Ahmad Mansour zu Gast bei den Wittlicher weiterführenden Schulen

Wittlich. Am 10. Februar 2017 sprach der Diplom-Psychologe Ahmad Mansour zu interessierten Lehrerinnen und Lehrern der Wittlicher weiterführenden Schulen. Das schulübergreifende Kriseninterventionsteam „KIT-WIT“ organisierte eine interne Veranstaltung zum Thema „Religiöser Extremismus: Radikalisierung von Schülerinnen und Schülern erkennen und verhindern“.

Im Multifunktionsraum der Clara-Viebig-Realschule plus Wittlich wurde Herr Mansour von Rosemarie Bölinger (Schulleiterin Clara-Viebig-Realschule plus) und vom Ersten Beigeordneten der Stadt Wittlich, Albert Klein, begrüßt. Anschließend stellte Schulpsychologe Ralf Nowak Ahmad Mansour dem Publikum in einem kurzweiligen Interview vor.

Im Anschluss hörten die 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ahmad Mansours Vortrag, in dem er über die Werte und Ansichten der Jugendlichen der „Generation Allah“ sprach. Er beleuchtete die verschiedenen Gründe für Radikalisierung und betonte, wie wichtig es im (Schul-)Alltag sei, die Jugendlichen zu kritischen und eigenverantwortlichen Menschen zu erziehen. Das Vermitteln von Werten, Aufklärung und das Bieten von Halt und Orientierung sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, für die Schulen, die Polizei und die Politik. Thema waren auch die Gefahren, denen Jugendliche auf der Suche nach Orientierung im alltäglichen Leben ständig ausgesetzt sind. Die multimedialen Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, sei es durch die frei zugänglichen Videos im Internet zu verschiedenen Verschwörungstheorien oder nett anzusehende Musikvideos im Hip Hop Stil, die Feindbilder heraufbeschwören oder die Konsumenten davon zu überzeugen versuchen, in den heiligen Krieg zu ziehen, sind schier unzählbar. Hier mahnt Mansour, die Augen offen zu halten und sich für die Dinge zu interessieren, die die Jugendlichen interessieren. Und er zeigt verschiedene offensichtliche Indizien auf, die auf Radikalisierung hinweisen.

 

Im anschließenden Workshop mit Ahmad Mansour arbeiteten die Vertreter der Wittlicher weiterführenden Schulen und der Polizei an verschiedenen präventiven und interventiven Maßnahmen, die konkret in der täglichen Arbeit an den Schulen umgesetzt werden können. Schwerpunkte in der schulischen Prävention und Intervention wurden herausgearbeitet, wie z.B. das Öffnen des Blicks auf ein gemäßigtes Islamverständnis, das Ermöglichen eines objektiven Blicks auf die Weltreligionen sowie die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, die die Neugier der Jugendlichen befriedigen, indem Wissen und Lernen bzw. Meinungsbildung angebahnt werden. Wichtig wurden hier insbesondere Gespräche und Diskussionen empfunden, in denen die Jugendlichen lernen, sich den Themen von mehreren Seiten her anzunähern und möglichst vielschichtige und vielseitige Argumente finden. Der Raum und die Zeit für Gespräche sind der Nährboden für Aufklärung, Meinungsbildung und Wertevermittlung. Genaues Hinsehen und das Gestalten von Beziehung kann dazu führen, dass die Gefahr der Radikalisierung gebannt wird. Nur so können die Gesetze der Demokratie und der Menschenrechte nachhaltig vermittelt werden und junge Menschen erhalten die Chance, sich zu mündigen, selbstdenkenden Erwachsenen zu entwickeln.

 

Hintergrund „KIT-WIT“

Das „KIT-WIT“ ist das schulübergreifende Kriseninterventionsteam der Wittlicher weiterführenden Schulen. Die Schulleitungen des Cusanus-Gymnasiums, der Liesertalschule, des Peter-Wust-Gymnasiums, der Clara-Viebig-Realschule plus und der Kurfürst-Balduin-Realschule plus Wittlich sowie die Jugendsachbearbeiter und –sachbearbeiterinnen der Polizeiinspektion Wittlich, die Vertreter der Schulsozialarbeit sowie des Schulpsychologischen Dienstes treffen sich zum regelmäßigen Austausch und zur Arbeit an präventiven Themen.

 

Zur Person Ahmad Mansour

Ahmad Mansour, geboren 1976, ist Diplom-Psychologe. Er hat Psychologie, Soziologie und Philosophie an der Universität in Tel-Aviv sowie klinische Psychologie an der Humboldt Universität zu Berlin studiert. Er lebt seit zehn Jahren in Deutschland und setzt sich für Demokratie, Gleichberechtigung, Toleranz und friedliches Zusammenleben ein. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit Projekten und Initiativen gegen Radikalisierung, Unterdrückung im Namen der Ehre und Antisemitismus in der muslimischen Community. Er ist freier Autor, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Gesellschaft Demokratische Kultur (ZDK), Mitarbeiter bei der Beratungsstelle HAYAT (Beratungsstelle für Deradikalisierung), so wie Gruppenleiter beim HEROES-Projekt in Berlin. Als junger Palästinenser in Israel ist Ahmad Mansour beinahe radikaler Islamist geworden. Heute zählt er zu den wichtigsten Islamismus-­Experten Deutschlands.
Für sein Engagement wurde Ahmad Mansour 2014 mit dem Moses-Mendelssohn-Preis ausgezeichnet. 2016 erhielt Ahmad Mansour den Carl-von-Ossietzky Preis für Zeitgeschichte und Politik und wurde vom Bündnis für Demokratie und Toleranz ­Gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) als Botschafter für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet. Auf jeden einzelnen Preis ist er stolz.

 

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