Eklatante Missachtung des Bürgerwillens durch die Landesregierung

 Anmerkungen eines Teilnehmers an der Demonstration gegen Zwangsfusionen  von Verbandsgemeinden in Mainz am 2. Oktober 2013

Die Demonstranten standen stundenlang auf der grünen Wiese beim Landtag, ohne dass sich ihnen auch nur ein einziger Vertreter der rot-grünen Regierungskoalition zeigte. Präsent war nur die Landespolizei, die die Bannmeile bewachte. Da stellte sich den Demonstranten doch die Frage nach dem politischen Stil der Machtinhaber in Mainz. Dass sich Innenminister Roger Lewentz als nicht ansprechbar verhielt, verwunderte nicht. Seine Selbstsicherheit im Ignorieren des Bürgerwillens ist hinlänglich bekannt. Aber von der Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die doch in ihrer Regierungserklärung verstärkte Bürgernähe und Beachtung des Volkswillen angekündigt hatte, durfte man ein offenes Ohr erwarten. Das aber erwies sich als Irrtum. Frau Dreyer fand es nicht einmal für nötig, wenigstens durch einen Regierungsvertreter ein Grußwort an die zum Teil von weit her angereisten Demonstranten richten zu lassen. Unterscheidet sie vielleicht zwischen willigen und nicht- willigen Bürgern, denen sie die versprochene Nähe nicht schuldet?

Mit großem Missfallen wurde das Verhalten der grünen Landtagsabgeordneten zur Kenntnis genommen, die offenkundig geschlossen im Fahrwasser des Innenministers mitschwimmen. Anscheinend haben sie vergessen, dass sie als Repräsentanten des Volkes und nicht als Erfüllungsgehilfen der Regierung in den Landtag gewählt worden sind. Bei der anstehenden Beratung des Fusionsgesetzes im Landtag wird sich zeigen, ob sie der insbesondere von ihnen propagierten Bürgernähe entsprechen oder das ursprünglich in sie gesetzte Vertrauen verspielen. Sie sollten Acht geben, sich nicht selbst überflüssig zu machen.

Mit Entrüstung haben die Demonstranten zurückgewiesen, dass die Landesregierung die geplanten Zwangsfusionen von Verbandsgemeinden mit Berufung auf das Gemeinwohl rechtfertigt. Sie verweigern der Regierung das ausschließliche Privileg, das Gemeinwohl zu definieren; denn laut Verfassung hat das Volk als der Souverän unseres demokratischen Staatswesens das verbriefte Recht, seine Vorstellung von Gemeinwohl, z.B. durch Bürgerentscheide, in den Prozess der Gesetzgebung mit einzubringen. Was Überhaupt versteht die Landesregierung hinsichtlich der Verwaltungsreform unter Gemeinwohl? In erster Linie doch wohl Kostenersparung durch Globalisierung von Verbandsgemeinden! Unter Verwaltung aber verstehen die Demonstrationsteilnehmer mehr als kostengünstige Bürokratie.

Für sie beinhaltet Verwaltung auch sozial-ethische und kulturelle Wertorientierung, die sich in der Pflege von Bürgernähe und Solidarität sowie Förderung von Traditionen und Kultur äußert. Diese Werte sehen sie in den bestehenden Verbandgemeinden verwirklicht. Von der angesagten Verwaltungsform, insbesondere von Zwangsfusionen, befürchten sie den Verlust tradierter kommunaler Wertorientierung. Diese Reform wird bestenfalls Verwaltungskosten mindern, nicht aber Gemeinwohl, wie es die Bürgerinnen und Bürger verstehen, dienen.

Die Teilnehmer an der Demo in Mainz sind nicht grundsätzlich gegen Reform der bestehenden Verbandsgemeinden. Sie fordern aber von der Landesregierung und dem Landtag, den vorliegenden Reformplan unter ernsthafter Berücksichtigung der eingereichten Einwände von Grund auf neu zu überlegen und möglichst in einem Guss mit der angekündigten Kreisform in Übereinstimmung zu bringen. Die Landtagsabgeordneten seien daran erinnert, dass sie nur ihrem Gewissen und nicht dem Willen der Regierung verpflichtet sind.

Prof. Dr. Erwin Schaaf,
Kinderbeuern

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