Exoten als Alternative für aufgegebene Weinberge

Zeltingen-Rachtig. Rund fünfzig verschiedene Obstbaum- und Beerenstraucharten sind in einem experimentellen Sortengarten in einer ehemaligen Weinbergssteillage oberhalb der Zeltinger Pfarrkirche St. Stephanus angepflanzt worden. Es handelt sich hierbei um eine landespflegerische Maßnahme innerhalb der Flurbereinigung Zeltingen-Sonnenuhr.

Mispel, Kornellkirsche und Speierling finden wir noch in Omas Kochbüchern. Oliven, Feigen und Granatapfel kennen wir vom Mittelmeerurlaub, Kiwi, Nashi-Birne und Kaki aus dem Supermarkt. Und von der Gojibeere haben wir höchstens mal gelesen. Im neuen Sortengarten oberhalb der Zeltinger Kirche sind auf 4.000 m² ehemaliger Rebfläche diese und weitere 36 Obstarten aus allen Regionen der Welt gepflanzt worden. Manche Arten sind heimisch, andere vor langer Zeit oder erst vor kurzem eingeführt und weitere für die Mosel neu entdeckt worden.

Diese Vielfalt an Nutzgehölzen hat eines gemeinsam: Sie alle benötigen warmes Klima zum Wachsen und Reifen, wie es das hiesige Weinbauklima bietet. Dazu haben sie eine gewisse Frosthärte, um auch die Winterzeit überstehen zu können. Doch hier lag ein Knackpunkt in den ersten drei Jahren seit Beginn der Pflanzungen. Bei Temperaturen bis minus siebzehn Grad Celsius, früh einsetzenden Frostperioden und langen Wintern waren die jungen Pflanzen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt, bevor sie sich an die Kälte gewöhnen konnten. Dass wenige Arten sich als nicht praktikabel erwiesen und durch neue ersetzt werden mussten, unterstreicht den experimentellen Charakter des Projektes.

Die tiefer gehende Absicht, die sich hinter dem Sortengarten verbirgt, erläutert Hubert Friedrich, Leiter des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Mosel: „Die schwierigen Bewirtschaftungsbedingungen im Steillagenweinbau führten in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem Rückgang der Rebflächen an der Mosel um 30 %. Die dadurch entstehenden Weinbergsbrachen erschweren die Nutzung der verbleibenden Rebflächen und stören das Bild unserer Weinkultlandschaft an der Mosel. Wenn wir die nachhaltige Offenhaltung dieser Brachen wollen, benötigen wir Nutzungsalternativen. Der Sortengarten kann dazu Impulse liefern.“

Zudem soll er mittelfristig zu einem Anziehungspunkt für alle werden. Er steht Bürgern und Gästen offen, die sich die Pflanzen aus der Nähe anschauen wollen. Zwei Schautafeln und ein Flyer geben wichtige Informationen zu den Projektzielen und den einzelnen Pflanzen des Sortengartens. Unter einem grünen Dach von Kiwipflanzen lässt es sich bald mit herrlichem Blick über das Moseltal ausruhen. Letztendlich gewinnt auch die streng geschützte Mauereidechse durch die neu angelegten Trockenmauern zusätzlichen Lebensraum.

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