht», sagte die zweifache Mutter der Deutschen Presse-Agentur in London. «Wir machen sowas nicht, alle anderen Kinder aber schon.» Weiterlesen

«Hi, ich bin Alicia»: Neuntes Studioalbum von Pink

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Wäre das Leben doch bloß wie ein Whitney-Houston-Song! Das wünscht sich Pink in einem Song von ihrem neunten Album «Trustfall». Die mitreißende und sehr tanzbare Gute-Laune-Single «Never Not Gonna Dance Again» ist ein Plädoyer dafür, die schönen Dinge im Leben nicht zu versäumen. «Ich bin niemand, der Dinge bereut», sagt die US-Sängerin bestens gelaunt im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. «Aber ich denke zu viel über alles nach.»

Es mag den Anschein haben, Pink habe in ihrer mehr als 20-jährigen Karriere kaum etwas ausgelassen, doch im Privatleben sieht es mitunter anders aus. Es sind die vermeintlich normalen Dinge, bei denen es für den Pop-Superstar nicht immer wie erhofft läuft. Auf «Trustfall» erzählt Pink, die bürgerlich Alicia Moore heißt, von den Höhen und Tiefen ihres Lebens jenseits der Bühne – und gibt dabei wie gewohnt sehr private und intime Einblicke.

Ein Album als emotionale Reise

So habe sie ein Strandausflug mit ihren Kindern, bei dem sie von Paparazzi verfolgt wurde, zum Song <<Never Not Gonna Dance Again>> inspiriert. «Ich wollte nicht, dass die ein Foto von mir in meinem Badeanzug machen, weil ich mich unsicher fühlte», erzählt die 43-Jährige. «Also habe ich nicht mit meinen Kindern gespielt. Und das hat mich so geärgert. Ich habe mich über mich selbst geärgert, dass ich die Zeit verschwendet habe und wir wegen sowas Blödem eine schöne gemeinsame Erinnerung verpasst haben. Da habe ich entschieden: Sowas kommt nie wieder vor.»

Auf ihrem neuen Album wechseln sich stimmungsvolle Popsongs immer wieder mit melancholischen Balladen ab. Eine bewusste Entscheidung. «Die Reihenfolge auf diesem Album war mir sehr wichtig», betont Pink. Eine Aufteilung in eine «Tanzparty» und eine deprimierende zweite Hälfte sei nicht in Frage gekommen, denn: «Für mich ist das Leben ein Auf und Ab. Und ich wollte, dass das Album eine komplette emotionale Reise ist.»

Zwischen dynamischem Pop und Melancholie

Mit der Pianoballade

<<When I Get There>> ist schon der Einstieg sehr melancholisch. «Nach dem Motto: Hi, ich bin Alicia. Setz dich hin, ich muss dir was sagen und hier sind ein paar Taschentücher.» Es geht in dem Song um die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit geliebten Menschen, die nicht mehr unter uns sind.

«Wir haben alle Verlust und Trauer erlebt, und das ist hart», sagt die Sängerin, die vor anderthalb Jahren ihren Vater an den Krebs verlor – und kurz darauf die Nanny ihrer Kinder. «Mein Vater ist gestorben, und dann etwa acht Monate später eine meine liebsten Freundinnen. Und ich frage mich: Wo seid ihr? Wo seid ihr hingegangen? Wo ist eure Seele hingegangen? Ich vermisse euch!» Glaubt sie an ein Leben nach dem Tod? «Ja, ich denke schon.»

Demgegenüber steht dynamischer Pop wie der mutmachende Titelsong mit fetten Synthesizern und EDM-Beats. «Trustfall» ist übrigens das englische Wort dafür, sich gezielt fallen zu lassen in der Annahme, von anderen aufgefangen zu werden – so wie man es etwa von Teambuilding-Maßnahmen kennt.

Fallen lassen, Vertrauen wagen – damit beschreibt sie nach eigener Aussage ihren aktuellen Lebensabschnitt. «Ich habe das Gefühl, als Mensch braucht man derzeit viel Vertrauen», sagt Pink. «Im Beziehungsleben, als Eltern, als Kind, wenn man sein Kind an der Schule absetzt, wenn man zur Wahl geht, sogar wenn man eine eigene Meinung hat – oder eine Vagina. Alles braucht Vertrauen.»

Mit Synthie-Pop zurück in die Achtziger

Die Überraschung des Albums ist «Runaway», ein mitreißender, moderner Synthie-Popsong. Damit folgt Pink dem an die 1980er Jahre angelehnten Retro-Wave-Trend, mit dem The Weeknd («Blinding Lights») oder die aufstrebende US-Band The Midnight («Days Of Thunder») zuletzt großen Erfolg hatten. «Die 80er haben so viel Spaß gemacht, so einfach ist das», sagt sie. «Alles war gerade so ernst in der Welt. Ich wollte einfach ein bisschen Spaß haben und einfach tanzen.»

Hingegen singt sie in «Hate Me» und «Lost Cause» – mit teils sehr deutlichen Worten – über das bittere Ende einer Beziehung. Woher nimmt die zweifache Mutter, die seit über 20 Jahren mit dem Vater ihrer Kinder, Ex-Motorrad-Profi Carey Hart, liiert ist, die Inspiration? «Oh nein, diese Lieder sind über Carey», stellt sie klar und lacht. «Ich bin jetzt seit 17 Jahren verheiratet. Manchmal möchte ich diesen Typen treten! Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie es erst sein muss, mit mir verheiratet zu sein.»

Passend dazu endet die neue LP mit «Just Say I’m Sorry», einem Duett mit Chris Stapleton, das quasi der versöhnliche Abschluss der von ihr beschriebenen «emotionalen Reise» ist. Weitere Gäste auf dem Album sind The Lumineers und das schwedische Duo First Aid Kit.

Mehr als 20 Jahre nach ihrem Debüt «Can’t Take Me Home» zeigt Pink mit «Trustfall» erneut, warum sie zu den größten Stars der Popmusik zählt. Radiotaugliche Pophits und ergreifende Balladen sind ihre Spezialität. Der Stoff für authentische Texte geht der dreifachen Grammy-Gewinnerin garantiert auch in Zukunft nicht aus.

Im Sommer wird sie ihre neuen Lieder sowie frühere Hits wieder live singen. Im Rahmen ihrer «Summer Carnival»-Tour gibt Pink rund 20 Konzerte in europäischen Stadien und auf Freilichtplätzen. In Deutschland sind im Juni und Juli Auftritte in Hannover, Köln, Berlin und München geplant. Was ihre Fans erwartet: «Das reine Chaos», sagt Pink. «Es wird ein großer Spaß werden. Ich freue mich schon sehr.»

Weiterlesen

Annett Louisan schätzt das Älterwerden

Hamburg (dpa) – Die Chansonsängerin Annett Louisan (45) kann dem Älterwerden durchaus viel Positives abgewinnen. «Ich bin schlagfertiger und lustiger geworden und ich hab’ besseren Sex als früher», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Und sie breche auch gern mal aus festen Strukturen aus: «Um die Kontrolle verlieren zu können, braucht man sehr viel Mut.» Sie glaube zudem, dass der Mensch nicht vernünftig werde, weil er will, sondern weil er muss. «Es liegt in der Natur der Sache. Nichts bleibt beim Alten. Ich versuche das Älterwerden anders zu betrachten und darin Weisheiten und Schönheiten zu finden, die es definitiv birgt.» Die Wahl-Hamburgerin veröffentlicht am 17. Februar ihr neues Album <<Babyblue>>.

 

 

Björn Ulvaeus über Abba, Pippi Langstrumpf und KI Schwedische Popikone

Von Philip Dethlefs, dpa

London/Stockholm (dpa) – Als er kürzlich als Keynote-Sprecher bei der Digitalkonferenz DLD in München auftrat, räumte Björn Ulvaeus zuerst einen Verdacht aus der Welt. «Wenn ich solche Dinge heute mache, muss ich dem Publikum versichern, dass ich hier wirklich selbst stehe», scherzte der 77-Jährige. «Jeder sollte einen Abba-tar haben.» Zur Zeit sieht man Ulvaeus nämlich täglich in London mit seiner Band Abba auf der Bühne stehen, allerdings eben nicht wirklich.

In der spektakulären Konzertshow «Abba Voyage», für die eine eigene, hochmoderne Arena gebaut wurde, sind die vier Mitglieder des schwedischen Pop-Phänomens – Björn, Benny, Agnetha und Frida – als voll animierte, digital verjüngte Versionen zu sehen, die Welthits wie «Dancing Queen», «Waterloo» und «Knowing Me, Knowing You» singen. Diese sogenannten «Abba-tare», deren Gesang vom Band kommt und die von einer echten Liveband begleitet werden, wirken täuschend echt.

Fasziniert von ChatGPT

Ulvaeus interessiert sich leidenschaftlich für neue Technologien. «Ich verfolge das alles sehr genau», sagt er im Zoom-Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Besonders ChatGPT, eine Chatsoftware, in der eine künstliche Intelligenz Fragen der Nutzer beantwortet, fasziniert ihn. Zumal das auch Auswirkungen auf die Musikindustrie haben werde. «Künstliche Intelligenz wird Lieder schreiben, die besser sind, als einige der rund 100.000 Songs, die jeden Tag neu bei Spotify erscheinen. Da bin ich mir absolut sicher.»

Kaum vorzustellen, dass ein Computer einen Song wie «The Winner Takes It All» oder «Chiquitita» schreibt, oder? «Es könnte so unglaublich gut werden, dass es eine Bedrohung (für Songwriter) wird. So gut, dass die Leute gar nicht merken, dass es künstlich ist», sagt Ulvaeus, der allerdings nicht erwartet, dass künstlich erzeugte Songs das Niveau der besten Songwriter erreichen können.

«Andererseits kann es nur etwas Durchschnittliches werden», fügt er hinzu. Das bedeute, Künstler müssten sicherstellen, dass ihre Musik heraussticht, und etwas Unerwartetes wagen. «Und das ist vielleicht gut», meint Ulvaeus. «Denn wenn man sich jetzt die neuen Songs auf Spotify und so anhört, dann klingen die doch alle ziemlich ähnlich.»

Engagement für Songwriter

In München war der Abba-Star aufgetreten, um eine Software vorzustellen, die sicherstellen soll, dass Songwriter die ihnen zustehenden Tantiemen und damit eine gerechte Bezahlung bekommen. Wegen fehlender oder fehlerhafter Daten sei das oft nicht der Fall. «Ich möchte, dass zukünftige Songwriter dieselbe Chance haben wie Benny und ich damals», so Ulvaeus. «Da ich von Herzen Songwriter bin, ist das etwas, wo ich sehr engagiert bin.»

Als er vor rund 50 Jahren mit Benny Andersson die Musik für Abba schrieb, sei alles einfacher gewesen. Nur dank Tantiemen hätten sie als Komponisten reifen können. Dass die Musik von Abba dann allerdings so populär wurde und noch immer so viele Menschen begeistert, ist Björn Ulvaeus ein Rätsel. Er lacht. «Ich werde oft gefragt, woran das liegt, aber ich weiß es wirklich nicht.»

Eine revolutionäre Show

Natürlich helfen Projekte wie «Abba Voyage», die Musik am Leben zu halten. Mehrere Jahre Arbeit flossen in die revolutionäre Show, bevor im vergangenen Mai in Anwesenheit der vier echten Abba-Stars die umjubelte Weltpremiere in London stattfand – rund 40 Jahre, nachdem das Quartett zuletzt gemeinsam ein Konzert gegeben hatte.

Trotzdem sei er nicht nervös gewesen, sagt Ulvaeus gut gelaunt im dpa-Gespräch. «Zu dem Zeitpunkt hatte ich die Show schon einige Male mit (Test-)Publikum gesehen und wusste, dass es funktioniert. Ich war also ziemlich entspannt für einen Eröffnungsabend, habe da gesessen und es genossen.»

Die Premiere war ein voller Erfolg. Einige Menschen im Publikum hatten Tränen in den Augen. Das schwedische Königspaar – König Carl Gustaf und Königin Silvia waren privat dort – tanzte auf der Tribüne. «Es war eine nette Geste, dass sie gekommen sind», sagt der Musiker. «Ich habe ein bisschen mit ihnen geplaudert und sie waren sehr begeistert. Sie haben den Abend genossen.»

Mit der Zeit soll «Abba Voyage» ein wenig verändert und manche Songs sollen ausgetauscht werden. London ist laut Ulvaeus nur der Anfang. Der 77-Jährige arbeitet gegenwärtig daran, dass es das Konzertspektakel bald auch in Las Vegas und Singapur gibt. «Vielleicht noch in Südamerika. Mal sehen.»

Dinner-Show und Pippi Langstrumpf

Abba-Fans in Deutschland dürfen sich auf «Mamma Mia! The Party» freuen. Die von Ulvaeus kreierte Dinner-Show, die auf dem Musical «Mamma Mia!» basiert, läuft schon seit einer Weile in Göteborg und London – und soll nun nach Deutschland kommen. «Es könnte in Köln sein, es könnte in Hamburg sein oder in Berlin», sagt er. «Wir haben nur noch nicht die richtige Location dafür gefunden.»

Abba ist derzeit nicht das einzige Projekt des legendären Songwriters und vielbeschäftigten Geschäftsmanns. Das von ihm geschriebene «Pippi Langstrumpf»-Musical «Pippi på cirkus» (Pippi im Zirkus), das auf einer Geschichte von Astrid Lindgren basiert, soll im Sommer wieder in Stockholm gezeigt werden – und langfristig nicht nur dort. «Definitiv in Deutschland», versichert Ulvaeus. «Ich habe dort schon mit Leuten gesprochen und es gibt echtes Interesse.»

Langweilig wird der schwedischen Popikone in nächster Zeit also nicht werden. Am Ende seines DLD-Vortrags scherzte Björn Ulvaeus, er habe sich die besten Anekdoten aus seiner Zeit als Popstar und seiner Ehe mit Agnetha für seine Memoiren aufgespart. «Ich mache es wie Prinz Harry», sagte er unter dem Gelächter der Anwesenden. «Als ob!» Ein Enthüllungsbuch ist von ihm bis auf Weiteres wohl nicht zu erwarten.

Weiterlesen

40 Jahre «99 Luftballons» von Nena

Hamburg (dpa) – «Hast du etwas Zeit für mich? Dann singe ich ein Lied für dich von neunundneunzig Luftballons auf ihrem Weg zum Horizont» – Den Anfang von «99 Luftballons», des bekanntesten Songs der Band Nena, können bestimmt die meisten Menschen mitsingen, die in den 1980er Jahren aufgewachsen sind.

Gehört das Lied über die Luftballons, die ein General für Ufos aus dem All hielt und deshalb eine Fliegerstaffel hinterherschickte, doch zu den bekanntesten Hits der Neuen Deutschen Welle (NDW). Auch weltweit feierte der Song, der am 24. Januar 1983 erstmals in den deutschen Single-Charts auftauchte, Erfolge und stürmte sogar die Charts in den USA.

Ballons fliegen über die Berliner Mauer

Die Idee zum Liedtext kam dem Band-Gitarristen Carlo Karges 1982 bei einem Rolling-Stones-Konzert in West-Berlin, als Mick Jagger am Ende der Show Ballons hochsteigen ließ, die der Wind Richtung Mauer trug. «Carlo hat sich bei diesem starken Bild damals die Frage gestellt, was alles passieren könnte, wenn das jemand falsch versteht», erinnert sich Sängerin Nena heute. Noch in derselben Nacht habe er den Text geschrieben. Weiterlesen

Rock aus Rom: Drittes Album von Måneskin

Rom (dpa) – Måneskin scheinen erst mal keine Pause zu brauchen. Nach ihrem grandiosen Erfolg beim Eurovision Song Contest (ESC) 2021 im niederländischen Rotterdam veröffentlichen die Italiener nun ihr insgesamt drittes Studioalbum.

«Rush!» («Eile») heißt die Platte und beschallt die Ohren von Rockfans mit 17 Titeln. Damit wollen die Musiker um Frontmann Damiano David aus Rom wieder die Charts in Italien und international erstürmen.

Das Album enthält viele flotte Rock-Nummern, die mit Sicherheit beim einen oder anderen den Fuß mitwippen lassen. Manche Songs kommen mit viel Druck daher («Kool Kids»), andere haben einen etwas schleppenden Touch («Bla Bla Bla»). Mit dabei ist hier und da auch ein balladenhaftes Stück («Timezone», «If Not For You») – vielleicht als kleine Insel zum Verschnaufen in der Eile. Weiterlesen

John Cale auf dem Elektrotrip

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – «Ja, es ist ein Liebeslied», verkündet John Cale im Musikvideo seiner aktuellen Single «Noise Of You». «Als ich diesen Song skizziert habe, ging es vor allem um die Atmosphäre.» Das war auch die Marschroute für sein neues Album – das erste seit mehr als einem Jahrzehnt mit neuen Songs des Musikpioniers. Auf «Mercy» singt der experimentierfreudige Waliser, der im März 81 Jahre alt wird, zu atmosphärischen, ambientartigen Klängen und Elektrobeats.

Der Titelsong, ein Duett mit der in Berlin lebenden US-Sängerin und Elektro-Musikerin Laurel Halo, ist ein siebenminütiger, wunderbarer Downbeat-Klangteppich. «Days and days were spent in anger», singt Cale fast klagend. Lyrisch verarbeitet der gebürtige Waliser auf seinem 17. Studioalbum alles, was ihm in den letzten Jahren missfiel: Trump, Brexit, Covid oder Klimawandel.

Unheimliche Stimmungen

Die Stimmung ist mitunter etwas dystopisch. Der düstere Track «Marylin Monroe’s Legs», eine Kooperation mit dem britischen Elektro-Musiker Actress, fasziniert mit mysteriösen Echos, undefinierbaren Sounds und der Atmosphäre eines David-Lynch-Films. Die Stimmung ist unheimlich wie etwa bei «Lost Highway».

Hingegen singt Cale mit der vielseitigen Indie-Musikerin Weyes Blood, die zuletzt auch auf Alben von Lana Del Rey und den Killers gastierte, das eher erhebende «Story Of Blood», das nach jazzigem Piano-Intro zu einem kleinen Klangspektakel wird. Auch die Single «Noise Of You», die laut Cale von einem Winter in Prag inspiriert wurde, ist eher sinnlich und hat etwas Entspannendes.

Spannende Klangreise

Es ist nicht leicht, die passenden Worte für diesen faszinierenden Elektrotrip zu finden. «Mercy» ist eine unvorhersehbare, bisweilen merkwürdige, aber sehr spannende Klangreise. Bei wiederholtem Hören entdeckt das Ohr immer wieder etwas Neues. Und mit 80 Jahren gelingt es John Cale, der einst in New York als Mitgründer von The Velvet Underground die Musikwelt nachhaltig prägte, immer noch, mit seiner Musik zu überraschen.

Ab Februar geht John Cale  auf Tournee und spielt unter anderem sechs Konzerte in deutschen Städten.

• 16.02. Karlsruhe – Tollhaus

• 19.02. Frankfurt – Batschkapp

• 25.02. Hamburg – Kampnagel

• 26.02. Leipzig – Haus Auensee

• 28.02. Berlin – Verti Music Hall

• 05.03. München – Muffathalle

(ohne Gewähr)

Weiterlesen

75 Jahre und kein bisschen leise: Iggy Pop rockt wieder

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Privat lässt es Iggy Pop mit seinen 75 Jahren längst ruhiger angehen als früher. Der «Godfather of Punk» zeigte sich sogar demütig mit Blick auf einstige Zerstörungsorgien. Auch musikalisch schlug er zuletzt mit dem Album «Free», einer Mischung aus Ambient und Jazz, deutlich leisere Töne an. Doch damit ist nun erstmal Schluss. Als wollte er es noch einmal allen zeigen, gibt Iggy Pop auf «Every Loser» wieder den wilden, wütenden Kerl.

«Ich bin rasend, du verdammter Mistkerl», singt er – noch milde übersetzt – im Refrain des mitreißenden Garagen-Rockers «Frenzy» und klingt dabei wie einer, der nach der Zeit der Pandemie dringend ein Ventil brauchte. «Ich habe die Krankheit satt», schimpft der ehemalige Frontmann der Stooges mit Übersteuerung ins Mikrofon. Das macht richtig Spaß, auch wenn – oder gerade weil – der 75-Jährige auf seine alten Tage so wenig bedrohlich wirkt wie seine Zeitgenossen Alice Cooper oder Ozzy Osbourne.

Soweit so wild – nach dem packenden Albumopener wird es etwas gemächlicher, jedoch nicht weniger cool. Eine lässige Bassline und markante Keyboard-Riffs verpassen «Strung Out Johnny» einen starken New-Wave-Einschlag, bevor der rifflastige Punk-Refrain einsetzt. Inhaltlich geht es um den Absturz in die Drogenabhängigkeit. Damit kennt sich der Sänger mit dem unverwechselbaren Bariton, der nach eigener Aussage seit über 20 Jahren clean ist, bestens aus.

«New Atlantis» kann wahrscheinlich als Ballade durchgehen. Es ist eine Liebeserklärung an Iggy Pops Wahlheimat Miami, die er im Song als «eine wunderschöne Hure von einer Stadt» bezeichnet. «Aber jetzt versinkt sie im Meer», singt er in Anspielung auf den steigenden Meeresspiegel, der die Metropole in Florida bedroht.

Kurzweilig und packend

Typisch Iggy Pop, er setzt sich auch im Alter keine Stilgrenzen. Wie selbstverständlich lässt der Mann, der meistens mit freiem Oberkörper rumläuft, kräftigen Punkrock («Modern Day Ripoff», «Neo Punk»), lässig groovende Balladen («Morning Show») und Power-Pop mit Synthesizern («Comments») zu einem kurzweiligen, packenden Album verschmelzen, das schon beim ersten Durchlauf zündet.

Die unglaublich coole, tiefe Stimme trägt alles – und wird begleitet von namhaften Musikern. Den Bass spielt Duff McKagan von Guns N’ Roses. Am Schlagzeug sind Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Travis Barker (Blink-182) und der kürzliche verstorbene Foo-Fighters-Drummer Taylor Hawkins zu hören. Ex-Chili-Peppers-Mitglied Josh Klinghoffer spielt Gitarre und diverse Tasteninstrumente. Außerdem sind Dave Navarro und Eric Avery von Jane’s Addiction dabei. Viele der Musiker sind auch als Co-Songwriter gelistet. Produziert hat Andrew Watt, der schon mit Justin Bieber, Miley Cyrus und Pearl Jam gearbeitet hat.

Auf seine unvergleichliche Art hatte Iggy Pop angekündigt, mit diesem, seinem 19. Album «die Scheiße aus euch rauszuprügeln». Über solche Sprüche muss die Punk-Ikone mit 75 Jahren wahrscheinlich selbst schmunzeln. Schließlich ist Iggy Pop, der einst ein schüchterner Junge war und eigentlich Jim Osterberg heißt, schon lange kein verhasster und gefürchteter Antiheld mehr, sondern eine allseits beliebte Kultfigur.

Auf dem Albumartwork ist ein jüngerer Iggy Pop zu sehen. Die Fotos sind vermutlich Ende der 1970er Jahre entstanden. Wie passend. Denn «Every Loser» ist ein Album, das auch von Nostalgie lebt, von der Erinnerung an wildere Zeiten. Es ist ein großartiges und angemessenes Alterswerk. Vielleicht kein allzu harter, aber ein im positiven Sinne gepflegter musikalischer Tritt in den Allerwertesten.

Weiterlesen

Deutsche mögen «Let it Snow!» und «Last Christmas»

Berlin (dpa) – «Let it Snow! Let it Snow! Let it Snow!», «Last Christmas» und «Driving Home for Christmas» sind die beliebtesten Weihnachts-Popsongs der Deutschen. Das ergab eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, bei der im Dezember insgesamt 29 der bekanntesten Weihnachts-Popsongs abgefragt wurden.

Demnach gaben 60 Prozent der über 2000 Befragten an, dass ihnen «Let it Snow! Let it Snow! Let it Snow!» von zum Beispiel Michael Bublé oder Dean Martin «sehr gut» oder «eher gut» gefalle. 21 Prozent gefällt der Hit «eher nicht» oder «überhaupt nicht». Auch «Last Christmas» von Wham! mochten 60 Prozent der Befragten, hier gab es allerdings eine breitere Front an Gegnern des sehr häufig gespielten Evergreens (27 Prozent). Weiterlesen

Britischer Sänger Terry Hall gestorben

Von Christoph Meyer und Christof Bock, dpa

London (dpa) – Die britische Ska-Szene hat einen ihrer wichtigsten Musiker verloren: Terry Hall ist tot. Das teilte seine Band The Specials in der Nacht zum Dienstag auf ihren Social-Media-Kanälen mit. Demnach starb Hall nach kurzer Krankheit, er wurde 63 Jahre alt. Als Specials-Frontmann war er Anfang der 80er international ein Star.

Halls hypnotischer Gesang verlieh den Specials den besonderen Sound, traumwandlerischer und feiner als der von Madness, die mehr auf Partystimmung setzten und kommerziell erfolgreicher waren. Hall war Stimme und Blickfang der Gruppe: immer aus dem Ei gepellt – wie viele Fans seiner Ska-Richtung 2-tone gern im Popper-Look mit schwarzem Anzug und Sonnenbrille oder mit Accessoires im Schachbrettmuster.

Beißende Gesellschaftskritik

«Ghost Town» aus dem Jahr 1981 war Halls wohl bekanntester Hit, er stand drei Wochen an der Spitze der britischen Charts. Der Videoclip, der in dem Geburtsjahr von MTV noch etwas ziemlich Neues war, zeigt die Band zusammengestaucht in einer alten schwarzen Vauxhall-Limousine, während sie miesepetrig durch Londons verödete Innenstadt fährt. Vielleicht war die schlechte Laune gar nicht gespielt. Die Gruppe hatte sich, endlich wirklich erfolgreich, gerade im Streit getrennt. Ironischerweise mit ihrem größten Meisterwerk.

Die 1977 in Coventry gegründeten Specials waren politisch bedeutender als es auf den ersten Blick aussehen mag. Auch wenn Ska der Sound der karibischen Einwanderer war: Die Zusammensetzung der Specials aus schwarzen und weißen Bandmitgliedern galt als revolutionär. Und ihre Gesellschaftskritik war beißend. «Ghost Town» beklagte die depressive Stimmung, die um 1980 auf England lag. «Too Much Too Young» machte ganz offen Teenie-Schwangerschaften in der Unterschicht zum Thema. Die Gruppe griff aber auch rassistische Diskriminierung in Großbritannien und den Verfall gesellschaftlichen Strukturen auf.

Seine Melancholie war nicht gespielt

Nach Abgang bei den Specials gründete Hall die Gruppe Fun Boy Three, die den kleinen Clubhit «The Lunatics (Have Taken Over The Asylum)» hervorbrachte. Später brachte er einige Specials-Mitglieder 2019 unter altem Namen wieder zusammen. Hall arbeitete mit Tricky und den Gorillaz. Die Band würdigte ihn als «einen der brillantesten Sänger, Songwriter und -texter, die dieses Land je hervorgebracht hat».

Die Melancholie, die Hall stets umgab, war nicht gespielt. Der Sänger, der seine Frau und einen Sohn, sowie zwei weitere Kinder aus erster Ehe hinterlässt, verarbeitete in seinen Songs unter anderem auch extrem belastende Kindheitserfahrungen. Er war eigenen Angaben zufolge im Alter von 12 Jahren von einem Lehrer entführt und mehrere Tage lang sexuell missbraucht worden.

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen