Porträt Frank Schäfer: Barrieren abbauen – Menschen überzeugen – Inklusion umsetzen

Frank Schäfer

Frank Schäfer ist ein Eroberer. Und er hat die letzte Bastion, die noch aussteht, fest im Blick: Burg Landshut, das Wahrzeichen von Bernkastel-Kues, seiner Heimatstadt an der Mittelmosel. Von seinem Wohnhaus aus hat er eine Kamera auf die Ruine gerichtet. Doch seit 1993 ist er nur ein einziges Mal dort oben gewesen. Denn Frank Schäfer sitzt seit einem Unfall mit dem Rennrad im Rollstuhl. Bei der Besichtigung seiner geliebten Burg mussten viele seiner Freunde kräftig zupacken und ihn tragen, damit er wieder den ihm so vertrauten Blick auf seine Heimatstadt genießen konnte. Das soll sich jetzt bald ändern, und daran hat Frank Schäfer seinen Anteil.Nach seinem Radunfa

 

ll musste Schäfer sein Leben radikal neu ordnen. Sein Maschinenbaustudium hat er aufgegeben und auf Informatik umgesattelt: „Etwas ganz anderes. Zwar hätte ich damals das Studium beenden können, man sagte mir aber, dass ich im Rollstuhl kaum eine berufliche Zukunft hätte“, erinnert sich Schäfer. Das sei heute glücklicherweise anders: Die Gesellschaft und Arbeitgeber seien vermehrt sensibilisiert. „Vom heutigen Standpunkt aus hätte ich mein Maschinenbaustudium weitergeführt“, so Schäfer. Doch auch als Diplom-Informatiker hat er Fuß fassen können: Er ist Softwareentwickler an der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz im Bereich der Anwendungsentwicklung. Seine Abteilung erstellt Programme, mit der die große Menge an Daten, die bei der Aus- und Weiterbildung der Polizistinnen und Polizisten entsteht, verwaltet wird. Schäfers Büro ist mittlerweile barrierefrei zugänglich, doch das war nicht immer so: Der Arbeitsplatz befindet sich im dritten Stock und war zu Beginn seiner Anstellung nur über eine Treppe erreichbar. Um das Gebäude barrierefrei zu gestalten, wurde außen ein Lift montiert.

 

Als gewähltes Mitglied in der Schwerbehindertenvertretung der Polizeischule hat Schäfer inzwischen die Aufgabe übernommen, auf Barrieren aller Art aufmerksam zu machen – und somit anderen den Weg zu bereiten, den er selbst schon genommen hat. Auch ist er dafür verantwortlich, bei Einstellungsverfahren dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden.

Den Weg auch für andere ebnen – das tut Schäfer indes nicht nur am Arbeitsplatz: Die Hälfte seiner Freizeit hat er der Eroberung aller möglichen Lebensräume für behinderte Mitmenschen verschrieben. Neben der Schwerbehindertenvertretung an der Polizeischule ist er im Sprecherrat und der Regionalgruppe Trier des Netzwerks Gleichstellung und Selbstbestimmung Rheinland-Pfalz und seit 2005 im Beirat für Menschen mit Behinderungen im Landkreis Bernkastel-Wittlich aktiv. 2009 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des Beirats gewählt. Die Begehung von Möbelhäusern oder von Sportstätten ist ebenso Teil seines Einsatzes wie der Kampf um die Herstellung von Barrierefreiheit nach dem Umzug des Bernkasteler-Fensters, eine Art Mini-Kaufhaus mit Produkten der ortsansässigen Unternehmen. Der Arbeit des Beirates und Frank Schäfers ist zu verdanken, dass der Stadtpark in Bernkastel-Kues für alle zugänglich ist. Der Park war von einer Seite nur durch eine Treppe zu erreichen – jetzt wurde eine Schräge errichtet, so dass nun alle dort Erholung finden können: Menschen im Rollstuhl, Eltern mit Kinderwagen oder Bürgerinnen und Bürger mit Rädern.

„Es gibt auch Menschen, bei denen man nicht sofort erkennt, dass sie eine Behinderung haben. Sehbehinderte Menschen zum Beispiel sind auf gute Kontraste angewiesen. Da gibt es schon noch einige Barrieren, die wir abbauen müssen“, diagnostiziert Schäfer. Antrieb für ihn, weiter für Barrierefreiheit in jeglicher Form ins Feld zu ziehen: „Gesetze werden oben gemacht, aber umgesetzt werden sie unten, in der Kommune, wo das Leben stattfindet. Stück für Stück können wir im Beirat – auch durch die kleinen, unscheinbaren Verbesserungen wie eine Schräge an einer Treppe zum Park – dazu beitragen, die Lebensqualität für alle Menschen zu erhöhen und zu einer inklusiven Sozialraumgestaltung beizutragen.“

Durch seinen Einsatz gegen Barrieren wird ihm dabei manche Ehre zuteil. Zumindest eine davon kam überraschend: die Prinzenwürde beim Karneval in Rachtig. Gemeinsam mit seiner Frau Andrea Feld-Schäfer bildete er 2013 das Prinzenpaar, wobei die beiden „wie die Jungfrau zum Prinzen“ kamen. Für den Umzug wurde der Festwagen extra rollstuhlgerecht umgebaut. Prinzenwürde, Prinzessin, ein stolzer Wagen. Fehlt also nur noch die Burg. Die Restauration der Burg Landshut, die Schäfer von seinem Wohnhaus aus im Blick hat, soll auch Barrierefreiheit bringen und dauert noch an. Aber Frank Schäfer ist guter Hoffnung, auch diese Barriere abzubauen und somit zu mehr Teilhabe am Leben mitten in der Gemeinde beitragen zu können.

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