Carl Caspar von der Leyen

Der französische Diplomat Marschall Antoine de Gramont beschrieb Carl Caspar von der Leyen als einen Vielfraß, der nur in seiner Trinkfestigkeit überragend gewesen sei. Aber ausgerechnet dieser Gourmand und Weinkenner aus altem Eifler Adel verbot im Erzstift Trier die Hölle der Hexenprozesse und setzte sich damit dauerhaft ein historisches Denkmal erster Güte.

Das Leben dieses barocken Kirchenfürsten stand von Geburt bis zum Tod im Schatten des Krieges. Als er 1618 in Trier als Sohn des Amtmanns und Landhofmeisters Damian von der Leyen und dessen Ehefrau Anna Katharina Waldbott von Bassenheim zur Welt kam, hatte gerade der Dreißigjährige Krieg begonnen; als er Anfang Juni 1676 starb, tobte noch der vom französischen König Louis XIV. entfachte Holländische Krieg. Bei der mehrjährigen Besetzung Triers hatten die französischen Truppen nicht nur die Bevölkerung brutal drangsaliert, sondern für freieres Schussfeld sogar die Abtei St. Maximin niederreißen lassen.  Die Besatzung endete  erst wenige Monate vor dem Tod Carl Caspars nach der französischen Niederlage bei der Schlacht an der Konzer Brücke.

Die Familie von der Leyen, die ihren Namen von einer Burg bei Gondorf/Mosel herleitete, gehörte seit Generationen zur obersten Führungsschicht des Kurfürstentums Trier und war mit vielen Eifler Adelsfamilien verwandtschaftlich eng verbunden. Carl Caspar war weder der erste noch der letzte Kurfürst aus seiner Familie. Bereits im 16. Jahrhundert hatte Johann VI. von der Leyen dieses Amt erreicht; Carl Caspars jüngerer Bruder Damian Hartard wurde Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Carl Caspars Neffe Johann VIII. Hugo von Orsbeck folgte dem Onkel als Erzbischof und Kurfürst von Trier im Amt. Die Karrieren beider Verwandter waren von Carl Caspar maßgeblich unterstützt worden. Solche Vetternwirtschaft war nicht unüblich, ungewöhnlich war allenfalls der Erfolg der leyenschen Familienpolitik. Die Erzbischofsfähigkeit dieser Adelsfamilien zeigte sich auch in der Karriere des berühmten Mainzer Kurfürsten und Erzkanzlers Joh. Ph. von Schönborn (1605–1673), dessen Mutter ebenfalls eine von der Leyen war.

Über Carl Caspars Ausbildung ist nur sehr wenig bekannt, erst mit seiner Mitgliedschaft im Trierer Domkapitel ab 1641 hellt sich das biografische Dunkel auf. Der junge Domherr nahm  schnell  eine Führungsrolle im Domkapitel ein. Innerhalb dieses Gremiums gehörte er zu denen, die die frankreichfreundliche Politik des Erzbischofs Philipp Christoph von Sötern (1567-1652) ablehnten. Als von Sötern 1645 nach Rückkehr aus habsburgischer Gefangenschaft wieder die Herrschaft in Trier übernehmen konnte, wich die kaiserfreundliche Oppositionsgruppe um von der Leyen nach Köln aus. Vier Jahre später rückten sie mit militärischer Unterstützung gegen von Sötern vor, als dieser einen Nachfolger gegen den Willen der Domkapitelmehrheit durchsetzen wollte. 1650 wurde eine neue Koadjutor-Wahl vorgenommen, bei der Carl Caspar die Stimmenmehrheit errang. Nach dem Tod von Söterns 1652 wurde mit  päpstlicher Zustimmung der 33-jährige von der Leyen als neuer Trierer Bischof und Kurfürst inthronisiert.

Die fast ein Vierteljahrhundert währende Herrschaft Carl Caspars war durch sein Bestreben charakterisiert, das kriegsverwüstete Land wieder aufzubauen. Enorme Energie verwendete er darauf, Ehrenbreitstein – die wichtigste kurtrierische Festung – möglichst uneinnehmbar zu machen. Hauptsächlich von diesem sicheren Ort aus regierte er seinen Kurstaat. Ein innenpolitischer Höhepunkt seiner Amtszeit war der 1568 erfolgte Erlass eines neuen Trierer Landrechts, mit dem wichtige Bereiche des Zivilrechts vereinheitlicht wurden. Von seinem Verbot der Hexenprozesse profitierten auch die Untertanen der Reichsabtei St. Maximin, die er ab 1669 endgültig der kurtrierischen Landeshoheit unterwarf; gerade im Gebiet St. Maximins war die Hexenverfolgung besonders „monströs“ (Rita Voltmer) gewesen. Ob Carl Caspar anordnete, die Akten zu den zahlreichen Hexenprozessen zu beseitigen und damit wertvolles historisches Material zu vernichten, ist nicht sicher geklärt. Möglicherweise wollte er mit einem derartigen Geheimbefehl zum Rechtsfrieden beitragen, der durch gegenseitige aktenkundige Hexerei-Beschuldigungen bedroht war. Außenpolitisch galt von der Leyen durchgängig als Freund Habsburgs und Wiens und Gegner Frankreichs. Dass er sich gegen die Macht- und Kriegspolitik der Großmächte kaum eigenständig behaupten konnte, kann man ihm nicht vorwerfen.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen