Liebe Genossinnen, liebe Genossen!

Noch haben wir Demokratie in dieser unserer Bundesrepublik Deutschland. Wollt Ihr wirklich in Kürze diese deutsche Demokratie abschaffen? Am 22.09.2013 haben von rund 62 Millionen wahlberechtigten Bundesbürgern 44.309.925 ihre Stimme abgegeben und ihre Kandidatinnen und Kandidaten für den Deutschen Bundestag gewählt. Dies sind die Volksvertreter, die eigentlich darüber zu bestimmen haben, wie welche Regierung gebildet wird und welches Programm verabschiedet wird. Doch davon haben sich die Genossinnen und Genossen längst verabschiedet. Sie akzeptieren das Wählervotum nicht und wollen, dass die etwa 470.000 SPD-Parteimitglieder bestimmen, ob es eine Große Koalition gibt oder nicht.

Nicht die rund 44,3 Millionen Bundesbürger, die zur Wahl gegangen sind, bestimmen somit über die Regierung sondern diejenigen der 470.000 SPD-Mitglieder, die sich an der Pro- oder Gegen-Große-Koalition-Abstimmung beteiligen werden. Das ist absurd und ein Schlag ins Gesicht der Demokratie in Deutschland.

Hätte die FDP ein paar Zehntausend Stimmen mehr bekommen und damit die Fünf Prozent-Hürde geschafft, dann hätte es für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb gereicht. Ob man die AfD zum konservativen Lager rechnen sollte oder nicht, bleibt einmal dahingestellt, aber die meisten Wähler haben konservativ gestimmt. Fakt ist jedenfalls, dass die überwältigende Mehrheit der Wähler der Bundestagswahl 2013 nicht sozialistisch-rot, nicht kommunistisch-rot und auch nicht schizophren-grün gewählt haben, sondern konservativ. Dass die SPD jetzt so tut, als hätte sie mit 25,7 Prozent die Wahl gewonnen, ist unverständlich und dumm. Wahlsiegerin war eindeutig mit 41,5 Prozent Angela Merkel und damit die CDU und CSU. 15,8 Prozent der Stimmen wurden aufgrund der Fünf-Prozent-Klausel nicht berücksichtigt (das ergibt sich aus 4,8 % FDP, 4,7 % AfD, 2,2 % Piraten und 4,1 % andere Splitterparteien). Das sind fast sieben Millionen verlorene Stimmen. Wäre die CDU/CSU auf 42,1 Prozent der abgegebenen und gültigen Stimmen gekommen, also nur 0,6 Prozentpunkte mehr, dann hätte sie eine knappe Mehrheit.

Im Bundestag sind 631 Abgeordnete. Die kleinste denkbare Mehrheit beträgt also 316. CDU und CSU erhielten bei der Bundestagswahl 2013 insgesamt 311 Sitze und damit 72 Sitze mehr als bei der Bundestagswahl 2009. Die SPD rutschte auf nur noch 193 Sitze und verlor damit 47 Sitze. Interessant ist, dass CDU und CSU bei den Erststimmen 45,3 Prozent erhielten.
Dass die SPD, die nur etwa ein Viertel der gültigen Wählerstimmen erhielt und insgesamt nur von 18,38 Prozent der Wahlberechtigten gewählt wurde, jetzt übertriebene, überzogene Forderungen bei den Koalitionsverhandlungen stellt, ist unfair, unsachlich, unverständlich und dem miesen Wahlergebnis der SPD überhaupt nicht angemessen. Und dass bei den Erststimmen 1,5 Prozent der ausgezählten Stimmen und bei den Zweitstimmen 1,3 Prozent ungültig waren, ist eigentlich auch kurios. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 71,5 Prozent.

Der Abstand zwischen Union und SPD war noch nie so groß wie jetzt. Die Sozialdemokraten sollten Demut zeigen, anstatt trotz ihrer Wahlniederlage dem ganzen Land ihre zum großen Teil kuriosen Programmpunkte aufzwingen zu wollen. Die Union sollte so klug sein und gegebenenfalls die Koalitionsverhandlungen mit der SPD beenden. Der Wähler hat sich klar entschieden, und das sollten auch alle Koalitionsverhandlungsbeteiligten wissen, und wenn sie es nicht wissen wollen oder nicht danach handeln, dann müssen leider Neuwahlen her, auch wenn dies eigentlich unnötig erscheint.

Aber wie Gabriels SPD-Sozialisten sich schlussendlich verhalten, ist jetzt noch nicht komplett absehbar. Wenn die Verhandlungsführer der CDU/CSU und SPD dann doch am Ende hoffentlich zu einem guten, tragfähigen Ergebnis kommen, dann dürfen doch die auf vielleicht 10 bis 20 Prozent geschätzten SPD-Parteimitglieder durch den Mitgliederentscheid nicht letztendlich über das faktische Ergebnis der Bundestagswahl entscheiden. Noch haben wir eine Demokratie, und die darf nicht von der SPD-Basis kaputtgemacht werden.

Der Mitgliederentscheid, den SPD-Parteichef Sigmar Gabriel im Sommer vorgeschlagen hatte, um der SPD den Weg in die wohl ungeliebte Große Koalition zu ebnen, ist inzwischen zum unkalkulierbaren Risiko geworden mit absolut weitreichenden Folgen für die Parteien, für Deutschland, für Europa und für die Demokratie. Was anfangs noch wie eine gute Idee ausgesehen hatte, um die unwillige Basis der SPD einzubinden und die Union in den Koalitionsverhandlungen unter Druck zu setzen, ist zwischenzeitlich zum Albtraum für die gesamte SPD-Parteiführung geworden. Je näher das Ende der Koalitionsverhandlungen rückt, desto größer wird die Sorge der SPD-Spitzenleute, dass die etwa 470.000 SPD-Mitglieder am Ende mehrheitlich die Zustimmung verweigern. Vielleicht werden sich sogar 40 Prozent der Mitglieder am Votum beteiligen, und dann reichen lediglich 100.000 Nein-Stimmen, um in Deutschland etwas auszulösen, das man vielleicht eine Staatskrise nennen müsste.

Das Schicksal der europäischen Führungsmacht liegt in der Hand der wahlbereiten SPD-Basis. Da geht es möglicherweise gar nicht um den Koalitionsvertrag sondern darum, „alte Rechnungen“ mit der SPD-Führung zu begleichen. Die Basis der SPD ist offensichtlich frustriert. Aber die SPD-Basis sollte demokratisch genug sein, um das schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl 2013 zu akzeptieren. Den Wähler kann man nicht zwingen, sozialistisch-SPD zu wählen. Wenn jetzt auch noch die Schröder’sche Agenda 2010 totgefahren wird, dann wird dies dem Land nicht gut tun. Deutschland geht es derzeit innerhalb der EU noch relativ gut, und da sollte sich auch die SPD-Basis so verhalten, dass dies so bleibt. Wie die sich aber verhält, und auch ein Teil ihrer Führung, lässt nur Böses für den Standort Deutschland erahnen. Denken die SPD-Mitglieder rational? Oder wollen sie jetzt den ganzen Frust des vergangenen Jahrzehnts ablassen?

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