Lemke plädiert für Kooperation beim 1. Energiewende-Kongress

Mainz. „Die Energiewende ist keine technische Angelegenheit, bei der es darum geht Kilowattstunden zu berechnen, sondern eine gewaltige gesellschaftliche und ökonomische Herausforderung. Wir brauchen Akzeptanz, Motivation und die Kooperation vieler, um beim Umbau unserer Versorgung hin zu erneuerbaren Energien erfolgreich zu sein“, stellt Wirtschaftsministerin Eveline Lemke anlässlich des ersten rheinland-pfälzischen Kongresses „Zukunftsthema Energiewende: Vision 2030“ fest. „Die neue Energieagentur Rheinland-Pfalz steht mit den Akteuren der Energiewende in engem Kontakt und hat die Aufgabe. Multiplikatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik sowie Bürger dauerhaft zu vernetzen.

Die Akzeptanz für die Energiewende bleibt nur dann hoch, wenn Bürgerinnen und Bürger von ihr profitieren. Bürger sind als Partner auf Augenhöhe zu sehen – auch als Investoren, Planer und Energiekonsumenten – das ist mehr als sie nur mitzunehmen. Der Kongress trägt diesen wichtigen Austausch, der in Zukunft immer breiter fortgeführt wird.“ Erstmals hat die Energieagentur Rheinland-Pfalz zwei Tage lang nach Mainz eingeladen, um mit Experten Aktionsfelder wie Wirtschaft, Stadt, Ländlicher Raum, Mobilität, Energie-/Infrastrukturnetze sowie Leben und Soziales mit Blick auf die Energiewende in Rheinland-Pfalz zu untersuchen. Rheinland-Pfalz will bis 2030 seinen Stromverbrauch bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien bestreiten.

Bis 2020 soll die Stromerzeugung aus Windkraft gegenüber dem Stand von 2010 auf 8,4 Terawattstunden verfünffacht und Strom aus Photovoltaik von derzeit 1,2 auf über zwei Terawattstunden gesteigert werden. Dazu gehören ausgebaute und intelligente Netzinfrastrukturen ebenso wie die Fortentwicklung von Energieeffizienz und -einsparung. Wie die „Vision“ von einer erneuerbaren Energieversorgung, die das Klima schützt, Wirklichkeit wird, dazu zeigte der Kongress gangbare Wege auf.

Rund 200 Teilnehmer diskutierten beim Kongress mit der Ministerin und Referenten, darunter Prof. Wolfgang Christ, Bauhaus-Universität Weimar/Urban INDEX Institut; Dr. Peter Eckerle, StoREgio GmbH; Landrat Bertram Fleck, Rhein-Hunsrück-Kreis; Ralf Hellrich, Geschäftsführer HWK der Pfalz; Dr. Herbert Kemming, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung; Prof. Dr. Petra Schweizer-Ries, Hochschule Bochum sowie Oliver Rechenbach und Christina Kaltenegger von der Energieagentur Rheinland-Pfalz.

Ministerin Lemke: „Besonders beeindruckt hat mich an beiden Kongresstagen die leidenschaftliche und doch jederzeit von sachlichen Argumenten getragene Diskussion. Darüber, dass die Energiewende ein großes Zukunftsthema mit enormen Chancen ist, besteht Einigkeit. Wie wir dieses gesellschaftliche Projekt aber im Einzelnen gestalten, darüber besteht großer Gesprächsbedarf. Energie ist ein Riesenthema, das jeden und jede Ebene erreicht – vom Einzelnen in seinem Privathaus bis hin zu den großen Wirtschaftsunternehmen.“ Lemke kündigte an, künftig jährlich zum Energiewende-Kongress der Energieagentur einzuladen.

Dass die Energiewende für den ländlichen Raum umfangreiche Chancen bietet, brachte Landrat Bertram Fleck, Rhein-Hunsrück-Kreis, auf den Punkt: „Wir wandeln Energieimportkosten in regionale Arbeitsplätze und Wertschöpfung um. Erneuerbare Energien sind die Zukunftschance für den ländlichen Raum zur Bewältigung der enormen Herausforderungen aus dem demografischen Wandel!“

Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz, stellte fest: „Die Energiewende schafft und erhält Arbeitsplätze. Rheinland-Pfalz verschafft sich so Standortvorteile bezüglich der Arbeits- und Lebensqualität.“

Handlungsbedarf bei der Ausgestaltung der Energiewende stellten einige Redner insbesondere für Energie- und Infrastrukturnetze fest. Dr. Peter Eckerle, StoREgio GmbH: „Zukünftige Energiesysteme erfordern ein hohes Maß an Flexibilität. Hohe Kosten und Unsicherheit bei zukünftigen regulatorischen Rahmenbedingungen stellen die wesentlichen Hürden für eine breite Anwendung dar.“

Dr. Herbert Kemming, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, lenkte den Blick auf nachhaltige Mobilität und appellierte, mit der Energie- auch die Verkehrswende zu realisieren: „Sie bedeutet insbesondere in den Städten und Quartieren mehr Zu-Fuß-Gehen, mehr Radverkehr, mehr Aufenthaltsqualität in den Straßen und die Sicherung der Nahversorgung. Ganz nebenbei wird dabei auch nennenswert CO2 eingespart.“

Dass die Energiewende weit mehr umfasst als ein technisches Projekt, mahnte Professor Wolfgang Christ, Bauhaus Universität Weimar/Urban INDEX Institut, an: „Die Energiewende kann als Gemeinschaftsprojekt nur gelingen, wenn die Vision vom besseren Leben als sozio-kulturelle Impulskraft den technisch-rationalen Zweckcharakter überstrahlt!“

Als gesellschaftliches Transformationsprojekt versteht auch Prof. Dr. Petra Schweizer-Ries, Hochschule Bochum, die Energiewende: „Die Energiewende ist nicht machbar ohne Berücksichtigung und Einbeziehung individueller, sozialer und gesellschaftlicher Aspekte.“

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