Jogginghosen-Verbot in Schule sorgt für Diskussionen

Von Jann Philip Gronenberg, dpa

Berlin (dpa) – Nach einem neuerlichen Jogginghosen-Verbot an einer Schule in Wermelskirchen bei Remscheid ist die Debatte um angemessene Kleidung in der Schule neu entfacht. Ein Verbot befürwortet die Deutsche-Knigge-Gesellschaft. Modedesigner Thomas Rath setzt sich für die Jogginghose in Klassenräumen ein. Ein Überblick.

Die Leitung einer Sekundarschule in Wermelskirchen hatte zuletzt begonnen, die schon länger geltende Kleiderordnung der Schule umzusetzen und Schüler in Jogginghosen nach Hause geschickt. «Trotz Kritik in den Medien» wolle man die Kleiderordnung aufrechterhalten, hieß es von der Schule am Mittwoch. «Wir möchten unsere Schüler:innen dazu animieren, Kleidung zu tragen, die nicht zum «Chillen» verleitet.» Für die Vorbereitung auf das Berufsleben sei einer Abkehr von der Jogginghose wichtig, teilte die Schule weiter mit. Zustimmung für das Jogginghosen-Verbot erhält die Schule nun von der Deutschen-Knigge-Gesellschaft.

Was hätte Knigge zur Jogginghose gesagt?

Die Deutsche-Knigge-Gesellschaft möchte die in Aufklärung und Humanismus verwurzelten Ideen des 1796 verstorbenen Adolph Freiherrn Knigge verbreiten. Sie setzt sich für vollendeten Stil, sichere Kenntnis der aktuellen Umgangsformen, moralische Selbstverantwortung, sittlich einwandfreies Verhalten sowie einen situativ angemessenen toleranten und lockeren Umgang miteinander ein.

Jogginghosen seien Funktionskleidungsstücke, die zum Sport oder zum Entspannen getragen werden, sagte eine Sprecherin am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur. «Sportler tragen auf dem Sportplatz ihr Trikot als Arbeitsuniform und nach getaner Arbeit die Jogginghose in ihrer Freizeit. Schulzeit ist Arbeitszeit, daher hat die Jogginghose dort keinen Platz.»

Arbeitskleidung, Uniformen und Dresscodes seien sozial gewachsen. «Mit der Kleidung wird eine bestimmte Aufgabe, Autorität oder Zugehörigkeit ausgedrückt. Aus diesem Erfahrungsschatz heraus lässt sich die Jogginghose im Alltag nicht beziehungsweise nicht zu einer wertvollen Aufgabe zuordnen und stößt auf Widerstände.» Dass die Jogginghose nicht gesellschaftlich akzeptiert sei, zeige sich bereits durch die Diskussionen um das Kleidungsstück.

«Die Jahre des Modediktats sind, Gott sei Dank, vorbei»

Ganz anders sieht es Modeschöpfer Thomas Rath. Der 56-Jährige, der «selber ein großer Fan der Jogginghose» ist, sieht das Kleidungsstück deutlich gesellschaftsfähiger: «Die Akzeptanz der Jogginghose hat stark zugenommen, aber nicht nur unter dem Aspekt des Homeoffice sondern auch durch den großem Einfluss der Streetwear in unserem Alltag, welcher wichtig ist und uns jung hält.»

Ein Jogginghosen-Verbot lehnt Rath, der unter anderem als Juror bei «Germany’s Next Topmodel» zu sehen war, ab. «Die Jahre des Modediktats sind, Gott sei Dank, vorbei und wir können uns individuell kleiden», sagte Rath der Deutschen Presse-Agentur. Auch eine Jogginghose könne gepflegt aussehen. «Viele Promi-Damen haben sogar eine Jogginghose stilsicher auf dem roten Teppich präsentiert.» Dazu zählten jedoch nicht «die fiesen bequemen Flodderhosen». Schlussendlich plädiert Rath für Umbrüche in der Mode: «Wir alle möchten nicht aussehen wie unsere Großeltern.»

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Designer Rath: Jogginghosen halten jung

Berlin (dpa) – Modeschöpfer Thomas Rath ist gegen ein Jogginghosen-Verbot an Schulen. «Mode und die Art, wie wir uns kleiden, untermalt unsere Persönlichkeit und ist ein Spiegelbild unserer Emotionen», sagte Rath der Deutschen Presse-Agentur gestern. Eine Kleiderordnung für ein gepflegtes Aussehen befürworte er, allerdings könne auch eine Jogginghose gepflegt aussehen. Weiterlesen

Peek & Cloppenburg sucht Rettung in Schutzschirmverfahren

Düsseldorf (dpa) – Der Modehändler Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf (P&C) sucht angesichts der schwierigen Marktsituation Rettung in einem Schutzschirmverfahren. Die Geschäftsführung habe den Antrag am Freitag gestellt, um den bereits angestoßenen Restrukturierungsprozess zu beschleunigen, teilte das Unternehmen mit. Alle 67 Verkaufshäuser in Deutschland sowie der Online-Shop blieben ohne Einschränkung geöffnet. Zuvor hatte die «Wirtschaftswoche» darüber berichtet.

P&C will das Schutzschirmverfahren nutzen, um sich an die veränderten Marktbedingungen in Deutschland anzupassen und für die Zukunft neu aufzustellen. Eine Schließung von Häusern ist nach aktuellen Planungen nicht beabsichtigt, wie der Händler betonte. Bereits jetzt sei allerdings klar, dass «ein nicht unwesentlicher Personalabbau in der Verwaltung inklusive der Führungsebenen» notwendig sein werde. Weiterlesen

Heidi Klum verpasst «GNTM»-Entscheidung wegen Corona

Berlin/Los Angeles (dpa) – Model Heidi Klum (49) hat die große Entscheidung in der dritten Episode ihrer Castingshow «Germany’s Next Topmodel» nach eigenen Angaben wegen einer Corona-Infektion verpasst. Weil ihr Test zwei Streifen gezeigt habe, habe sie darauf verzichtet, zum Dreh zu erscheinen, sagte Klum.

Sie bewertete die Kandidatinnen in der am Abend ausgestrahlten Sendung stattdessen vom heimischen Pool aus mit einem Tablet in der Hand. Weil die Entscheidung in der zweiten Show in der vergangenen Woche wegen eines Unwetters ausgefallen war, gab es in dieser Episode gleich zwei davon – eine zu Beginn und eine klassisch zum Schluss. Weiterlesen

Mode-Influencerin zerstückelt in Hongkong tot aufgefunden

Hongkong (dpa) – Der gewaltsame Tod einer Mode-Influencerin, deren Leiche zerstückelt wurde, schockt die asiatische Hafenmetropole Hongkong. Nach der grausamen Tat an der 28-jährigen Abby Choi wurden ihr Ex-Mann, Schwager, ihre Schwiegereltern und die Geliebte des Schwiegervaters in Haft genommen, wie Hongkonger Medien berichteten. Die Mutter einer Tochter war bekannt in sozialen Medien, besuchte Fashion-Veranstaltungen in der Welt und trat als elegantes Model in Magazinen auf. Auf Instagram hatte sie 114.000 Follower. Weiterlesen

Textilienexport aus EU wird zunehmend zu Müllproblem

Kopenhagen (dpa) – Die Zahl der aus der EU exportierten gebrauchten Textilien hat sich der Umweltagentur EEA zufolge innerhalb von zwei Jahrzehnten verdreifacht. Beim Umgang mit diesen Textilien stünden Europa große Herausforderungen bevor, warnte die EU-Behörde in einem aktuellen Bericht. Weil die Kapazitäten für Wiederverwendung und Recycling in Europa begrenzt seien, werde ein großer Teil der ausgemusterten und gespendeten Kleidung nach Afrika und Asien exportiert.

«Die öffentliche Wahrnehmung, dass Altkleiderspenden in diesen Regionen immer von Nutzen sind, spiegelt nicht die Realität wider», schreiben die Umweltexperten. «Einmal exportiert, ist das Schicksal gebrauchter Textilien oft ungewiss.» Weiterlesen

Halsketten bei Männern – früher prollig, heute angesagt

Von Gregor Tholl, dpa

Berlin/Los Angeles (dpa) – Wer sich mit Modegeschichte beschäftigt, erkennt rasch: Kerle mit Kette sind eigentlich normaler als Herren ohne Schmuck. Nach Jahrzehnten eines schlechten Rufs des Goldkettchens zum Beispiel erlebt Männerschmuck derzeit ein Comeback. Und das geschieht bei vielen Typen, vom Macho-Macker bis zum Muttersöhnchen. Was hat es mit dem «Statement Necklace» auf sich?

Bei einer Filmpremiere in Los Angeles trug Freestyle-Skisportler Gus Kenworthy (31) neulich sogar zum Smoking eine zarte Kette, «Elvis»-Darsteller Austin Butler (31) trug eine feine in Beverly Hills beim Oscar-Nominierten-Lunch. In der modischen Netflix-Serie «Emily in Paris» trägt der Lover von Emily Cooper, ein Banker aus London, gern mal – statt einer Krawatte – eine glitzernde Halskette zu Hemd und Sakko. Zum Polo-Shirt hat Alfie, der von Lucien Laviscount (30) verkörpert wird, auch öfter eine Kette um.

Popsänger Harry Styles (etwa kürzlich bei den Grammy Awards), Schauspieler Timothée Chalamet, viele Influencer, Hip-Hop- oder K-Pop-Stars, Internet-Promis wie die Elevator Boys, Tennisspieler Alexander Zverev und andere Sportler schmücken sich sowieso mit Ketten verschiedener Art.

«Brustbehaarung und Bart als Männlichkeitsmarker»

Auch im Sommer 2023 wird das Männerkettchen – lange klassistisch als Proll-Orden verachtet – wieder angesagt sein: Wenn der Ausschnitt tiefer oder der Oberkörper nackt ist, zieht glänzender Schmuck die Blicke auf sich. Sexobjekt Mann.

Der Männlichkeitsforscher Toni Tholen von der Universität Hildesheim sagt, Herrenketten kompensierten zum Teil den Attraktivitätsschwund formaler Männerbekleidung. «Vor allem der Anzug-mit-Krawatte-Look gilt heute meist als langweilig. Mit dem Modewechsel geht auch die neoliberale Aufforderung einher, bürokratisches, distanziertes, steifes Auftreten zu vermeiden und sich stattdessen sexy, interessant, spielerisch, nahbarer und ein wenig queer zu geben.»

Männer wollten jedoch weiterhin Souveränität und Entschiedenheit ausstrahlen, sagt der Literaturwissenschaftler. «Dazu setzen sie dann zum Beispiel ihre Brustbehaarung und den Bart als Männlichkeitsmarker ein – und trainierte, muskulöse Körper oder Tattoos.»

Tholen sieht Halsketten auch als eine neue Art von Schlips. «Ketten sind insofern die neuen Krawatten, als sie den Phallus, den die Krawatte bisweilen symbolisiert, unsichtbarer erscheinen lassen.»

«Hinter spielerischer Fassade lauern oft noch Machos»

Das Kettchen-Tragen weise auf eine in der Männlichkeitsforschung als «hybrid» bezeichnete Männlichkeit hin. «Als “weiblich” codierte Aspekte werden in männliche Gender-Performance integriert, ohne dass die Position privilegierter Männlichkeit infrage gestellt wird.» Da Mode Modernisierung oft bloß simuliere, sei effeminierender Männerschmuck wie Ketten auch Teil einer nur scheinbar modernisierten Männlichkeit. «Hinter spielerischer Fassade lauern oft noch Machos.»

Im Alten Ägypten drückte Herrenschmuck einen hohen Stand aus, bei den Römern gab es Halsketten, Brustnadeln und Armspangen, ebenso in der Renaissance. Im Barock setzte der Adel dann – allen voran Sonnenkönig Ludwig XIV. von Frankreich – auf Glitzer überall.

Bis zur Französischen Revolution und dem allmählichen Ende der alten Adelsherrschaft schmückte sich der Mann, wenn er reich war, farbenfroh und prächtig. Mit Napoleon und dem 19. Jahrhundert wich der verspielte Herrenschmuck eher Abzeichen und militärischen Orden.

Mit dem Biedermeier veränderte sich die Herrenmode grundlegend – zumindest in Europa und Nordamerika: Erst kam der strenge Gehrock und schließlich im 20. Jahrhundert der Anzug oder für den Abend der Frack oder Smoking. Prächtige Schmuckstücke waren für Männer plötzlich verpönt. Je karger, desto männlicher – so das behauptete neue Ideal.

«Alle wollen ein bisschen Street und Ghetto sein»

Als Accessoires empfahlen Experten noch bis vor Kurzem meist nur ganz wenig für den feinen Herrn: eine schöne Armbanduhr, ein gutes Paar Manschettenknöpfe und, wenn verheiratet, einen bescheidenen Ehering.

«Bei Anzug und Hemd in gedeckten Farben waren bunte Krawatten lange Zeit der einzige erlaubte Schmuck», sagt Carl Tillessen vom Deutschen Mode-Institut (DMI). «Während der Rest des Outfits nüchtern gehalten wurde, waren Krawatten die paar Quadratzentimeter Seide, mit denen sich Männer austoben durften.»

Das sei schlagartig vorbei gewesen, als Anfang des Jahrtausends der schmale Schlips angesagt wurde, der ebenfalls in gedecktem Uni gehalten war. «Man könnte sagen, dass der verantwortliche Designer, Hedi Slimane, der Krawatte damit einerseits zum Comeback verhalf und sie gleichzeitig überflüssig machte.»

DMI-Chefanalyst Tillessen sagt, bei Ketten als neuen Krawatten ließen sich mindestens zwei verschiedene Typen unterscheiden: «Auf der einen Seite gibt es dicke Gangster-Goldketten, die häufig mit einer hypermaskulinen Macho-Attitüde getragen werden.» Das boome derzeit, weil die Athleisure-Mode der letzten Jahre – von «athletic» (sportlich) und «leisure wear» (Freizeitkleidung) – stark von einer Hip-Hop-Attitüde geprägt sei. «Also wollen alle ein bisschen Street und Ghetto sein und kokettieren mit dem Neureichen und Prolligen.»

Auf der anderen Seite trügen Jungs und Männer feine Kettchen, auch Perlenketten. «Das ist Ausdruck des neuen, androgynen Männerbildes. Es breitet sich aus, weil zunehmend traditionelle Geschlechterrollen und Gender-Identitäten hinterfragt werden. Genderfluide Accessoires drücken das Bedürfnis aus, sich auch äußerlich von toxischer Männlichkeit oder sogenannten alten weißen Männern zu distanzieren.»

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Medientyp: MultimediaMailänder Fashion Week: Gucci mit Erotik und Glamour

Mailand (dpa) – Erotisch und glamourös soll die Gucci-Frau den Herbst und Winter 2023/24 bestreiten. Mit dieser Botschaft stellte sich das italienische Luxuslabel am Freitagnachmittag auf der Mailänder Fashion Week vor. Es gab viel Haut zu sehen, die durch transparente Stoffe schimmerte oder gar nicht von Kleidung bedeckt war. Als Kontrast kommt synthetischer Pelz ins Spiel, als ganzer Mantel, Detail oder auf den Boots, zum Teil auch in kräftigen Farben.

Mit langen, strengen, oft doppelreihigen Mänteln, zuweilen mit extrem ausgeprägter Schulter, und weit geschnittenen Hosenanzügen sind auch klassischere Kleidungsstücke zu sehen. Einige Hosen fallen lässig weit bis über den Fuß. Pailletten schmücken die hautfarbenen Lingerie-Kleider des Abendthemas. Dazu kann die Gucci-Frau aus einem Schuharsenal wählen, das vom Glamour-Flip-Flop über Loafer und Basketball-Sneaker bis hin zu Fell-Moonboots reicht. Weiterlesen

Schattenseiten der Modewelt

Von Basil Wegener, dpa

Accra (dpa) – Ein Sound von ratternden Nähmaschinen, kleinen Radios und Rufen durchzieht den gigantischen Markt. Zwischen einem schier endlosen Gewirr von schmalen Gängen, Tischen, Stühlen und Bergen von Kleidern bahnt sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Weg.

Kantamanto in Ghanas Hauptstadt Accra – einer der größten Secondhand-Textilmärkte weltweit. Jede Woche kommen hier rund 100 Container mit rund 15 Millionen Artikeln an, auch aus Deutschland, wie etwa ausgediente FC-Bayern-Trikots zeigen. Näherinnen und Näher kombinieren Teile alter Gucci-Kleider mit Adidas, Primark mit Nike oder Jeansstoff mit Hemdstücken aus Kunstfasern.

Auf dem Markt wird schon seit Langem mit alten Klamotten vor allem aus Europa geschneidert, gefärbt und gehandelt. Mittlerweile landet auch jede Menge Secondhand-Kleidung aus China und Amerika hier. Fast fashion – also günstige, schnell wechselnde Kleider – und Altkleidersammeln weltweit haben den Markt in den vergangenen Jahren immer weiter wachsen lassen. Heute arbeiten in rund 5000 Buden geschätzt 30.000 Menschen – und versuchen, zumeist ohne soziale Absicherung oder Schutz vor freigesetzten Chemikalien über die Runden zu kommen.

Wie im Brennglas zeigen sich hier Kehrseiten der allgegenwärtigen Verfügbarkeit günstiger Kleider. Doch was soll man als Verbraucherin oder Verbraucher etwa in Deutschland machen, damit alte Klamotten nicht woanders zum Problem werden?

Einkommen der Menschen bedrückend niedrig

Heil, der mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze noch bis Freitag Westafrika besucht, findet es «beeindruckend» hier, wie er sagt. Doch das Einkommen der Menschen sei bedrückend niedrig. «Es ist gefährlicher Arbeit. Wenn es Regen gibt, werden Chemikalien ausgewaschen.» Immer wieder kommt es zu Bränden. Doch ist der Markt auch Lebensgrundlage für viele Menschen. «Jeder versucht, eine Nische zu finden», sagt die Ghana-Chefin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Regina Bauerochse. Und Kleiderketten wie in München, Düsseldorf oder Berlin gibt es in Ghana kaum – das Angebot des Markts beschert der breiten Masse der Bevölkerung günstige und dabei oft auch originelle und hübsche Kleider.

Für den Bonner Entwicklungsexperten Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut ist die Verschiffung der Berge von Altkleidern nach Westafrika trotzdem «ein frustrierendes Thema», wie er sagt. Bereits vor einem Vierteljahrhundert galt die Textilindustrie laut dem Experten als Motor der Industrialisierung etlicher Staaten wie Ghana. Doch unter dem Druck des Freihandels seien ab den 90er Jahren Altkleiderimporte «wie eine Flutwelle» über sie hereingebrochen, sagt Hütz-Adams. Heute gibt es zwar wieder eine wachsende heimische Textilproduktion – aber im Vergleich zu den riesigen Mengen alter Kleider seien das Ansätze in minimalem Maßstab.

Koako Mensah betreibt ein kleines Geschäft auf dem Kantamanto-Markt. Wenn der 32-Jährige neue Secondhandware bekommt, zerschneidet er sie. «Dann setze ich die Teile neu zusammen», sagt er. Doch vieles hat auch Löcher und ist schon bei der Ankunft auf dem Markt unbrauchbar. Entsorgung? Der Textilmüll komme fort, sagt Koako Mensah erst. Vieles werde am Ende einfach vom Regen weggeschwemmt, setzt er dann hinzu.

Was ist zu tun?

Wenige Kilometer entfernt kann Bernard davon erzählen, was das bedeutet. Der 36-Jährige lebt mit seinen fünf Kindern am nur gut zwei Kilometer entfernten Meer. Berge von Müll werden hierher geschwemmt, über Flussläufe und Lagunen. Neben Textilien auch jede Menge Plastik. Früher warfen die Fischer auch Netze vom Ufer aus, doch das geht wegen der Vermüllung schon lange nicht mehr. Also müssen die Fischer immer mit ihren Booten hinausfahren. Doch, so erzählt es Bernard, fangen sie oft nicht mehr genug. «Auch in den Netzen landet der Müll.»

Arbeitsminister Heil verweist nach dem Rundgang über den Kantamanto-Markt unter anderem darauf, dass die ghanaische Regierung in der Verantwortung sei. Auch Deutschland arbeite zudem an Entwicklungsmöglichkeiten im Land. «Und es gibt auch eine Unternehmensverantwortung.»

Aber auch beim Konsum könne man mehr aufpassen, meint der Minister. «Ich werde mir noch mal ein bisschen mehr überlegen, was ich einkaufe.» Menschen in den westlichen Ländern mit einem großen oder mittleren Einkommen würden auch viele Sachen kaufen, die sie kaum bräuchten. «Und dann mistet man alle Jahre den Kleiderschrank aus, und es landet dann am Ende hier.» Der Bonner Entwicklungsexperte Hütz-Adams meint, Verbraucherinnen und Verbraucher sollten ihre alten Klamotten nicht einfach in die nächstbeste Kleidertonne geben. Vieles davon werde industriell vorsortiert, weiterverschoben und lande dann in Westafrika.

Auf dem  Kantamanto-Markt bemüht sich die wohltätige OR Stiftung um eine Verbesserung der Zustände. Ihr Mitgründer Branson Skinner hat einen Wunsch an die Konsumenten. «Wir brauchen ein neues Verhältnis gegenüber den eigenen Kleidern», sagt er. «Wir müssen sie wieder mehr wertschätzen und nicht so schnell wegwerfen.»

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Zalando streicht Hunderte Stellen

Berlin (dpa) – Der Online-Modehändler Zalando hat nach erfolgreichen Pandemiejahren zunehmend mit der deutlich geringeren Kauflaune der Verbraucher zu kämpfen.

Das Berliner Unternehmen will nun einige hundert Stellen streichen, wie die Zalando-Chefs Robert Gentz und David Schneider in einem Brief an die Mitarbeiter ankündigten. «An diesem Programm werden viele Bereiche von Zalando beteiligt sein, auch auf der Ebene der Führungskräfte», hieß es in dem Schreiben. Wie viele Arbeitsplätze genau betroffen sind, ist noch unklar. Die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern hätten gerade erst begonnen. Zalando beschäftigt 17.000 Menschen. Weiterlesen

H&M und Remondis wollen Textilien recyceln

Lünen/Stockholm (dpa) – Für das Recycling von Klamotten ziehen der Abfallkonzern Remondis und die schwedische Modekette H&M an einem Strang. Man habe das Gemeinschaftsunternehmen Looper Textile gegründet, um gebrauchte und nicht länger genutzte Textilien zu sammeln, zu sortieren und zu verkaufen, teilten das Entsorgungsunternehmen aus Lünen bei Dortmund und der Handelskonzern aus Stockholm mit.

60 Prozent der nicht länger genutzten Textilien landeten derzeit in der EU direkt im Müll und nur 40 Prozent würden recycelt, sagte die Looper-Chefin Emily Bolon. Mit dem Bau von Infrastruktur und Lösungen zur Sammlung werde man in Sachen Kreislaufwirtschaft hoffentlich vorankommen. Die Firma setzt dabei auf neue Sortiertechnologien. Weiterlesen

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