Energiefrage als Bewährung für Schöpfungsverantwortung

Münchner Umweltexperte spricht bei politischem Abend in Trier

Trier. „Die Energiefrage ist die Bewährungsfrage der Schöpfungsverantwortung.“ Das hat Professor Dr. Markus Vogt bei seinem Vortrag am 19. September im Bischöflichen Generalvikariat in Trier betont. Die Energiewende in Deutschland sei nicht nur eine technische Herausforderung, sondern habe auch eine soziale Dimension, erklärte Vogt bei der sechsten Veranstaltung der Reihe „Politische Abende im Wahljahr 2013“ des Katholikenrats im Bistum Trier. Es gehe auch um „eine Wende in unseren Köpfen, was das Wohlstandsverständnis angeht“, sagte Vogt, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München Christliche Sozialethik lehrt.

Die derzeitige Situation sei vergleichbar mit den epochalen Veränderungen, wie sie die Industrialisierung bewirkt habe. Heute gelte es, „den Übergang ins postfossile Zeitalter“ zu gestalten, erklärte Vogt, der zu den führenden Umweltexperten der katholischen Kirche in Deutschland gehört und Berater der Bischofskonferenz für ökologische Fragen ist. Vogt erläuterte, die starke Preissteigerung beim Strom habe nicht nur mit der EEG-Umlage zu tun, sondern sei durch eine Fülle verschiedener Faktoren bedingt. Dazu gehörten etwa die Vergünstigungen für die Unternehmen: Die großen Unternehmen in Deutschland verbrauchten 18 Prozent des Stroms, zahlten aber weniger als ein Prozent der Kosten.

Auch die externen Kosten bei den konventionellen Energien würden bei den Berechnungen nicht genügend berücksichtigt. So seien etwa die Kosten für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls nicht „eingepreist“. Damit die Energiewende in Deutschland gelingt, brauche es „einen Ausbau der Netze, intelligente Netze und eine sinnvollen Mix an dezentraler und zentraler Versorgung“. Vogt nannte drei zentrale Strategien für ein Gelingen der Energiewende: Subsistenz, also die Ersetzung der bisherigen Energien Atom, Kohle und Öl durch erneuerbare Energie; eine Steigerung der Effizienz, wo Einsparungen von bis zu 40 Prozent möglich seien; und Suffizienz, eine drastische Senkung des Energieverbrauchs insgesamt.

Dabei gehe es auch darum, ein neues Verständnis von Wohlstand und „gutem Leben“ zu entwickeln, das nicht von immer mehr Besitz und Konsum bestimmt werde. „Reichtum ist zu wissen, was ich nicht brauche“, zitierte Vogt Mahatma Gandhi. Die Energieversorgung sei eine „fundamentale Strukturfrage“ für die Welt – auch deshalb sei es so wichtig, dass die Energiewende in Deutschland gelinge. Auf Fragen der Besucher nach der Rolle der Kirche in der Energiewende war die Antwort Vogts eindeutig: „Die Kirche tut zu wenig.“ Zwar gebe es eine Fülle positiver Initiativen im kirchlichen Bereich. Aber wenn Diözesen beim Abschluss neuer Stromverträge einzig und allein das Kriterium des niedrigsten Preises anlegten, spreche er von „praktizierter Leugnung der Schöpfungsverantwortung“.

Die Veranstaltung zur Energiewende in Deutschland war der sechste und letzte politische Abend des Katholikenrats im Vorfeld der Bundestagswahl am 22. September. Zuvor hatte das höchste Laiengremium im Bistum Trier seit Juni in Veranstaltungen in Koblenz, Saarbrücken und Trier die Themen Soziale Gerechtigkeit in Deutschland, Hunger und Gerechtigkeit weltweit, Landwirtschaft und Ernährung, Klimawandel sowie Krieg und Frieden beleuchtet.

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