„Ha(h)nebüchene“ Gedanken – ganz subjektiv – notiert und hier festgehalten: „Kleiner Feigling“ ./. „Grüne Hölle“

Es bereitet in diesen Wochen keine Schwierigkeiten, sich irgendwo an schmalen Holztischen auf harten Holzbänken sitzend wiederzufinden. Überall Erntedankfeiern, Kirmessen, Junggesellenfeste, Feten jeder Art. Man trifft Bekannte, macht neue Bekanntschaften, erzählt, lacht, isst, trinkt – feiert. Natürlich spricht man auch miteinander über aktuelle Tagesthemen.

Am letzten Wochenende wurde viel von Julia gesprochen. Wird sie zur „Königs-Mörderin“? – Als ich die Frage irgendwo aufschnappe, habe ich zunächst nicht gewusst, wovon gesprochen wurde. Ich war eben neu hinzu gekommen.
Aber dann war mir im Verlauf des weiteren Zuhörens schnell klar: Man diskutierte die Wahl von Julia Klöckner zur Landesvorsitzenden der CDU. – Und ich höre mal zu:

“Das hat sogar dem Billen gefallen!“ – Glaubst du denn, dass der Billen es noch mal macht?“ – „Du, das ist einer von uns, der weiß was los ist.“ – „Und die Julia?“ – „Na ja, die weiß was sie sagen muss.“ – „Aber wenn die den Beck so richtig in die Fresse haut, was ist daran falsch?“ – „Nix, der hat uns doch die Sch…. eingebrockt. Der schmeißt doch mit Geld rum, als würde er es selber drucken.“ – „Ja, ja – und immer zieht er zufällig die Reißleine zu spät, sind andere schuld. Er selbst spielt den Ahnungslosen.“ – „Wie man das so macht in der Politik. Immer mit dem Finger auf andere zeigen.“ – Und weiter Geld an die Wähler verteilen.“ – Passt mal auf, der macht es auch wieder nächstes Jahr.“ – „Kann sein, aber ohne mich.“ .

Und plötzlich werde ich ins Gespräch einbezogen: „Und was sagst du zur Julia?“ – „Na ja, ich kenne sie ja kaum. Aber wenn ich höre, dass die die Eifel zu einer Modellregion für Elektroautos in Europa machen will, dann weiß ich zumindest: Davon hat sie auch keine Ahnung.“ – Also bist du für ‚König Kurt‘?“
Da muss ich wirklich lachen. Man kennt mich hier nicht. Und ich sage lachend: „Nein, bestimmt nicht.“

Da fragt einer aus der Runde junger Leute, in meine Richtung blickend, dazwischen: „‚Kleiner Feigling‘ oder ‚Grüne Hölle‘? – Ich blicke wohl ein wenig dumm aus der Wäsche. Da lacht die Gruppe um mich herum. „Du, der ist noch aus der ‚Jägermeister‘-Zeit!“ – Und einer ruft: „Fünf ‚Jägermeister‘ und dann ab in den Wald!“ – Und alle schütteln sich vor Lachen.

Ich kann nicht so richtig folgen und lasse mir dann erklären, dass nicht nur mit „Kleiner Feigling“, sondern auch mit „Grüne Hölle“ ein Getränk gemeint ist, das in kleinen, klitzkleinen Flaschen (0,02 l) abgefüllt ist.

Ich entscheide mich für „Grüne Hölle“, die andern für „Kleiner Feigling“. Und muss mir sagen lassen, dass ich damit „richtig teuer“ bin. – ??? – Ich will in dieser Situation nicht fragen, warum das so ist, aber nehme mir vor, diese Feststellung am Montag zu hinterfragen. Zumal mich der Name des grell grünen Getränks auch neugierig macht. Ich bin nun mal Journalist.

Zunächst hämmere ich aber mal mit den anderen den Verschluss meines Fläschchens auf den Biertisch, bevor ich den Verschluss aufdrehe und den Inhalt in mich hineinlaufen lasse. – Brrrr!
Auf dem Etikett steht, dass der Inhalt 15 % vol.  Alkohol aufweist und ein Gemisch von Waldmeister und Wodka ist. Es kommt aus einer westfälischen Brennerei. Es bleiben mir von Montagmorgen bis zum Redaktionschluss 36 Stunden. Zwischendurch habe ich aber noch geschlafen. Da kann das Recherche-Ergebnis nur ein Zwischenergebnis sein:

• Den Hersteller von „Grüne Hölle“, die westfälische Kornbrennerei H.J. Niehoff, Dülmen, gibt es im Handelsregister seit 1894 (HRA 3795, AG Coesfeld).

• Die Lieferung erfolgt aber über eine Firma Schulze Niehoff Spirituosen Kontor e.K. Dülmen (HRA 6357) unter gleicher Anschrift. Inhaberin ist die Dipl. Ing. agr. Sylvia Schulze Niehoff (35), die wohl auch – entsprechend der Aufschrift („Offizielles Lizenzprodukt“) auf den von ihr vertriebenen Fläschchen – im Besitz der Lizenzrechte ist.

• Wer ist denn eigentlich im Besitz der Namensrechte von „Grüne Hölle“? – (Ich könnte den Teufel fragen, aber auch Kai Richter hat auf meine Anfragen noch nie geantwortet.)

• Die Lizenzgebühren müssen relativ hoch sein, denn während sich der Inhalt in den Flaschen mit dem Aufkleber „Grüne Hölle“ kaum von dem in „Kleiner Feigling“ unterscheidet, beträgt die Differenz im (Einkaufs-)Preis für Gaststätten und Vereine exakt 30 Cent, was einem Mehrpreis von rd. 53 Prozent (!) entspricht.

• Wer erhält diese Lizenzgebühren?

Auffallend – für mich – ist, dass die Vertriebsfirma der Kauffrau Sylvia Schulze Niehoff (das „e.K.“ in der Firmenbezeichnung bedeutet „eingetragene Kauffrau“) praktisch eine Neugründung ist, die erst gegen Mitte des Jahres 2009 im Handelsregister veröffentlicht wurde.

• Wie haben die Vertragspartner zusammen gefunden?
Es gibt eine Menge Fragen, die sich nach so einer netten Feier- und Gesprächsrunde an einem Wochenende im September 2010 für einen Journalisten ergeben.
Da ich in der Kürze der Zeit nur die Basis für die obigen Fragen recherchieren konnte, möchte ich die Leser der „Eifel-Zeitung“ mal um Mitarbeit bitten. Das macht ja heute jede große Zeitung. Sie nennt solche Leser dann „Leser-.Reporter“. – Nein, es gibt für Ihre Mitarbeit kein Entgelt – außer bei Veröffentlichung eine Namens-Nennung. – Aber nur wenn Sie das wünschen. Ich kann Ihren Namen auch diskret verschweigen, wenn z.B. irgendwelche Details „zur Sache“ zu delikat sind.

Aber natürlich arbeite ich auch an der Beantwortung meiner eigenen Fragestellungen (s.o.) weiter. Nach meinem „Bauchgefühl“ werden die wohl in einem evtl. fällig werdenden neuen Buch zum Projekt „Nürburgring 2009“ ein weiteres Kapitel füllen.

Aber so, wie ich das jetzt hier aufbereitet habe, haben auch die Kollegen einer Tageszeitung die Möglichkeit einer ersten Veröffentlichung von „neuen Fakten“, die mir vorwerfen, alles schon gewusst zu haben, was in meinem Buch „Skandal? – ‚Nürburgring 2009‘ – Affäre“ zu lesen ist. – Sie hatten nur vergessen, rechtzeitig darüber zu berichten.

Die haben den Vorteil, eine Tageszeitung zu machen. Sie sollten den dieses Mal nutzen. Denn ich kann erst nach gründlicher Recherche Antworten auf obige Fragen geben. Und das kann evtl. noch Wochen dauern. – Aber auch der SWR sollte an diesem Recherche-Wettbewerb teilnehmen.

Ist es nicht wirklich interessant, dass auch „kleine Flaschen“ große Fragen aufwerfen können?

Wilhelm Hahne
 

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