„Stoppt den Flächenfraß“

Koblenz. Kaum zu glauben: Der Präsident des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, Leo Blum, begrüßt den Vorstoß von Ministerin Ulrike Höfken, das Waldgesetz zu Gunsten der Grünflächen ändern zu wollen. Der Verband wehrt sich sogar gegen jegliche Ausgleichsmaßnahmen, die Acker- und Grünlandflächen verbrauchen. „Stoppt den Flächenfraß“ ist eine Initiative der deutschen Bauern, die vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau unterstützt wird. Rheinland-Pfalz sei mit 42 Prozent Waldflächenanteil das Waldland Nr. 1 in Deutschland. Die Waldfläche habe sich seit 1950 um über 100.000 Hektar auf nunmehr 833.000 Hektar erhöht. Die landwirtschaftliche Fläche habe hingegen im gleichen Zeitraum um 180.000 Hektar auf nunmehr gut 700.000 Hektar abgenommen. Täglich würden der Landwirtschaft durch Bau- und Ausgleichsmaßnahmen fast vier Hektar entzogen. Einer solchen Entwicklung müsse nun einmal im Hinblick auf die Ernährungssituation der Bevölkerung sowie auch hinsichtlich naturschutzrelevanter Aspekte Einhalt geboten werden. Das Ziel Höfkens, nur „wertvolles Grünland“ schützen zu wollen, gehe ihm nicht weit genug. Die gesamte landwirtschaftliche Fläche sei für die Erzeugung von Lebensmitteln und umweltfreundlicher Energie wertvoll und daher zu erhalten. „Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau wehrt sich gegen jegliche Ausgleichsmaßnahmen, die Acker- und Grünlandflächen verbrauchen. Vielmehr darben viele Umwelt- und Naturschutzflächen mehr schlecht als recht vor sich hin“, so Blum. Er fordert vielmehr, Eingriffe in forstwirtschaftliche und landwirtschaftliche Flächen finanziell auszugleichen und diese Mittel für die Entsiegelung von Flächen und die Aufwertung von Biotopen und Schutzgebieten zu verwenden. Keinesfalls dürften diese Ersatzgelder zum Ankauf landwirtschaftlicher Flächen, um diese wiederum dem Naturschutz zuzuführen, eingesetzt werden. Die landwirtschaftlichen Flächen in Rheinland-Pfalz seien mittlerweile so knapp bemessen, dass eine weitere Herausnahme aus der Bewirtschaftung in Anbetracht der Ernährungs- und Klimaerfordernisse nicht mehr zu verantworten sei.

EAZ-Kommentar

Bauernpräsident Blum spricht mit gespaltener Zunge. Seine Argumente sollen scheinbar nur ablenken. Warum bleiben denn immer mehr Ackerflächen als Brachland liegen? Weil die Landwirte Ausgleichszahlungen dafür bekommen, wenn sie die Flächen brach liegen lassen. Warum bauen Landwirte inzwischen Megadächer über ihre Heuballen? Weil sie mit Strom mehr verdienen, als mit Lebensmittelanbau. Warum nimmt die Monokultur mit Maisanbau immer mehr zu? Weil so mancher Landwirt in erster Linie seine Biogasanlage füttert und stark subventionierten Strom damit erzeugt und maßgeblich dazu beiträgt, dass der Nitratgehalt in unserem Grundwasser immer weiter ansteigt. Von wegen landwirtschaftliche Flächen werden  hauptsächlich für die Erzeugung von Lebensmitteln gebraucht. Wer so argumentiert, dem ist das Hemd näher als die Hose. Die Waldflächen zu reduzieren, ist zu kurz gedacht und der falsche Weg.
Der Wald muss umgebaut werden. Es ist wärmer geworden, auch in der Eifel, und es wird noch wärmer: Bis Ende des Jahrhunderts soll die durchschnittliche Jahrestemperatur um bis zu sechs Grad steigen, so die Prognose der Klimaforscher. Wie sich das auf die Natur genau auswirkt, erforscht derzeit die Wissenschaft. Fakt ist: Die höheren Temperaturen beeinflussen auch das Waldwachstum. Nur wie, das ist die noch offene Frage – und eine große Herausforderung für die Waldbauern. Denn die müssen für Generationen im Voraus planen. Was sie heute pflanzen, ist mitunter erst in 100 bis 120 Jahren erntereif. 120 Jahre: Dann könnte auch in der Vulkaneifel mediterranes Klima herrschen. Könnte – denn bislang kennt eben niemand die Wachstumsbedingungen für den Wald der Zukunft. Das scheint Herrn Blum nicht zu interessieren – frei nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut – was interessiert mich, was in 120 Jahren ist“.

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