Schaut denn niemand den Herrschaften auf die Finger?

Gerolsteiner Grünen werfen Stadtbürgermeister May Mauschelei,  Missmanagement und mangelhafte Bauüberwachung vor

Gerolstein. Auf Antrag der Grünen hat sich der Gerolsteiner Stadtrat  in seiner letzten Sitzung mit der Kostenexplosion beim Abriss des Zwischentraktes und Sanierung des linken Traktes am alten Rathaus beschäftigt. Diese Baumaßnahme hat ca. 350.000 Euro gekostet, obwohl ursprünglich nur 215.000 Euro geplant und vom Stadtrat genehmigt worden waren. Es ist damit zu einer Kostenüberschreitung von 50% gekommen. Über die steigenden Kosten wurde der Stadtrat nur nachträglich informiert und es wurden mehre Aufträge ohne Ausschreibungen und ohne Beschluss des Stadtrates bzw. des Bauausschusses vergeben, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.

rathaus_alt_gerolstein_36_13Missstände werden vertuscht

Die Gerolsteiner Stadtratsfraktion der Grünen hält den Beschluss des Stadtrates zu der Kostenexplosion für völlig ungenügend. Allein die Tatsache, dass der Stadtrat es abgelehnt hat, sich detailliert mit dem Antrag der Grünen auseinander zu setzten, weil der letztendlich mit Mehrheit angenommenen Beschlussvorschlag „weitergehend“ sei, spricht für sich. Ist doch der Beschluss des Stadtrates nur sehr pauschal gehalten, ohne detailliert auf die einzelnen Vorgänge einzugehen. Dies zeigt, dass die Mehrheit des Stadtrates nicht an einer wirklichen Aufklärung der Vorgänge interessiert ist, sondern die große Koalition aus Stadtbürgermeister May (parteilos),  CDU und SPD die Missstände vertuschen will. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass die Mehrheit des Stadtrates nur zu einer Diskussion in nichtöffentlicher Sitzung bereit war. Konsequenz dieses Vertuschungsverhalten ist auch, dass gleichzeitig auf die Prüfung eventueller Schadensersatzforderungen verzichtet und der Stadt vermutlich weiterer finanzieller Schaden zugefügt wird.

50% teurer – keine Kostenkontrolle!

Dabei gibt der Stadtrat mit dem Beschluss immerhin indirekt zu, dass es zu Kompetenzüberschreitungen bei der Durchführung des Projektes gekommen ist. Die Grünen haben diese in ihrem Antrag einzeln benannt.  So wurden mehrfach Aufträge vom Stadtbürgermeister May bzw. dem ersten Beigeordneten Lux ohne die notwendigen Beschlüsse des Stadtrates vergeben oder aber diese Beschlüsse im Nachhinein mit wesentlichen Kostensteigerungen  verändert.  Der Vorwurf der Grünen, dass keinerlei Kostenkontrolle sowohl des Stadtvorstandes als auch seitens der Verwaltung stattgefunden hat, konnte nicht entkräftet werden. Im Gegenteil: Es wurde deutlich, dass der Durchführung des Projektes keine solide Planung vorausgegangen war. Die Überschreitung der ursprünglich angesetzten Kosten um mehr als 50% bzw. mehr als 100.000 Euro ist Resultat dieses Missmanagements.

56.000 Euro genehmigt, 140.000 Euro abgerechnet

Dazu kommt eine unglaubliche Vetternwirtschaft. Hatte die Baufirma des SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Lames ursprünglich vom Bauausschuss einen Auftrag in Höhe von 56.000 Euro (siehe Protokoll Bauausschusssitzung vom 17.8.2011) erhalten, wurden letztendlich 140.000 Euro abgerechnet (siehe Protokoll Stadtratssitzung vom 13.3.2012). Die Erweiterung des Auftrages fand ohne entsprechende Legitimation seitens des Stadtrates bzw. Bauausschusses durch Stadtbürgermeister May (parteilos) oder seines Vertreters statt. Der Bauausschuss hatte lediglich einigen weitergehenden Lohnarbeiten für explizit genannte Einzelmaßnahmen in geringem Umfang zugestimmt.

Denkmalpflege nicht beachtet?

Auch auf das Einholen von Vergleichsangeboten bzw. eine öffentliche Ausschreibung einzelner Maßnahmen wurde verzichtet, obwohl dies von der Auftragssumme vorgeschrieben und auch zeitlich ohne Nachteile für die Stadt möglich gewesen wäre. Stattdessen wurde die Firma Lames mit der direkten Vergabe einseitig gegenüber anderen potentiellen Anbietern bevorzugt. Es sei auch anzunehmen – so die Grünen, dass die durchgeführten Arbeiten bei einer regulären Ausschreibung für die Stadt wesentlich günstiger ausgefallen wären. So wurden beispielsweise Fenster im linken Trakt des alten Rathauses für ca. 28.000 Euro verkleinert. Weder die Verkleinerung der Fenster, noch die Vergabe des entsprechenden Auftrags seien durch Beschlüsse des Stadtrates oder eines Ausschusses gedeckt gewesen.  An einer notwendigen und detaillierten Aufklärung dieser Vorgänge ist die große Koalition im Gerolsteiner Stadtrat aber nicht interessiert, stattdessen wird diese Vetternwirtschaft stillschweigend hingenommen.

Mangelhafte  Bauüberwachung

Die Beratung im Stadtrat hat aber auch deutlich die mangelhafte Arbeit der Gerolsteiner Bauabteilung offengelegt. Eine vernünftige Planung des Projektes hat nicht stattgefunden, die Bauüberwachung war trotz täglicher Besuche auf der Baustelle mangelhaft. So wurde darauf verzichtet, sich die Rapportzettel zu den durchgeführten Arbeiten zeitnah vorlegen zu lassen. Zwar wurden angeblich regelmäßig interne Aufzeichnungen über die durchgeführten Arbeiten angelegt. Dennoch zeigte sich auch die Bauverwaltung über die Höhe der Endabrechnung durch die Firma Lames völlig überrascht. Bei einer zeitnahen Kostenkontrolle wäre es zu dieser Überraschung nicht gekommen und es wäre frühzeitig klar geworden, dass der vom Stadtrat genehmigte Kostenrahmen weit überschritten werden wird.

VG Bürgermeister steht in der Pflicht

Auch wenn die Mehrheit im Stadtrat sich weigert Konsequenzen zu ziehen, steht nun Bürgermeister Pauly in der Pflicht entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Dies umso dringender, als es nicht das erste Mal ist, dass Projekte, die von der Gerolsteiner Bauverwaltung betreut werden, kostenmäßig aus dem Ruder laufen. Erinnert sei hier nur an die Sanierung der Realschule Plus und der ersten Planung der KITA in der Raderstraße. Es ist aber zu befürchten, dass auch Bürgermeister Pauly nicht die notwendigen Konsequenzen ziehen wird, hat er doch entgegen seiner sonstigen Gewohnheit darauf verzichtet, an den Beratungen des Stadtrates zu diesem Tagesordnungspunkt teilzunehmen.

EAZ Kommentar

Warum schreitet nicht die Kommunalaufsicht oder sonst ein Kontrollgremium in Gerolstein ein? Nach Meinung der Eifel-Zeitung ist es mehr pikant, wenn Bauunternehmer Herbert Lames (SPD) einerseits im Auftrag der Stadt Gerolstein Bauarbeiten ausführt, dementsprechend für diese Leistungen Rechnungen an die Stadt schreibt  und gleichzeitig in seiner Funktion als Mitglied des Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Gerolstein die eigenen Rechnungen kontrolliert und abzeichnet. Da sind doch Tür und Tor geöffnet, ganz wie in einem Selbstbedienungsladen. Das kann doch bitteschön nicht wahr sein! Wer kontrolliert eigentlich diese Vorgänge. Die Eifel-Zeitung geht davon aus, dass die Ausführungen von Stadtratsmitglied Tim Steen, wie sie hier beschrieben sind, stimmen. Gab es eigentlich in der Vergangenheit irgendein Projekt, wo Stadtbürgermeister May (parteilos) involviert war, das ohne „Geschmäckle“ abgewickelt worden ist? Der Mann kann doch nicht freihändig Aufträge in beliebiger Höhe vergeben, ohne Beschluss des Stadtrates. In Gerolstein wird ja anscheinend noch mehr geklüngelt, als in Köln.

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