Neues Gutachten: Kassen der VG Bernkastel-Kues waren manipulierbar

Erich Klassen versus Ulf Hangert: Wird hier der rheinland-pfälzische Gustl Mollath gebastelt?

Der Fall des Erich Klassen ist in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht. Seit dem Jahr 2011 ist der Mann nach einer Verdachtskündigung der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues ohne Arbeit. Es geht um etwa 1.500 Euro, die er aus der Gemeindekasse entnommen haben soll (die EAZ berichtete). Inzwischen läuft parallel eine Schadensersatzklage, nach der Klassen der VG sogar 184.000 Euro zurückzahlen soll. Bis heute steht weder der angeblich veruntreute Betrag fest, noch dass überhaupt Geld veruntreut worden ist. Fest stehen andere Fakten: Zum Beispiel, dass in der Verbandsgemeindeverwaltung elementare Gesetze der Buchführung wie das Vier-Augen-Prinzip und der Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“ und die Aufbewahrungspflicht behördlicher Unterlagen missachtet wurden. Zum Beispiel, dass Behördenchef Ulf Hangert, der per Gesetz die Gemeindekasse zu organisieren hat, dies mindestens seit 2002 nicht tat. Dass systematisch Buchungsbelege, wenn sie denn vorhanden waren, vernichtet wurden. Und dass die benutzten Barkassen keinesfalls manipulationsgeschützt waren. Für 8 Dollar ist die benötigte Software von jedermann im Netz zu haben. Das bescheinigt jetzt ein zweites Gutachten.
Haben Unterlagen Beine?

Das angestrebte Ermittlungsverfahren gegen Hangert legte offen, wie in dessen Behörde mit Bußgeldbelegen verfahren wurde: „Soweit der Betroffene das Verwarngeld bezahlt habe, ob nach schriftlicher Verwarnungsanhörung oder davor, seien die gesamten Unterlagen 6 Monate nach der Bezahlung vernichtet worden.“ Dieses Zitat stammt aus dem Einstellungsbescheid von Staatsanwalt Dr. Nannen, der Hangerts Argumentation folgte, „er könne kein pflichtwidriges Verhalten seinerseits erkennen“.

Allerdings schreibt das Gesetz eine Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren vor. Dennoch schlussfolgert Nannen: „Bei dieser Sachlage sind zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen von Vorsatz getragenen Verstoß gegen gesetzliche Aufbewahrungsbestimmungen zu verneinen.“ Klassens Anwälte fragen sich, wie Papiere ohne Vorsatz vernichtet werden können. „Wandern in Bernkastel Unterlagen auf eigenen Beinen in den Schredder?“

Andere Unterlagen werden ebenfalls hartnäckig nicht vorgelegt. Die Führerscheinanträge, die die VG für die Kreisverwaltung entgegengenommen habe, seien dort in Verwahrung. Wo genau, weiß niemand. Der Kreisverwaltung fehle das Personal, um danach zu suchen, ließ Landrat Gregor Eibes verlauten. Auch in diesem Punkt sehen Klassens Anwälte Ermittlungsbedarf: Die VG habe nur einen Teil des eingenommenen Geldes an die Kreisverwaltung geleitet; sehr wohl habe sie auch eigene Einnahmen aus Führerscheinen gehabt.

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