Klimaaktivisten: Buschmann zieht historische Parallele

Berlin (dpa) – Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vergleicht die Aktionen der Klimagruppe Letzte Generation mit Straßenprotesten von vor 100 Jahren. «In den 1920er und 1930er Jahren gab es in Berlin straßenschlachtartige Zustände, weil sich Menschen am linken und rechten politischen Rand selbst ermächtigt fühlten, sich über die Rechtsordnung zu stellen und die eigenen Vorstellungen mit der Faust durchzusetzen», sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Das darf sich nicht wiederholen.»

Die Letzte Generation hat angekündigt, Berlin ab Montag auf unbestimmte Zeit lahm legen zu wollen. So will sie ihre Forderungen nach einer radikalen Klimawende durchsetzen. Am Mittwoch hatte sie mit Protestmärschen begonnen. Weiterlesen

Von «Hambi» zu «Lützi»: Konflikt um Symbol der Klimabewegung

Von Christoph Driessen, dpa

Erkelenz (dpa) – Die Bilder gleichen sich. Im Hambacher Forst befehdeten sich 2018 wochenlang maskierte Aktivisten und Polizisten mit Schutzhelmen. Menschliche Gesichter sah man kaum noch. In dieser Woche waren vor dem Dorf Lützerath ähnliche Szenen zu beobachten: Es gab Handgemenge mit der Polizei, Aktivisten warfen Flaschen und Böller. Im Hintergrund ragten wieder die gewaltigen Bagger auf, die wie Roboter-Dinos aus einem Star-Wars-Film aussehen. Ein Déjà-vu-Erlebnis nach gut vier Jahren.

Der Hambacher Forst war 2018 zur Rodung vorgesehen, um dem Energiekonzern RWE die Möglichkeit zum Abbau der darunter gelegenen Braunkohle zu geben. Die drohende Zerstörung des uralten Waldes mit 30 Meter hohen Baumriesen mobilisierte massiven Widerstand. Es kostete die Polizei viele Wochen und Millionen Euro, um 86 Baumhäuser abzumontieren und die darunter liegenden Lager aufzulösen.

Ein junger Journalist kam zu Tode, als er durch die Bretter einer Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern brach und 15 Meter in die Tiefe stürzte. Als die Räumung fast geschafft war, wurde die Rodung per Gerichtsbeschluss vorläufig verboten. Der Wald steht noch heute. «Hambi bleibt» war die Parole der Aktivisten – sie haben sich durchgesetzt.

Schätzungsweise 130 Aktivisten eingezogen

Nun scheint das ganze Spiel in einigen Kilometern Entfernung wieder von vorn loszugehen. Abermals geht es darum, an Kohle zu kommen, nur steht oben drüber diesmal kein Wald, sondern ein verlassener Weiler – Dorf ist eigentlich schon zuviel gesagt, es geht nur noch um wenige ehemalige Gehöfte und Häuser. Grundstücke und Gebäude gehören dem Energiekonzern RWE, die ursprünglichen Bewohner sind alle weg. Dafür sind schätzungsweise 130 Aktivisten eingezogen. Sie nennen den Ort «Lützi».

RWE und die NRW-Landesregierung sagen, dass die hier liegende Kohle unbedingt gebraucht werde, um die Energieversorgung sicherzustellen. Aktivistinnen wie Luisa Neubauer bestreiten das: «Für Energiesicherheit in der Krise braucht es die Kohle unter Lützerath nicht», schrieb sie auf Twitter. «Das zeigen unabhängige Gutachten.» Die anders lautenden Zahlen von RWE seien «nachweislich falsch».

Ein gravierender Unterschied zum Konflikt um den Hambacher Forst ist, dass jetzt die Grünen in der Landesregierung sind. 2018 hatten sie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) noch kritisiert und einen kleinen Parteitag am Waldrand abgehalten, jetzt sitzen sie mit im Boot. «Die Räumung ist ein schmerzlicher, aber leider notwendiger Schritt», sagte die grüne Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur zuletzt der Deutschen Presse-Agentur. Sie verteidigt den Abriss von Lützerath mit dem Argument, dass dafür der Kohleausstieg um acht Jahre von 2038 auf 2030 vorgezogen worden sei und fünf andere Dörfer im Rheinischen Braunkohlerevier vor der Zerstörung bewahrt würden. Die Aktivisten halten dem entgegen, dass bis 2030 nun so viel Kohle verfeuert werde, dass der frühere Ausstieg gar nichts bringe.

«Polizei führt nur aus – die Entscheidungen treffen andere»

Ausbaden muss den Konflikt wie schon 2018 die Polizei. «Ich wünschte, die Räumung von Lützerath hätte sich vermeiden lassen», schrieb der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach in einem Brief an die Aktivisten. Auch er teile die Sorge vor einer weiteren Erderwärmung und vor dem, was geschehen werde, wenn das völkerrechtlich vereinbarte 1,5-Grad-Ziel nicht eingehalten werde. Aber die Polizei führe nur aus – die Entscheidungen träfen andere.

Antje Grothus ist seit fast 20 Jahren Anti-Kohle-Aktivistin im Rheinischen Tagebau und seit vergangenem Mai grüne Landtagsabgeordnete. Sie sieht durchaus eine überzeugendere rechtliche Grundlage für den Abriss von Lützerath als für die Räumung des Hambacher Forstes, die von der Landesregierung mit mangelndem Brandschutz der Baumhäuser begründet worden war.

Für Räumung werden mehr als 1000 Polizisten im Einsatz sein

Das Verwaltungsgericht Köln stufte dies als vorgeschoben und damit rechtswidrig ein. Demgegenüber habe der letzte Bauer aus Lützerath seine Klage leider verloren, sagt Grothus der dpa. Dennoch ist sie gegen die Räumung. «Ich glaube, dass die Kohlevorkommen außerhalb von Lützerath für die nächsten Jahre reichen würden», sagte sie.

Grothus plädiert für ein Innehalten. «Ich werbe immer dafür, dass man sich als Menschen begegnet. Bei einer Räumung ist das aber eben gerade nicht so. Da treffen Feindbilder aufeinander – auf der einen Seite die Aktivisten, auf der anderen Seite die Polizisten.»

Die Räumung mit mehr als 1000 Polizisten ist für Mitte des Monats angekündigt. Am kommenden Dienstag (10. Januar) kommt der Heinsberger Landrat Stephan Pusch noch einmal nach Erkelenz, in die Stadt, zu der Lützerath gehört. Tags darauf könnte es theoretisch losgehen, aber ein genauer Termin wurde bisher nicht bekannt gegeben.

Im Vergleich zu den 2018 aus ganz Europa angereisten Verteidigern von «Hambi» gelten die Bewohner von «Lützi» als weniger militant. Sie werden überwiegend dem bürgerlichen Spektrum zugerechnet.

Ein typischer Vertreter ist vielleicht Marten Reiß, der im November bei Thomas Gottschalk vor mehr als zehn Millionen Zuschauern Wettkönig wurde und seinen Gewinn für Lützerath zur Verfügung stellte. In «Stern TV» antwortete er auf die Frage, ob er sich der Polizei auch mit körperlicher Gewalt entgegenstellen würde: «Was heißt Gewalt? Ist eine Sitzblockade Gewalt? Das würde dann die Situation zeigen. Es wäre auf jeden Fall etwas, womit ich mich wohlfühlen müsste.»

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Razzia gegen Klimaschutz-Aktivisten in sechs Bundesländern

Mit Durchsuchungen in mindestens sechs Bundesländern sind Polizei und Staatsanwaltschaft nach ersten Angaben gegen Klimaschutz-Demonstranten der Gruppe «Letzte Generation» vorgegangen. Betroffen waren demnach am Dienstag Wohnungen und andere Räume in Bayern, Baden Württemberg, Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Ein Teil der Bundesländer wurde von der Gruppe genannt. Außer Leipzig wurde aber zunächst kein konkreter Ort verraten. Auch in Cottbus soll es eine Durchsuchung gegeben haben, hieß es aus Ermittlerkreisen.

Durchsuchungen habe es bei elf Mitgliedern der Gruppe gegeben, hieß es von der «Letzten Generation». Fünf dieser Mitglieder säßen zurzeit in Gefängnissen im sogenannten präventiven Gewahrsam, um weitere Taten zu verhindern. Weiterlesen

Klimaaktivisten vor Gericht – Geldstrafen verhängt

Berlin/München (dpa) – Fünf Klimaaktivisten sind wegen Straßenblockaden in mehreren Prozessen in Berlin und München zu Geldstrafen verurteilt worden. Ein 24-Jähriger in Berlin habe sich der Nötigung, des Widerstands sowie des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht, begründete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten am Mittwoch seine Entscheidung. Er muss nun 1350 Euro zahlen.

Der Student hatte zugegeben, sich an mehreren Straßenblockaden der Gruppe «Letzte Generation» beteiligt zu haben. Er habe dies wegen des Klimanotstands getan, erklärte der Student, der von dem Linke-Politiker und Rechtsanwalt Gregor Gysi vertreten wurde.

Gysi: «Mut haben, ihn freizusprechen»

Gysi kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an. Es gehe um Grundfragen. In seinem Plädoyer hatte er gefordert: «Sie sollten den Mut haben, ihn freizusprechen.» Der Angeklagte habe gestört, «weil er Angst hat». Die Wut von Autofahrern, die von verursachten Staus betroffen sind, könne er verstehen, sagte Gysi. Im Kern sei es eine Spontandemonstration. Das Versammlungsrecht habe «Vorrang vor dem Recht, sich mit dem Auto irgendwo hinzubewegen». Sein Mandant habe sich nicht strafbar gemacht. «Dasitzen ist keine Gewalt.» Weiterlesen

Klima-Aktivisten blockieren Privatjets in Amsterdam

Amsterdam (dpa) – Nach einem Protest von Klima-Aktivisten auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol hat die niederländische Polizei mehr als 100 Menschen festgenommen. Die Aktivisten der Gruppierungen Greenpeace und Extinction Rebellion hatten am Samstag nach Angaben der Polizei Privatjets auf dem Flughafengelände blockiert, berichtete die Nachrichtenagentur ANP. Einige ketteten sich auch an Flugzeugen fest. Die Linienflüge von und nach Schiphol wurden durch den Protest nicht behindert.

Die Polizei nahm auch Demonstranten fest, die mit Fahrrädern auf dem Flughafen unterwegs waren. Einige mussten von Spezialkräften weggeschleift werden, dabei wurde nach Angaben der Aktivisten ein Demonstrant verletzt.

Rund 500 Aktivisten war es gelungen, einen Zaun an einem Parkplatz zu durchbrechen und so auf das Flughafengelände zu gelangen, während andere im Flughafengebäude für weniger Flüge ab Schiphol und insbesondere gegen Privatjets demonstrierten. Auch Anlieger des Airports, die sich gegen Fluglärm wehren, schlossen sich dem Protest im Flughafen an. Weiterlesen

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