Nachts weniger Bahnlärm möglich

Mainz. Nächtliche Geschwindigkeits- oder Durchfahrtsbeschränkungen für laute Güterzüge im Mittelrheintal sind grundsätzlich sowohl mit dem europäischen als auch mit dem deutschen Recht vereinbar. Dies ist das Ergebnis eines vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens, das Umweltstaatssekretär Thomas Griese und Infrastrukturstaatssekretär Günter Kern in Mainz vorgestellt haben. Das eindeutige Ergebnis des Gutachtens stütze die bisherigen Forderungen der Landesregierung für mehr Lärmschutz an Bahnlinien: „Bislang hat der Bund gerne auf Brüssel gezeigt, wenn der Bundesrat Beschränkungen für Güterzüge mit lauten Graugussbremsen forderte. Jetzt ist klar, dass der Bund hier in der Verantwortung steht und handeln kann. Das werden wir mit aller Kraft einfordern, denn der Lärm im Mittelrheintal ist für die Anwohner unerträglich“, sagte Griese.

Die beiden Staatssekretäre kündigten den Wiederaufruf entsprechender Beschlüsse im Bundesrat an, die von der Bundesregierung bisher nicht umgesetzt worden seien. „Um den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, werden wir hierzu auch Gespräche mit Hessen aufnehmen und unsere bewährte Zusammenarbeit vertiefen“, so Griese und Kern. Nach Auffassung des Gutachters könnte der Betreiber des Schienennetzes, die DB Netz AG, Betriebsbeschränkungen für laute Güterzüge vorsehen, aber auch das Eisenbahnbundesamt als zuständige Aufsichtsbehörde hätte die rechtlichen Instrumente dazu. Entscheidend sei allein die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Es müsse also abgewogen werden, welche Lärm vermindernden Maßnahmen den Verkehr auf der Schiene am wenigsten beeinträchtigen. Dass insbesondere im Mittelrheintal rascher Handlungsbedarf besteht, ist für Griese klar: „Dort bringen zum Teil über 150 Güterzüge pro Nacht mit Spitzenpegeln bis zu über 100 Dezibel die Anwohner um ihren Schlaf und beeinträchtigen ihre Gesundheit.“ Deshalb fordere die Landesregierung kurzfristig nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen im Bereich von Ortslagen auf höchstens 70 Stundenkilometer und mittelfristig nächtliche Durchfahrtverbote für laute Güterzüge.

Zwar habe die Bundesregierung angekündigt, dem Beispiel der Schweiz zu folgen und dafür zu sorgen, dass ab 2020 keine lauten Güterzüge mehr durch Deutschland fahren dürfen. „Da bis jetzt aber noch kein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht wurde, stellt sich die Frage, wie dies erreicht werden soll“, so Griese.

Staatssekretär Kern betonte, dass die Landesregierung bereits seit langem über entsprechende Initiativen im Bundesrat, aber auch in direkten Kontakten mit dem Bundesverkehrsminister sowie in gemeinsam mit Hessen und den Bürgerinitiativen gefassten Resolutionen immer wieder wirksame Anreize zur Umrüstung von Güterwagen auf lärmarme Techniken gefordert habe. „Bis heute lohnt es sich für Wagenhalter nicht, ihre Güterwagen leiser zu machen“, sagte Kern. Deshalb sei es wichtig, den Druck zu erhöhen, damit von den technischen Möglichkeiten zur Vermeidung von Lärm direkt an den Fahrzeugen endlich stärker Gebrauch gemacht werde.

Enttäuschend empfinden Kern und Griese auch die Hinhaltetaktik der EU- Kommission. So werde es im Rahmen der derzeit anstehenden Revision der europäischen Vorschriften zum Lärm der Schienenfahrzeuge, der so genannten TSI-Noise, offensichtlich abermals nicht zu Lärmgrenzwerten für vorhandene Güterwagen kommen. Der Wink mit dem Zaunpfahl der Fahrbeschränkungen richte sich daher auch an Brüssel.

Das Gutachten wurde von dem bekannten Eisenbahnrechtler Prof. Urs Kramer von der Universität Passau erstellt .

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen