Interview mit Gordon Schnieder

EAZ: Herr Schnieder, Landrat Heinz Onnertz hat bereits jetzt seinen Rücktritt zum 31.03.2013 erklärt. Waren Sie von der Rücktrittsankündigung überrascht?

Schnieder: Ja, die Rücktrittsankündigung kam für mich sehr überraschend. Ich respektiere den Rücktritt und sehe ihn in der Gesamtfolge und in der Begründung, die Heinz Onnertz im Hinblick auf das fehlende Vertrauen und die mangelnden Mehrheiten gemacht hat, als konsequent an. Ganz sicher spielte für die Entscheidung von Onnertz aber auch der Termin 30.06. eine bedeutende Rolle.

EAZ: Warum ist der Termin 30.06.2012 in diesem Zusammenhang so wichtig?

Schnieder:  Das Landesbeamtengesetz ist zum 01.07.2012 geändert worden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand für die Wahlbeamten, also auch für den Landrat, die Möglichkeit, auf Antrag bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Altersruhestand einzutreten. Ab dem 01.07.2012 ist dies erst ab dem vollendeten 65. Lebensjahr möglich. Da Heinz Onnertz Anfang 2013 sein 63. Lebensjahr vollendet, war es für ihn notwendig, noch vor dem 30.06. dieses Jahres den Antrag auf den Altersruhestand zu stellen.

EAZ: Der scheidende Landrat wirft Ihnen eine Blockadepolitik im Kreistag vor. Was sagen Sie zu diesem schwerwiegenden Vorwurf?

Schnieder:  Zu allererst darf ich daran erinnern, dass die CDU keine Mehrheit im Kreistag hat. Wir müssen daher für unsere politischen Ansichten Mehrheiten suchen. Das ist uns in letzter Zeit häufig gelungen. Wir haben unsere Beschlussvorschläge mit den Stimmen von BUV, Teilen der FDP und mitunter auch der LINKEN mehrheitlich durchbringen können. Genauso stimmen wir Vorschlägen anderer Gruppierungen zu, wenn uns diese überzeugen.

Ich möchte auch feststellen, dass es eine Blockade zu keiner Zeit gegeben hat. Der Kreistag ist nicht dafür gewählt worden, die Vorschläge von Landrat Heinz Onnertz abzunicken und durchzuwinken. Der Landrat hat wechselnde Mehrheiten zu akzeptieren und zu respektieren. Und er hat zu akzeptieren, dass eine Mehrheit in den vergangenen Monaten vielen seiner  sachpolitischen Vorstellungen nicht mehr gefolgt ist.

EAZ: Kann man den Landrat mit der „Blockade“ vielleicht so verstehen, dass er in vielen Fällen keine Mehrheiten mehr für seine Vorschläge hatte?

Schnieder:  Was den Landrat zu der Aussage bewogen hat, weiß ich nicht. Ich möchte sie auch nicht deuten und auslegen. Nochmals: Es hat keine Blockade im Kreistag gegeben. Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Abstufung von Kreisstraßen, wo uns Landrat Onnertz eine Mitsprache verweigert hat und erst das Verwaltungsgericht Trier im Klageverfahren das Beteiligungsrecht des Kreistages klar herausgestellt hat. Wenn seine Äußerungen zur Blockade stimmen würden, müsste er auch beim Verwaltungsgericht Trier von einer Blockadepolitik sprechen.

EAZ: Es wird gerne betont, dass der Landrat in einer Urwahl von den Bürgerinnen und Bürgern mehrheitlich gewählt worden ist und man dieses Votum auch im Kreistag zu respektieren habe.

Schnieder:  Dann darf ich daran erinnern, dass auch der Kreistag bei den letzten Kommunalwahlen 2009 von den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises in seiner jetzigen Zusammensetzung gewählt worden ist. Und er hat feste Beschlusskompetenzen, für die er selber verantwortlich zeichnet. Und der Kreistag steht in der Verpflichtung, in der Sache das beste Ergebnis zu erzielen. Und er ist dieser Verpflichtung meiner Ansicht nach auch umfassend gerecht geworden.

EAZ: Das Thema Kreisstraßen, Sie sprachen es vorhin an, erregt auch heute noch die Gemüter. Der scheidende Landrat spricht fast ausschließlich von Einziehungen, Sie sprechen fast ausschließlich von Abstufungen. Können Sie die Thematik aus Ihrer Sicht noch mal für den Leser erläutern?

Schnieder:  Gerne! Einziehung von Kreisstraßen bedeutet, dass der Landkreis Eigentümer der Straße bleibt, die Straße aber stilllegt. Sie ist für den allgemeinen Verkehr nicht mehr zu nutzen. Die Einziehung von Straßen stellt auch keine große rechtliche Diskrepanz zwischen Kreistag und Landrat dar. Das Gesetz ist hier eindeutig. Der Kreistag hat letztlich die Beschlusskompetenz. Die Mehrheit im Kreistag wollte ehemals per Beschluss nur deutlich machen, dass sie Einziehungsvorschlägen des Landrates, und davon gab es ehemals zwei, nicht zustimmen wird.

EAZ: Anderes ist dies bei der Abstufung von Kreisstraßen, wo der Landkreis sein Eigentum an den Straßen auf die Ortsgemeinden überträgt. Allerdings werden hier nicht nur Eigentumsverhältnisse, sondern vor allem Kosten und Probleme auf die Ortsgemeinden und die Bürger übertragen. Das halten wir so lange für falsch, so lange der Landkreis Zuwendungen vom Land erhält, die höher sind, als die jährlichen Unterhaltungskosten der Straßen. Warum also auf Geld verzichten und gleichzeitig die Ortsgemeinden und die Bürger belasten?

Schnieder:  Der Landrat war hier der Auffassung, dass der Kreistag keine Beschlusskompetenz bei der Abstufung von Kreisstraßen habe und hat in der Vergangenheit am Kreistag vorbei die entsprechenden Abstufungen einfach verfügt. Der Kreistag war hier anderer Auffassung. Und diese Auffassung, dass der Kreistag auch hier zwingend im Verfahren mit Beschlusskompetenz einzubinden ist, hat das Verwaltungsgericht schlussendlich bestätigt.

EAZ: Wie werten Sie den vor Gericht geschlossenen Vergleich?

Schnieder:  Der geschlossene Vergleich vor dem Verwaltungsgericht in Trier hat eindeutig die Rechte des Parlaments, also des Kreistages, gestärkt. Eines sollte uns in diesem Zusammenhang klar sein: Demokratie kostet Zeit und Aufwand! Zurzeit gibt es klare Mehrheiten, die sowohl möglichen Abstufungen von Kreisstraßen als auch eventuellen Einziehungen die Zustimmung verweigern werden. Nach der nächsten Kommunalwahl kann dies auch wieder anders sein. Eine Bestandsgarantie gibt es insoweit nicht.

EAZ: Welche Meinung vertritt die CDU zur Kommunal- und Verwaltungsreform?

Schnieder: Wir haben schon immer gefordert, dass vor der Diskussion über eventuelle Gebietsänderungen, eine Aufgabenkritik stehen  muss, die alle Ebenen betrifft und damit auch die staatliche Ebene beinhaltet. Und auf kommunaler Ebene darf auch nicht nur die Ebene der Verbandsgemeinden in die Überlegungen einbezogen werden, sondern alle kommunalen Ebenen müssen ganzheitlich betrachtet werden. Es muss eine Reform aus einem Guss entstehen können. Wenn dann herausgearbeitet wäre, welche Ebene für welche Aufgaben künftig zuständig ist, dann könnten auch daran angepasst vernünftige und sinnvolle Gebietskulissen herausgearbeitet werden. Und dabei wäre es natürlich denkbar, dass je nach Aufgabenstruktur auch kleine Landkreise ihre Daseinsberechtigung behalten. Nun hat aber die Landesregierung einen anderen Weg eingeschlagen. Und erstmal sind wir an die gesetzlichen Vorgaben auch in unseren Überlegungen gebunden.

EAZ: Was sagen Sie zu den Äußerungen von Landrat Heinz Onnertz in einer Bürgerversammlung in der Verbandsgemeinde Obere Kyll – der Landkreis Vulkaneifel sei nicht mehr zu halten?

Schnieder:  Wir sollten schleunigst damit aufhören, den Landkreis kaputt zu reden. Wie eben ausgeführt bedarf es erst einer Aufgabenkritik. Wenn wir wissen, wer was zu erledigen hat, können wir auch belastbare Aussagen zu sinnvollen Größen der Gebietskörperschaften machen.

EAZ: Ein letzter Punkt: Gibt es eine Koalition zwischen CDU, BUV und Linken im Kreistag?

Schnieder:  Nein, es gibt keine Koalition. Wenn ich aber an die Wahl der Kreisbeigeordneten denke, wo der CDU als mit Abstand stärkster Fraktion kein Beigeordneter zugestanden wurde, sehe ich, dass andere wohl eher Koalitionen eingegangen sind. Da wir keine Mehrheit im Kreistag haben, sind wir bestrebt, den Wettstreit um die besten Argumente in den Vordergrund unserer Sachpolitik und der Mehrheitsfindung zu stellen. Auch wenn möglicherweise andere auf öffentliche Emotionen schauen, steht für uns das sachorientierte Handeln im Vordergrund.

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