Wird nach Omikron umgebaut? In Söders Kabinett geht die Jobangst um

Von Marco Hadem, Christoph Trost und Michael Donhauser, dpa  

Es ist schon länger ein offenes Geheimnis, über das gerne und viel hinter vorgehaltener Hand gerätselt wird: Mit welcher Ministerriege wird die CSU in die kommende Landtagswahl ziehen? Die Zeit läuft.

München (dpa/lby) – Es ist paradox: Je näher das Ende der Omikron-Welle kommt, desto größer dürften bei einigen Mitgliedern im Kabinett von Bayerns Regierungschef Markus Söder die Sorgen um die eigene Zukunft werden. Denn – so viel ist aus dem Umfeld des CSU-Chefs zu hören – wenn der Höhepunkt der aktuellen Infektionswelle überschritten ist, steht dem Umbau seines Ministerrates wohl nichts mehr im Wege. Und nachdem Experten den Peak bei Omikron für Mitte Februar voraussagen, könnte es schon bald ernst werden.

Der vermutlich anstehende Kabinettsumbau ist schon lange ein offenes Geheimnis. Söder selbst kündigte der Landtagsfraktion im Januar an, er wolle «zu gegebener Zeit» das «Team verfeinern». Das dürften vor allem die zwölf Frauen und Männer, die mit CSU-Parteibuch im Kabinett sitzen, mit Interesse oder Sorge zur Kenntnis genommen haben.

Wer in diesen Wochen aufmerksam die Landespolitik verfolgt, findet für das neue Jobbewusstsein mancher Kabinettsmitglieder auch zählbare Belege: So gibt es aus dem einen oder anderen Ministerium eine zuvor nicht gekannte Fülle an Pressemitteilungen – beispielhaft genannt sei hier das Bau- und Verkehrsministerium von Kerstin Schreyer, das alleine im Januar 2022 25 Pressemitteilungen verschickte. Zum Vergleich: Im Januar 2021 waren es nur 14.

Dabei wird Söder, dessen kann man sich sicher sein, wohl keinen Minister oder keine Ministerin austauschen, weil in ihrem Namen zu wenige Pressemitteilungen versendet wurden. Söder ist, so viel ist zu hören, vielmehr auf der Suche nach der Ministerriege, mit der er sich für die Landtagswahl 2023 die besten Erfolgschancen ausrechnet. Zwar sei er – so heißt es aus seinem Umfeld – grundsätzlich mit den Kabinettsmitgliedern zufrieden, es gelte aber zu überlegen, welche Gesamtaufstellung für die kommenden Monate neuen Schwung gebe. Hinzu komme, dass die bayerischen CSU-Minister auch bundesweit wahrgenommen werden müssten, da die CSU ja keine Bundesminister mehr stelle.

Wer sich in Partei- und Regierungskreisen auf die Suche nach Wackelkandidaten begibt, wird schneller fündig als bei der Suche nach potenziellen Nachfolgern. Ein Name, der hier öfter genannt wird, ist der von Christian Bernreiter. Der Deggendorfer Landrat steht auch dem Bayerischen Landkreistag vor. Sein Name wurde in der Vergangenheit schon öfter für Ministerposten in den Ring geworfen – von anderen versteht sich. Genannt wird auch gerne Generalsekretär Markus Blume, auf den Söder aber eigentlich nicht in der CSU-Zentrale verzichten kann. Zu hören ist sogar der Name von Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, daran glaubt aber niemand ernsthaft.

Dabei gleicht die Besetzung des Kabinetts für jeden CSU-Chef wahrlich der Quadratur des Kreises: Söder selbst hat ja entschieden, dass der Ministerrat paritätisch besetzt sein soll, also gleich viele Männer wie Frauen. Dann muss noch die regionale Verteilung stimmen, damit sich kein CSU-Bezirk vernachlässigt fühlt, und schlussendlich sollte natürlich auch die Kompetenz passen. Die für Söders Macht so wichtige Landtagsfraktion sieht es zudem nicht gerne, wenn Kabinettsposten mit externen Kandidaten besetzt werden.

Während die Liste der Wackelkandidaten je nach Gesprächspartner sehr unterschiedlich ausfällt, scheint das Meinungsbild über die Reihe derer, die sich um ihren Job keine Sorgen machen müssen, einhelliger: Staatskanzleichef Florian Herrmann, Finanzminister Albert Füracker, Innenminister Joachim Herrmann samt Staatssekretär Gerhard Eck und Gesundheitsminister Klaus Holetschek genießen praktisch unisono größte Rückendeckung. Ihnen allen wird in Söders Umfeld Kompetenz und auch ein direkter Draht zum Regierungschef zugesprochen.

Bei den übrigen Damen und Herren gehen die Meinungen schon weiter auseinander. Die besten Chancen auf einen Verbleib werden dabei Digitalministerin Judith Gerlach, Agrarministerin Michaela Kaniber und Justizminister Georg Eisenreich gegeben.

Während Kaniber sich im für die CSU wichtigen Agrar-Wählermilieu in den letzten Jahren trotz grundlegender Kursänderungen etwa beim Artenschutz einigermaßen behaupten konnte, wird Gerlach zu Gute gehalten, dass sie ein völlig neues Ministerium führt, welches im Grund schon qua Zuständigkeit praktisch kaum Entscheidungskompetenzen oder einen nennenswerten Eigenetat hat. Eisenreich, so heißt es, habe nach anfänglichen Startschwierigkeiten inzwischen seine Rolle gefunden und besetze auch bundesweit wichtige Themen wie den Kampf gegen Hass und Hetze im Internet.

Bleiben noch die erst vor knapp einem Jahr vom Amt der Gesundheitsministerin zur Europaministerin degradierte Melanie Huml, Familienministerin Carolina Trautner, Wissenschaftsminister Bernd Sibler und besagte Bauministerin Schreyer. Diese Namen werden bei der Frage nach den Wackelkandidaten am häufigsten genannt.

Humls Aufgaben könnten auch wieder zurück ins Aufgabenfeld des Staatskanzleichefs gehen. Sibler und Schreyer stehen dagegen Häusern vor, die für Söders politische Agenda wichtig sind – Wohnungsbau, Forschung und Wissenschaft gehören für den Ministerpräsidenten zu den Zukunftsressorts. Hier erwartet er markante Erfolge, die Wählerstimmen bringen. Doch, auch das ist zu hören, rundum zufrieden ist er mit den gezeigten Initiativen nicht. Das gilt auch für das Familienressort, welches sich aber thematisch eher unter Söders Radar bewegt.

Die auch im Kabinett sitzenden Freien Wähler planen laut Parteichef und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger übrigens keine Veränderungen bei ihren drei Ministern und zwei Staatssekretären. «Wir arbeiten beständig weiter wie bisher», sagt Aiwanger auf Anfrage. Auch ihm dürfte klar sein, in der Regierungsarbeit wird sich bis zur Wahl 2023 nicht nur im Falle von Söders Kabinettsumbildung noch einiges ändern. Zur Wahrheit gehört am Ende aber auch, dass Söder bei jeder Kabinettsumbildung für Überraschungen gesorgt hat.

 

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