Wenn Tiere Menschen krank machen – Gefahr durch Zoonosen

Von Lucia Weiß, dpa

Dakar (dpa) – Affenpocken, Pest, Marburgfieber: Zahlreiche Krankheiten werden von Tieren auf Menschen übertragen. Tollwut ist ein weiteres bekanntes Beispiele für sogenannte Zoonosen. Der Biss, etwa eines infizierten Straßenhundes im Urlaub, und schon kann eine Übertragung passieren.

«Fast alles, was wir Menschen mit uns rumschleppen, kommt von Tieren. Die Masern zum Beispiel sprangen rund 300 v. Chr. von Rindern auf Menschen über», sagt der Veterinärmediziner Fabian Leendertz vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Greifswald.

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist nach Annahmen vieler Forscher ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Tier auf den Menschen übergegangen. Ein abschließender Nachweis dafür steht jedoch noch aus. Das Ebola-Virus kann nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) beim Kontakt mit bestimmten Tieren oder Tierprodukten auf Menschen übertragen werden.

Eingriffe in Ökosysteme begünstigen Zoonosen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte im Juli, Afrika könne ein Hotspot für Zoonosen werden. In den vergangenen zehn Jahren habe die Zahl der Ausbrüche von Zoonosen dort im Vergleich zur vorherigen Dekade (2001-2011) um 63 Prozent zugenommen, so die WHO.

«In Afrika ist viel risikoreiches menschliches Verhalten zu beobachten, das Zoonosen begünstigen kann: Zum Beispiel massive Eingriffe in Ökosysteme, unter anderem die Abholzung von Primärwäldern. Auch die Jagd und der Konsum von Wildtieren bergen ein hohes Risiko», erläutert Sascha Knauf vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit in Greifswald.

Ein weiterer Faktor, der in afrikanischen Ländern eine Rolle für die Ausbreitung von Zoonosen spiele, sei die steigende Mobilität der Menschen, ergänzt Zoonosen-Forscher Leendertz. Die Folge: «Damit werden auch Pandemien wahrscheinlicher. Ganz verhindern kann man die nicht, aber man kann besser vorbereitet sein.»

Dazu gehörten eine bessere Gesundheitsinfrastruktur gerade in ärmeren Ländern, aber auch das Monitoring der Todesursachen von Tieren. Gerade in Afrika müsste es in den ländlichen Gegenden in den Dörfern gut ausgebildetes Personal geben, das Zoonosen schnell stoppen kann, bevor sie sich weiter ausbreiten.

Die Forschung setzt auf «One Health»

«Impfungen machen bei Epidemien Sinn für Risikogruppen oder um betroffene Gebiete herum, wie eine Art Ring», so Leendertz. Bessere und umfassende, weltweite Vorbeugung ist eine der Lehren aus der Corona-Pandemie. So haben die 194 WHO-Mitgliedsländer beschlossen, eine Rahmenvereinbarung dafür auszuarbeiten.

Um Pandemien einzudämmen verfolgt die Forschung inzwischen ein ganzheitliches Konzept, <<One Health>>  genannt, das Tiere und Menschen als miteinander lebende Wesen in den Blick nimmt. Noch bevor der One-Health-Ansatz in der Forschung populär wurde, hat sich schon gezeigt, wie stark die Gesundhaltung von Tieren auch den Menschen zugute kommt: Ein erfolgreiches Beispiel, wie ein ganzheitlicher Ansatz für Tiere und Menschen gute Ergebnisse erzielen kann, sei die de facto Ausrottung der Tollwut in Deutschland, sagt Forscher Knauf vom FLI. Deutschland ist laut RKI seit 2008 so gut wie tollwutfrei; vor allem durch die systematische Immunisierung von Füchsen.

«Die Gesundheit von Menschen ist nicht in Isolation zu sehen. Wir leben mit Tieren zusammen, wir essen Tiere. Die Umwelt wiederum beeinflusst die Tierwelt, zum Beispiel der Klimawandel. Da muss man über Disziplinen hinweg denken», sagt Leendertz, der am Helmholtz-Zentrum im Institut für One Health arbeitet.

Die WHO-Prognose für Afrika als Zoonosen-Hotspot müsse man allerdings auch hinterfragen, findet Veterinärmediziner Knauf vom FLI: «Es ist schwer zu sagen, ob es einen tatsächlichen Anstieg an Zoonosen gibt – oder ob man einfach nur mehr findet, weil man intensiver auf die Suche geht.

Am Ende des Tages bleibt die Konsequenz aber die gleiche: Wir alle müssen unser risikohaftes Verhalten ändern. Denn es sind die Menschen, die das Problem schaffen, nicht die Tiere. Die nächste Pandemie kann genauso gut in Europa oder Asien beginnen.» Auch der menschengemachte Klimawandel könne Zoonosen begünstigen. «Wenn die Temperaturen in Deutschland steigen, können sich hier auch Erreger aus tropischen Gebieten besser ansiedeln. Ein Beispiel ist das Virus des West-Nil-Fiebers.»

Sorge über Virenmutation in Spanien

Fest steht laut Knauf, der am Institut für Internationale Tiergesundheit/One Health des FLI forscht: Deutschland kann von Afrika noch eine Menge lernen. «Zum Beispiel haben wir keine nationale One Health Strategie, viele afrikanische Staaten schon.» Etwa Nigeria. Das mit mehr als 200 Millionen Menschen bevölkerungsreichste Land des Kontinents hat 2019 eine auf mehrere Jahre angelegte nationale One-Health-Strategie veröffentlicht. Unter anderem sollen Zoonosen wie Vogelgrippe und Lassafieber in dem westafrikanischen Land besonders eng überwacht werden.

Im Verlauf der derzeit grassierenden weltweit größten jemals dokumentierten Vogelgrippe-Welle steckten sich nach FLI-Angaben von Anfang Februar wenige einzelne Menschen mit dem Virus an. Übertragungen von Mensch zu Mensch seien nicht bekannt. Mit Sorge betrachten viele Forscher jedoch eine Virenmutation beim Vogelgrippe-Ausbruch auf einer Nerzfarm in Spanien, die laut FLI eine Anpassung an Säugetiere darstellen könnte.

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EU sichert sich 10.000 Dosen von Affenpocken-Medikament

Brüssel (dpa) – Die EU-Kommission hat sich 10.000 Dosen eines Medikaments zur Behandlung von Affenpocken gesichert. «Der rückläufige Trend bei den Fällen von Affenpocken in der EU macht Mut, bedeutet jedoch nicht, dass die Bedrohung überwunden ist», sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Montag in Brüssel. Das Medikament solle daher zusätzlich zu den mehr als 330.000 Dosen Affenpocken-Impfstoff, die sich die EU bereits gesichert habe, helfen, den unmittelbaren Bedarf der EU-Staaten zu decken, so die Kommissarin. Die Vorräte des Medikaments mit dem Wirkstoff Tecovirimat sollen den EU-Staaten bei dringendem Bedarf zur Verfügung stehen. Nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC gibt es mit Stand 20. September 19 832 bestätigte Affenpocken-Fälle in den 27 EU-Staaten sowie in Norwegen und Island.

 

 

Tschechien: Erster Todesfall im Zusammenhang mit Affenpocken

Prag (dpa) – Tschechien hat einen ersten Todesfall im Zusammenhang mit dem Affenpocken-Virus registriert. Der Patient sei immungeschwächt gewesen und letztlich an einer Lungenentzündung gestorben, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums nach Angaben der Agentur CTK am Mittwoch in Prag. In Tschechien wurden bisher mehr als 60 Affenpocken-Erkrankungen festgestellt – die meisten davon in der Hauptstadt Prag. Der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zufolge gab es Todesfälle im Zusammenhang mit den Affenpocken zuvor bereits in Spanien und Belgien. Affenpockenviren sind mit den klassischen Menschenpockenviren und den Kuhpockenviren verwandt. Bisher waren die Affenpocken in West- und Zentralafrika verbreitet. Die Viren kommen dort vor allem bei Nagetieren vor.

 

Affenpocken in China: Vermeidet «Hautkontakt mit Ausländern»

Peking (dpa) – Nach der Entdeckung des ersten Falls von Affenpocken in China hat der Chefepidemiologe des nationalen Gesundheitsamtes die Bevölkerung davor gewarnt, in Hautkontakt mit Ausländern zu kommen. «Habt keinen Hautkontakt mit Ausländern», schrieb Wu Zunyou im Kurznachrichtendienst Weibo als ersten Ratschlag zur Vermeidung einer Ansteckung. Die Empfehlung löste im chinesischen Internet heftige Reaktionen aus. Nutzer sahen Diskriminierung und kritisierten die Hinweise als wenig wissenschaftlich. Weiterlesen

Affenpocken-Infektion bei Schulkind in Köln

Köln (dpa) – Bei einem Schulkind in Köln ist eine Affenpocken-Infektion nachgewiesen worden. Das teilte eine Sprecherin der Stadt am Freitag mit.

Es handle sich um ein Kind, das auf eine weiterführende Schule gehe. Die «Kontaktsituation» habe allerdings «keine Maßnahmen» erforderlich gemacht, hieß es. Weiter Angaben machte die Stadt nicht. Weiterlesen

Bund bestellt mehr Impfstoff-Dosen gegen Affenpocken

Berlin (dpa) – Im Kampf gegen die Affenpocken sollen in der kommenden Woche 19.500 Impfstoffdosen in Deutschland verteilt werden. Der Affenpocken-Impfstoff soll an die Länder ausgeliefert werden, wie es im Bundesgesundheitsministerium in Berlin hieß. Vor allem in Hotspots reicht der zur Verfügung stehende Impfstoff zur Deckung der Nachfrage in den Praxen laut Regierung derzeit nicht aus.

Bereits im Juni hat der Bund 40.000 und im Juli noch einmal 5300 Dosen an die Länder geliefert. Weitere Lieferungen wurden im Laufe des Jahres erwartet. In Verträgen hatte der Bund insgesamt 240.000 Dosen des Impfstoffs bestellt. Weiterlesen

Rheinland-Pfalz erweitert Impfberechtigung bei Affenpocken

Mainz (dpa/lrs) – Angesichts der weiteren Ausbreitung der Affenpocken in Deutschland erweitert Rheinland-Pfalz den Kreis der Menschen, die sich gegen die Krankheit impfen lassen können. In Rücksprache mit den behandelnden Ärzten können sich alle Kontaktpersonen von Infizierten sowie HIV-Patientinnen und -Patienten mit häufig wechselnden Sexualpartnern und alle besonders risikogefährdeten Beschäftigten in Speziallaboren gegen den Erreger impfen lassen, wie das Gesundheitsministerium am Freitag mitteilte. Bislang sei das Bundesland aber nur in sehr geringem Maße von der Ausbreitung der Affenpocken betroffen. Weiterlesen

WHO: Zahl der Affenpockenfälle geht weltweit zurück

Genf (dpa) – Weltweit ist die Zahl der neu gemeldeten Affenpocken-Fälle zurückgegangen. In der Woche 15. bis 21. August waren es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 21 Prozent weniger als in der Vorwoche. In den vier Wochen davor waren die Zahlen gestiegen. «Dieser Rückgang könnte erste Anzeichen einer rückläufigen Fallzahl in der europäischen Region widerspiegeln, die jedoch noch bestätigt werden müssten», teilte die WHO am Donnerstag in Genf mit. Weiterlesen

Ministerium: Affenpockenvirus-Infektion in Luxemburg

Luxemburg (dpa/lrs) – In Luxemburg ist bei einem Kleinkind eine Infektion mit dem Affenpockenvirus nachgewiesen worden. Das Kind befinde sich «in einem stabilen und nicht besorgniserregenden Zustand», teilte das luxemburgische Gesundheitsministerium am Mittwochabend mit. Es sei isoliert untergebracht. Die Tagesstätte, die das Kind besuchte, bleibe geöffnet, da derzeit kein weiteres Kind Symptome aufweise, hieß es in einer Mitteilung. Personen, mit denen das Kind Kontakt hatte, seien informiert. Das Alter und das Geschlecht des Kindes wurden nicht genannt.

Nach zuletzt vorliegenden Zahlen (10. August) hatten sich in Luxemburg bislang 41 Männer mit einer Affenpocken-Virus infiziert. Weiterlesen

Lauterbach: Affenpocken-Impfstoff an Berlin abgeben

Berlin (dpa) – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Bundesländer mit nur wenig Fällen von Affenpocken zur Abgabe von Impfstoff an das Land Berlin aufgerufen. Er würde sich freuen, wenn dieser Impfstoff «in den Brennpunkt Berlin verlagert werden könnte, weil wir hier eine überproportionale Belastung haben», sagte der SPD-Politiker. Beim Hersteller gebe es Produktionsengpässe.

Deutschland habe 40.000 Impfstoffdosen beim Hersteller direkt gekauft und etwa 5000 Dosen aus EU-Kontingenten erhalten. Man habe damit mehr Dosen bekommen als jedes andere europäische Land. Weiterlesen

Aus Angst vor Affenpocken: Angriffe auf Affen in Brasilien

Namenssuche
Von Christiane Oelrich, dpa

Genf (dpa) – Virus aus Wuhan, Schweinegrippe, Affenpocken: was solche Namen für Viren oder Krankheiten auslösen können, ist bekannt. Als das neuartige Coronavirus von Wuhan in China aus Anfang 2020 in der Welt ausbreitete, wurden vielerorts Menschen ausgegrenzt, die für Chinesen gehalten wurden. Wegen der Schweinegrippe 2009 wurden in vielen Ländern Millionen Schweine geschlachtet, und wegen der Affenpocken sind jetzt in Brasilien die ersten Affen mit Steinen und Gift attackiert worden – alles irrationale Reaktionen in der irrigen Annahme, man könne sich dadurch vor einer neuen Gefahr schützen.

Die WHO macht seit Wochen Druck, dass der Name Affenpocken geändert wird. Aber sind so einprägsame Bezeichnungen nicht besser als Buchstaben- und Zahlenkombinationen wie H1N1 für Schweinegrippe oder Sars-CoV-2 für das Coronavirus? «Was einfach ist, ist ja nicht notwendigerweise geboten», sagt Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel der Deutschen Presse-Agentur. Weiterlesen

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