Landkreis Vulkaneifel lässt die Kommunalverwaltungsreform staats- und verfassungsrechtlich prüfen

Landkreis Vulkaneifel. Ein Gutachten von Prof. Dr. Janbernd Oebbecke von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster soll Aufschluss darüber geben, ob die Kommunalverwaltungsreform staats- und verfassungsrechtlich überhaupt stand hält. Entgegen aller Vorworte, favorisiert das Innenministerium im Vorgriff eine kreisüberschreitende Fusionslösung zwischen den VG’s Obere Kyll und Prüm. Damit würde das Land vermeidbare und unzulässig Fakten schaffen, die erst bei einer zweiten, noch völlig offenen Stufe  der Kommunalverwaltungsreform zu diskutieren sind. Politik muss einlenken
Was den Kommunalen Verwaltungsreform-Prozess (KVR-Prozess) allgemein betrifft,  kommen derzeit kaum deutliche Stimmen aus den Gruppierungen und Parteien des Vulkaneifel-Kreistages. Das mag sicherlich mit den Wahlen zusammenhängen. Landrat Thiel meldet sich im Auftrag des Kreistages in Richtung Innenministerium zu Wort.  Er sieht in dem laufenden KVR-Prozess seinen Auftrag, insbesondere als Bürger-Landrat, sich für das Gemeinwohl im Landkreis einzusetzen. Thiel: „Wir können es als Region Vulkaneifel, in der wir Leben und Wirtschaften nicht hinnehmen, dass wir durch eine politische Entscheidung an der Oberen Kyll ohne Beteiligung einer vorgezogenen Bindung im Hinblick auf eine wohl vom Ministerium gewollte Fusion mit dem Eifelkreis Bitburg-Prüm ausgesetzt werden“.

Kreisinterne Fusion umsetzbar
Inzwischen haben die VG Hillesheim und VG Gerolstein  wieder Fusionsgespräche aufgenommen. Die Ortsgemeinde Steffeln (VG Obere Kyll) will sich der VG Gerolstein anschließen. Weitere Ortsgemeinden der VG Oberen Kyll planen mit Bürgerbeteiligung eine optionale Angliederung an die VG Gerolstein. Die vielen positiven Signale zu einer kreisinternen Fusionen sieht nicht nur Landrat Thiel, wie vom Land ursprünglich erwartet, als umsetzbar an. Viele Ratsmitglieder in den betroffenen Gemeinden sehen das genauso.

Allerdings wurde eine kreisinterne Lösungen nach einem Schreiben des Innenministers vom 30. Januar 2014 wesentlich behindert oder gar unmöglich gemacht. Dies vor dem Hintergrund, dass zuvor kreisübergreifende Fusionswünsche von Verbandsgemeinden über Kreisgrenzen hinweg, wie z.B. zwischen den Verbandsgemeinden Daun und Manderscheid, grundsätzlich nicht zugelassen wurden. Dies wurde so auch mit dem Landkreistag Rheinland-Pfalz und dem Gemeinde- und Städtebund in Grundsatzgesprächen zum Kommunal- und Verwaltungsreformgesetz festgelegt. Entsprechend liegen hier auch Abwägungsfehler gegenüber der VG Manderscheid vor, die sich zur VG Daun orientieren wollte und nicht durfte. Inzwischen werden Fusionen über Kreisgrenzen hinweg vom Ministerium sogar finanziell unterstützt. Die Konzeptlosigkeit der Landesregierung ist deutlich erkennbar.

Erste Fusionsgespräche mussten scheitern  
Die Fusionsgespräche im Landkreis Vulkaneifel scheiterten auch daran, weil gesplittete VG-Umlagesätze nach der Fusion zweier oder mehrerer VG‘s seitens des Innenministeriums nicht in Betracht gezogen werden durften, nach dem Scheitern kreisinterner Fusionsüberlegungen zum Ende der Freiwilligkeitsphase dann jedoch als neue Möglichkeit eröffnet worden sind.

Im Gutachten von Herrn Prof. Dr. Martin Junkernheinrich steht auf Seite 55, dass zur Schaffung homogener Einheiten auch mit Blick auf die Erreichbarkeit und Bürgernähe Obergrenzen für eine maximale Größe der Neugliederungen festzulegen sind. Mit einer Fläche von 602 qkm und 58 Ortsgemeinden würde eine neue VG Prüm/Obere Kyll diese Größenordnungen bei Weitem überschreiten und den Grundüberlegungen des KVR-Gesetzes widersprechen.

Im Herbst 2013 wurde im Innenministerium durch die Bürgermeisterinnen der VG’s Obere Kyll und Hillesheim in Anwesenheit des Bürgermeisters der VG Gerolstein und dem Landrat deutlich signalisierte Bereitschaft zu einer Dreier-Fusion auf freiwilliger Basis dadurch erschwert, dass u.a. vom Land für eine favorisierte Dreier-Fusion nur eine einfache Prämie von rund 2,5 Mio. Euro in Aussicht gestellt wurde, obwohl diese Konstellation landesweit einmalig und in der tatsächlichen Ausgestaltung den Charakter von zwei Fusionswirkungen entfacht hätte. Diese Option wäre insbesondere den Entschuldungserwartungen der VG Oberen Kyll wesentlich unterstützender entgegen gekommen. Diese gute Option war vom Land nicht erwünscht.

Traumvorstellung bei der Finanzierung
Man denke nur an die Tatsache, dass bei Inkrafttreten einer neue VG Prüm nicht nur Wasser und Abwasser erheblich teurer wird, sondern auch der VG unterschiedlich zugeordnete Solidarpakt in Sachen Windkraft in Frage gestellt werden muss und der Selbstfinanzierungswunsch der Oberen Kyll  bei einem späteren Anschluss an den Eifelkreis durch deren progressive Umlagebesteuerung für steuer- und finanzstarke Ortsgemeinden zu einem kompletten Ausfall der eh kaum zu erwartenden gewünschten Schuldentilgungsrate (rd. 7% der Umlagedifferenz) und einer Umlage inkl. VG-Umlage teilweise über 100% bedeuten kann. Spätestens dann, wenn die  Niedrigzinsphase vorbei ist, würden die Gesichter immer länger werden. Die finanzielle Katastrophe wäre vorprogrammiert.

Land sperrt sich
Nachdem sich in der Folge zum Ende der Freiwilligkeitsphase der VG-Rat Hillesheim gegen jedwede Fusionsgespräche ausgesprochen hatte, verfolgte die nicht dem KVR-Gesetz unterliegende VG Gerolstein freiwillig Fusionsgespräche einer optionalen Zweier-Fusion mit der VG Oberen Kyll. Nach  Rücksprache mit dem Innenministerium über eine mögliche Genehmigung, wurde dies in Aussicht gestellt, insofern die neu zu bildende Verbandsgemeinde dann auch die vom KVR-Gesetz berührte VG Hillesheim – gegen deren Beschlusslage – mit einbeziehen möge.

Diese Vorgabe von Seiten des Landes hat faktisch eine Sperrwirkung für die Fortführung weiterer kreisinterner Fusionsgespräche bewirkt. Die konstruktiv angelegten Ansätze von Landrat Thiel zu einem großen runden Tisch wurden mit Hinweisen auf die Freiwilligkeitsphase vom Land bis dahin abgelehnt. Warum?

Kreisübergreifende Fusion bedeutet das Ende  
Gesetzt den Fall, die VG Obere Kyll würde mit der VG Prüm, wie vom Innenministerium laut angedacht, tatsächlich kreisgrenzenüberschreitend verschmolzen werden, dann  würde der nördliche Landkreis Vulkaneifel von einem Selbstverwaltungsgremium in Prüm verwaltet werden und die Region würde sich nachteilig zu einem Randgebiet mit erheblichen strukturellen Fragezeichen entwickeln. In solch einem Fall wäre der gesamte Landkreis Vulkaneifel elementar betroffen. Die Auswirkungen hätten für alle restlichen Ortsgemeinden finanzielle und strukturelle Auswirkungen, wie man es sich derzeit noch nicht vorstellen kann. Ist das die Marschrichtung im SPD-geführten Innenministerium?

Kämpfen ist angesagt
Die gewollte Verwaltungsreform hat im Übrigen nichts mit dem gewollten Entschuldungsplan der Landesregierung zu tun. Erst in der zweiten Stufe der Verwaltungsreform sollen Landkreise fair und auf Augenhöhe alle Optionen prüfen und nicht mit „Insolvenz-Resten“ gezwungenermaßen verfassungsrechtlich bedenklich nur eine Option verfolgen. Warum sollte sich der Landkreis Vulkaneifel  nicht mit anderen Nachbarkreisen zu einer neuen starken Verwaltungskörperschaft  zwischen den Oberzentren Trier und Koblenz  zusammenschließen? Warum sollten derartige und noch viel bedeutendere Belange unserer Selbstverwaltungsrechte heute schon – ungefragt – aufgegeben werden?

Jetzt ist aber Kämpfen angesagt, für den Erhalt des Landkreises Vulkaneifel – nicht für dessen Zerschlagung, wie es vornehmlich die SPD in der Landesregierung auf Biegen und Brechen durchzusetzen scheint. Nicht ganz schuldlos an dieser Situation war zweifellos der Amtsvorgänger von Landrat Thiel. Der hat nämlich so gut wie nichts gemacht in Sachen KVR.

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