Leserbrief: Hat der Rat die Zeitenwende in der Windenergie verschlafen?

 ….zur Entscheidung des Rates der VG Gerolstein zur Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplans in Sachen Windkraft.

Es ist wohl eher nicht nachvollziehbar warum die mit Windrädern schon überproportional  belastete ehemalige VG Obere Kyll, jetzt durch eine Änderung des Flächennutzungsplan – der sollte eigentlich bis 2025 gelten – nun noch mehr Windräder erhalten soll. Das nun dezentral, auch östlich der B 51, überwiegend weil die Ortsbürgermeister von Steffeln, Scheid, Gönnersdorf, Lissendorf und Birgel sich in der Verteilung der Windkraftgelder nicht berücksichtigt fühlen. Liebe Mandatsträger, habt ihr daran nicht selbt Schuld? Habt ihr doch seinerzeit dem Flächennutzungsplan selbst zugestimmt, Euch waren also die Standorte der Windräder bekannt. Was sind eigentlich noch Beschlüsse unserer Volksvertreter wert, wenn sie so einfach nach Lust und Laune, wegen Begehrlichkeiten einzelner zu kippen sind? Hätte man die Windeuros nicht auch gleich gerecht aufteilen können, nach einer vernünftigen Aufschlüsselung. Zum Beispiel “bevorzugte Ortsgemeinden” mit verbauten Windrädern hätten “benachteiligten Ortsgemeinden” mit nur anteiliger Fernsicht eine Ausgleichzahlung leisten müssen. Oder etwa nicht? Grundsätzlich sollte so etwas in jeder Art von Gemeinschaft doch ohnehin selbstverständlich sein.

Warum wird jetzt versucht dieses grobe Versäumnis zu korrigieren und gar noch zu verschlimmern? Eigentlich ist unsere schöne Landschaft hier doch wohl schon mehr als reichlich ” gerädert”. Anstatt Natur und Bevölkerung einer weiteren Belastung auszusetzen, sollten zwingend Ausgleichsflächen festgeschrieben werden und das bitte dann auch rechtsverbindlich. In dem Fall wären dann alle Flächen im genannten Bereich ohnehin tabu, schützenswert. Hillesheimer und Gerolsteiner Land erfüllten dann den Zweck der notwendigen Ausgleichflächen innerhalb der VG. Kreis und Landrat sollten das befürworten und dem nicht im Wege stehen. Packt es an! Bleibt zu hoffen dass sich an der B 51, wegen den Windmühlen nicht die Geister scheiden, kein Ost (arm) West (reich) -Konflikt in der VG entsteht, oder es gar zu einem Showdown an der Kyll kommt. Aber wir leben ja nicht am Red River oder Rio Grande.

Auf bekannte Gefahren für Mensch und Tier – hier sei nur der die Gesundheit schädigende Infraschall und der Schlagschatten der 240 Meter hohen, furchterregenden Kolosse angeführt – soll an dieser Stelle nicht groß eingegangen werden. Das würde leider dann doch den Rahmen sprengen. Sollten aber beispielsweise nicht die durch den riesigen Schlagschatten betroffenen Orte Feusdorf und Wiesbaum Entschädigungszahlungen aus dann prall gefüllten Kassen der neuen Windkraftgemeinden erhalten? Quasi als Trostpflaster? Auf Befindlichkeiten der Bewohner, wie verminderte Lebensqualität oder immense Wertverluste ihrer Immobilien, nimmt die Politik ja sowieso keine Rücksicht. Die aufgrund unserer schönen Natur kommenden Touristen werden über noch mehr Windräder sicher auch nicht begeistert sein. Zur Industrieanlagen-Beschau fahren diese dann wahrscheinlich doch lieber gleich ins Ruhrgebiet. Außerdem hängen diese nicht speicherfähigen und nur sporadisch nutzbaren Energieerzeuger bekanntermaßen am großen Tropf der Subvention. Deutschlandweit geben wir Stromverbraucher täglich sage und schreibe 1 Million Euro dafür aus, dass die Windräder bei zu viel Wind abgeschaltet werden, weil ansonsten unsere gesamten Stromnetze kollabieren würden, oder leiten den überschüssigen Strom kostenfrei in die benachbarten Niederlande. Der Strom kann selbstverständlich später gegen entsprechendes Entgeld wieder zurückgekauft werden.

Das ist an Absurdität wohl kaum noch zu toppen. Durch jedes neu hinzukommende Windrad wird diese Situation leider nur noch verstärkt. Die Subvention der Windkraft beschert uns damit unter anderem die höchsten Strompreise in Europa. Daher der Appell an die 32 befürworteten Ratsmitglieder in der Verbandsgemeinde Gerolstein: Verschandelt unsere wunderbare Landschaft nicht unnötigerweise noch mehr, sondern setzt weiter voll und ganz, zum Beispiel auf den Tourismus, anstatt diesen zu gefährden. Viele Bürger/Bürgerinnen haben dafür schon Hervorragendes geleistet, indem sie neue Feriendomizile für unsere Gäste geschaffen haben, damit fließen ja auch Gelder in die leeren Gemeindenkassen. Zwar nicht so üppig aber nachhaltig. Setzt auf das Beste das wir haben – unsere wunderschöne Landschaft – anstatt sie weiter zu zerstören. Oder schafft zusätzliche Anreize zur Ansiedlung innovativer, umweltfreundlicher Betriebe. Es gibt da sicherlich bessere Alternativen zur Generierung von Einnahmen für schwindsüchtige Gemeindekassen, als die umweltzerstörerische und nicht effektive Windkraft. Oder wie wäre es mit weiteren Altenheimen, Senioren Residenzen, die möglicherweise sogar mit Landesmittel bezuschusst werden könnten?

Wenn es schon Energieerzeugung sein soll, warum nicht in Biogasanlagen investieren? Gülle in Hülle und Fülle ist ja schließlich vorhanden. So könnte man mit „Scheiße“ auch noch Geld verdienen. Dazu noch Monzels Biomüll, nachdem man ihn überredet hat die braunen Biotonnen nicht zu schreddern sondern bei den Haushalten der VG zu belassen. Hervorragende Win – win – Situationen würden sich da ergeben. Der Doktor hätte den ungeliebten Biomüll von der Backe, die Bauern wären überschüssige Gülle los, Wälder (keine Windräder), Felder und Wiesen (weniger Gülle) wären überaus dankbar, den Ratsmitglieder würde möglich aufkommender Ärger der Bevölkerung erspart, und die absoluten Gewinner dabei, alle Bürger und Bürgerinnen. Selbst die stets mürrische „Klimagretel“ wäre wohl zufrieden gestellt. Wow, soviel heile Welt, geht das überhaupt?

Nach dem etwas träumerischem Abdriften nun aber zurück zur Windkraft. Bitte seit nicht allzu begierig auf das vermeintlich schnellere Geld, spätestens in 20 Jahren nach Beendigung der auslaufenden EEG Subvention ist das eh vorbei. Dazu kommt dann noch der bis zu 1 Million Euro teure und problematische Rückbau der Anlagen. Spätestens da stellt sich das Ganze dann als Nullsummenspiel heraus. Ab 2021 entfällt aber diese lukrative, staatliche Einspeisevergütung in Höhe von dann ungefähr neun Cent pro Kilowattstunde ohnehin. Was dann? Der Ausbau neuer Windkraftanlagen ist dadurch schon jetzt bundesweit fast zum Erliegen gekommen. Diese Energie ist ohne Förderung leider nicht gewinnbringend. Nur in der VG Gerolstein will das niemand bemerkt haben. Hat man das etwa verschlafen, liebe Ratsmitglieder? Möchte die VG Gerolstein dem trotzen, wider jegliche Vernunft der Umwelt und dadurch den hier lebenden Menschen mehr schaden als nutzen? Dazu sind noch mögliche Klagen von Bewohnern oder Naturschützern zu erwarten. Ist es das alles wert? Oder folgt eine Rückbesinnung etwa erst wenn es wieder einmal zu spät ist?

Erspart uns also diese zusätzliche Verschandelung der Natur nicht nur in der ehemaligen Verbandsgemeinde Obere Kyll, sondern auch gleich in der ganzen VG Gerolstein. Außerdem macht Windkraft im Wald keinen Sinn. Wir können so das Klima nicht schützen, wenn das zerstört wird, was erhalten werden soll, Wald, Natur und Landschaft. Die vom Land geforderten ca. 2 % Fläche einer VG zum Bau für Windkraft sind mit 1,8 % ja so gut wie bereits erreicht.  Es besteht daher keine zwingende gesetzliche Verpflichtung zum Bau weiterer Anlagen. Da sollten Kreis und VG sich doch einigen können. Zu den bereits genannten Nachteilen werden auch wieder sehr teure Gutachten, mit noch nicht absehbaren Auswirkungen, in Auftrag gegeben werden müssen, verbunden mit ewig dauernden Streitereien. Warum Steuergelder eigentlich immer so leichtfertig verplempern? Die VG sollte da eigentlich überlegter handeln, hat man diesbezüglich doch schon leidvolle Erfahrungen machen müssen. All das wiederholen trotz ewig klammer Gemeindekassen? Ein schlechter Witz.

Verbleibt unterm Strich zu vermelden: zusätzliche Windkraft in der VG ist so unnötig wie ein Kropf. Sicherlich kann man aber nicht unterstellen das Daumen und Zeigefinger bei der Entscheidung des Rates ausschlaggebend gewesen seien. Unbedingt sollten unsere Bürger/Bürgerinnen aber in eine Entscheidung über weitere Windkraft mit einbezogen und dazu befragt werden. Es ist nicht in Ordnung, bei so elementaren Entscheidungen diese außen vor zu lassen, spielt sich das Ganze doch mehr oder weniger nicht weit von deren eigenen Haustüren ab. Diese Befragung könnte vielleicht sehr einfach teils sogar online abgewickelt werden. Die hier ihr Geld ausgebenden Touristen sollte man da auch gleich mit einbinden, könnten dadurch doch manchem Befürworter, durch deren Beurteilung, vielleicht die von schnellen €uros verblendeten Augen geöffnet werden.

Oder hat man vielleicht Angst davor, dass die Bevölkerung zu einem anderen Abstimmungsergebnis als der Rat kommen könnte? Nahezu nostalgische 100 %, erinnert da spontan an eine ehemalige weiter im Osten agierende Einheitspartei, wurden erreicht. Die einzige Gegenstimme kam vom Escher Ortsbürgermeister, fühlte er sich doch an den bis 2025 geltenden Flächennutzungsplan gebunden, Chapeau für solch ein stabiles Rückgrat. Ach so, hätte fast zwei mutige Enthaltungen unterschlagen. An dieser Stelle liebe Ratsmitglieder sollte man aber ganz einfach mal etwas mehr Demokratie wagen und sich dann gegebenenfalls dem Bürgerwillen beugen. Sollten Einwohner der VG gegen die neuerliche geplante Ausweitung der Windkraft sein, dann sprechen Sie bitte ihr gewähltes Ratsmitglied darauf an. Plädieren Sie auch für eine alles entscheidende Bürgerbefragung. Es ist noch zeitig genug, Druck aufzubauen. Da das ganze Prozedere bis zum Inkrafttreten des Plans noch Jahre dauern kann, bekommen Bürger und Bürgerinnen, wie beim Skat, vielleicht noch den allergrößten Trumpf auf die Hand – eine erneute VG Wahl im Jahr 2024. Diesen Trumpf gilt es schon jetzt im Vorfeld zu nutzen. Der Zeitpunkt erscheint noch weit entfernt, aber je näher er rückt, umso mehr werden einige Ratsmitglieder zumindest nachdenklicher werden was ihre mögliche Wiederwahl betrifft.

Hier geht es sicherlich nicht um eine reine Verteufelung der Windenergie, vielmehr um den Ansatz eventuell bessere Lösungen zu finden, und das für alle Beteiligten. Der Strom soll ja auch in Zukunft noch aus unseren Steckdosen kommen. Nach dem geplanten, deutschlandweiten Ausstieg aus Atom und Braunkohle wären neue zusätzliche Gaskraftwerke als Brückentechnologie sicherlich nicht verkehrt. Würde da auch subventioniert wäre dieser Strom nicht teurer als der der Windkraft und damit auch konkurrenzfähig an der Strombörse. Windkraft mit Abstrichen ist äußerstenfalls noch im Offshore Betrieb zu akzeptieren. Alternativ sollte man langfristig andere Energiequellen nutzen, wie z.B. Gezeitenkraftwerke. Da wäre die Energie dann auch 24 Stunden verfügbar, anders als beim on/off Zappelstrom der Windkraft.

Die Norweger würden uns sehr gerne auch ihren günstigen, umweltfreundlichen Strom, aus der schier unerschöpflich erscheinenden Wasserkraft dieses Landes, liefern. Norwegen ist EU-Land und sicher ein zuverlässiger Partner und Lieferant. Die Politik müsste es nur wollen. Bei der Gasversorgung besteht ja auch eine Partnerschaft, mit Schröderfreund Putin. Da sollte man Norwegen mindestens  das Gleiche, wenn nicht gar ein besseres Ranking zugestehen. Moderne Thorium Reaktoren wären auch eine Überlegung wert. Wäre ganz ohne Kernschmelze möglich, Brennstäbe verbrennen restlos, daher keine Endlagerung nötig, auch 24 Stunden verfügbar. Leider schädigen subventionierte Photovoltaikfelder auch unser Landschaftsbild, weder ökonomisch noch ökologisch in unseren Breitengraden sinnvoll, sollte man sie sinnigerweise gleich in die Wüste schicken, könnten sie dort helfen einen zukunftsweisenden Energieträger, den Wasserstoff, herzustellen.

Zum Schluß verbleiben der Umwelt, uns Bürger und Bürgerinnen in der VG, unseren geldbringenden Touristen nur noch die Hoffnung, dass Schwarzstorch, Rotmilan und die Kleinohrfledermaus das Schlimmste verhindern können. Auch Juchtenkäfer, Gelbbauchunken oder Pillhühner aufgepasst, man denkt auch darüber nach in eure bislang geschützten Biotope vorzudringen. Traurig genug, dass bislang einige Tiere mehr Beachtung erfahren, als die in der Verbandsgemeinde lebenden Menschen und deren Besucher. Liebe Ratsmitglieder, Ihr solltet aber fürchten, dass eine bislang hier fast unbekannte Vogelart heimisch wird. Der Pleitegeier, auf seiner Futtersuche nicht immer wählerisch, ist gerade dabei Windkraftbetreibergesellschaften auszuweiden. Er verschmäht aber auch marode Gemeindekassen und Gelder von an der Windkraft beteiligten Bürgerinnen und Bürgern. Einzelne Exemplare dieser Vogelart wurden bereits vor vielen Jahren am Ernstberg gesichtet, Hinterlassenschaften in Form von nicht verrottetem Windradmüll weisen darauf hin. Dieser Schrott ruht da zwar nicht in Frieden aber wohl in Ewigkeit. Die Stelle wurde bezeichnenderweise mit einem sehr großen Holzkreuz markiert. Es wäre doch schade, sollte es eines Tages überall so aussehen, und das nicht nur in unserer reizvollen Verbandsgemeinde.

Karl Hüppeler, Esch

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen