Der Mensch hinter den Schulden

„Verschuldung ist immer auch eine menschliche Katastrophe“

Foto: Caritas Westeifel e.V.

Die Schuldnerberatung muss bedarfsgerecht ausgebaut werden, um der seit Beginn der Corona-Pandemie zunehmenden Anzahl verschuldeter Menschen besser helfen zu können. Das fordert Andreas Rötering, Fachbereichsleiter beim Caritasverband Westeifel e.V. anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021 (7. bis 11. Juni 2021). In allen sozialen Schichten nehme die Verschuldung zu.

„Soziale Schuldnerberatung, die unsere Beratungsstellen anbieten, hat den gesamten Menschen in seinem sozialen Umfeld im Blick. Das macht auch den Erfolg dieses Ansatzes aus, den zahlreiche Studien belegen“, sagt er. Verschuldung schränke die Lebensgrundlage vieler Menschen ein. Das sei nicht nur ein finanzielles Problem. „Uns geht es um die Menschen hinter den Schulden, so wie es auch das Motto der Aktionswoche ausdrückt. Verschuldung ist immer auch eine menschliche Katastrophe.“

Nach Schätzungen sind – auch in Folge der Corona-Pandemie – zwei Millionen Soloselbstständige und Freiberufler von Überschuldung bedroht. „Viele Existenzen sind finanziell prekär aufgestellt. Wir sprechen da mittlerweile nicht mehr nur über Empfänger von Grundsicherung und im Niedriglohnsektor Beschäftigte. Jetzt drohen auch Menschen in Verschuldung zu geraten, die es vorher niemals für möglich gehalten hätten“, so Andreas Rötering.

Dies könne, so der Berater, zu einer Destabilisierung der Betroffenen in ihren finanziellen, familiären und psychischen Bezügen führen. Materieller Mangel führe oft zu geistigen und körperlichen Gesundheitsproblemen sowie zu Stress in der Familie, worunter besonders Kinder leiden. Schulen, Kitas, Sportplätze und Vereine können in Pandemiezeiten häufig nicht genutzt werden, dies stelle die Kinder und ihre Familien vor zusätzliche Herausforderungen. In diesem Zusammenhang wird von den Fachverbänden schon seit Jahren eine existenzsichernde finanzielle Absicherung von Kindern gefordert.

„Ein nicht ausreichendes Netz von Schuldnerberatungsstellen, das nicht auskömmlich finanziert ist, kommt den Kommunen am Ende teurer zu stehen. Jeder Verschuldete, dem nicht gut geholfen werden kann, droht eine zusätzliche Belastung für die Kommunen bei der Sozialhilfe zu werden“, sagt Rötering.

Daher müsse endlich ein Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle ins Gesetz geschrieben werden. Die Schuldnerberatung des Caritasverbands begrüßt ausdrücklich die jüngste Reform des Insolvenzrechtes, nach der es möglich ist, nach drei Jahren eine Schuldenbefreiung zu erhalten. Doch nun seien weitere Reformen notwendig: „Die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien müssen deutlich kürzer werden. Dass bei der Schufa Schuldendaten weitere drei Jahre nach Ende des dreijährigen Insolvenzverfahrens gespeichert bleiben, erschwert ehemals Verschuldeten den Neustart. Für sie ist es zum Beispiel schwer bis unmöglich, unter diesen Bedingungen eine neue Wohnung zu finden. Wohnen aber ist ein Menschenrecht, das Überschuldeten oder von Armut Bedrohten nicht vorenthalten werden darf. Daher fordern wir eine Speicherfrist bei der Schufa von höchstens einem, besser einem halben Jahr“.

Die Aktionswoche Schuldnerberatung wird veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV). In ihr haben sich Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen.

 

 

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