Überfälliger Perspektivwechsel

Mainz. Zu den vom Wissenschaftsrat vorgelegten „Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems“ erklärt Gunther Heinisch, Hochschulpolitischer Sprecher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Rheinland-Pfalz: „Rheinland-Pfalz stärkt bereits jetzt mit dem Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“ die Finanzierung der Hochschulen im Land. Diese Aufgabe wird mit der Einführung der Schuldenbremse in Bund und Ländern in den kommenden Jahren schwieriger. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats folgen der Erkenntnis, dass die Förderung international wahrnehmbarer Spitzenforschung nicht als alleiniger Zweck eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems in Frage kommen kann.

Nach der einseitigen Ausrichtung der Exzellenzinitiative auf dieses Förderziel und der großen öffentlichen Aufmerksamkeit für Auswahlentscheidungen des vermeintlichen Elitewettbewerbs ist dieser Perspektivwechsel überfällig. Mit den ‚Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems‘ hat der Wissenschaftsrat zentrale Probleme benannt und wichtige Handlungsfelder aufgezeigt: Die Stärkung der Hochschulen steht im Mittelpunkt der Leitlinien für die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems. Eine bessere Grundfinanzierung für die Hochschulen soll befristete Programme ablösen. Die Steigerung der Attraktivität und Qualität in Studium und Lehre soll dabei an Bedeutung gewinnen. Dafür ist eine Neuausrichtung der gemeinsamen Finanzierung durch den Bund und die Länder erforderlich. Der vom Wissenschaftsrat entworfene Zukunftspakt enthält dafür gute Ansätze.

Wenn die Perspektiven des Wissenschaftsrats für neue Formen der Zusammenarbeit des Bundes und der Länder eine Chance bekommen sollen, dann muss das bestehende Kooperationsverbot im Grundgesetz überwunden werden. Auch die Unterstützung dieses Ziels durch den Wissenschaftsrat sollte die CDU auf Bundes- und Landesebene bewegen, ihre Blockadehaltung gegen eine bildungs- und wissenschaftsfreundliche Verfassungsänderung endlich aufzugeben. Die Perspektiven des Wissenschaftsrats zur Steigerung der Attraktivität von Berufswegen in der Wissenschaft enthalten viele positive Ansätze. Statt immer weiter steigender Anteile befristeter Arbeitsverhältnisse sollen die Perspektiven für Beschäftigte an den Hochschulen verlässlicher werden.

Der Vorschlag neuer Personalkategorien jenseits der Professur mit unbefristeter Anstellung und einem hohen Maß an Unabhängigkeit weist dafür in die richtige Richtung und kann dem Wissenschaftssystem insgesamt positive Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen. Nachvollziehbar ist der Vorschlag des Wissenschaftsrats, positive Ergebnisse der bisherigen, befristeten Exzellenzförderlinien zu verstetigen und in neue Finanzierungssysteme – beispielsweise in Verantwortung der DFG – zu überführen. Nicht ohne weiteres erschließt sich dagegen eine vorrangige Notwendigkeit, mit Liebig-Zentren und Merian-Professuren neue, herausragend ausgestattete Instrumente zur Förderung wissenschaftlicher Exzellenz an einzelnen Hochschulen auf den Weg zu bringen.“

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