Den Wahl-o-mat befragen?

Politik-Kommentar

Dieser Tage werden wieder einige Millionen Wahlberechtigte, die unentschlossen über ihr Wahlkreuzchen für den Bundestag sind, im Internet den Wahl-o-maten besuchen, um sich über die Leitlinien fast aller Parteiprogramme (z.B. Zu Familie, Finanzen, Umwelt, Europa etc.) zu informieren. Dabei scheint der „Wahl-o-mat“ eine äußerst zweifelhafte Hilfe.

Er wurde eingerichtet von der Bundeszentrale für politische Bildung, die ihrerseits inzwischen nicht mehr als wertungsneutrale Stelle gelten kann. Ihre Veröffentlichungen (Kampf gegen „Populismus“ etc.) dienen in letzter Zeit eher dem Ziel, die etablierte Politik zu stützen. Sie sollte inzwischen besser „Bundeszentrale für politische Steuerung“ heißen. Der Wahl-o-mat scheint vordergründig gut gemeint, aber er paßt bestens in die Scheintaktik der großen Politik, daß geschriebenen Programmen oder Zielen nach Wahlen auch entsprechende Taten folgen. Ein erheblicher Teil von Wahlkampfversprechen und Programmen sind Nebelkerzen.

In den letzten acht Wochen vor einer Bundestagswahl ähnelt der Wahlkampf einer Unterhaltungsinszenierung. Wer sich etwa an die Epochen der Schmidt- und Kohl-Kanzlerschaft lebendig erinnert, der hat schon längst erfaßt, wie seither deutsche Wahlkämpfe zu einer Showveranstaltung wurden, die in erster Linie „spannend“ zu sein hat. Wichtig ist aber, daß nachher alles beim alten bleibt, getreu dem alten Motto der CSU: „Es muß was geschehen, aber es darf nix passieren“. Gleichzeitig kann von politischer Neutralität des Journalismus keine Rede mehr sein.
Unterdessen werden in den Medien effektreich „Elefantenrunden“ und Showdowns angeboten, vorzugsweise „Duelle“ mit zwei Spitzenkandidaten, als wären kleinere Parteien zuletzt ohnehin irrelevant. Die gewollte Verwandtschaft mit US-Wahlkämpfen ist nicht zu übersehen. Dort treibt man im Vierjahrestakt spektakulär Demokraten und Republikaner gegen-
einander. Entscheidend ist aber, daß nach der Wahl die 600 mehr oder minder korrupten und lobbyabhängigen Washingtoner Kongressleute auf ihren Posten bleiben, damit nichts im Lande ins Rutschen kommt. Wahlvolk betäubt man gut mit „viel Lärm um nichts“.

Während in ganz Europa bestialische Terrorakte langsam zur Folklore werden, während private Autorennfahrer Fußgänger töten und man Gefahr läuft, an der Supermarktkasse erstochen zu werden, werden Merkel und Schulz inszeniert wie ein Bayern München – Borussia Dortmund-Spiel. Man bombardiert die Wähler mit Umfragen, damit sie gruppenpsychologisch einem möglichst starken Herdentrieb in der Wahlorientierung folgen (wo machen die anderen ihr Kreuz?), und verhindert, daß der Wähler nach seinem individuellen Urteil und Gewissen abstimmmt. Echte Schwarmintelligenz, also das Einzelverhalten unabhängig von der Gruppe, ist nachweislich meist besser als die Entscheidung im Herdentrieb. Man täuscht sich aber gründlich, wenn man denkt, der Wahl-o-mat würde hier klüger machen. Statt fürs Wahlkreuzchen Parteiprogramme abzuwägen, sollte man lieber mal abseits vom täglichen Donald-Trump- und Erdogan-Gezänk von der Smartphone-App sein Langzeitgedächtnis befragen, was die Politiker in Spruch und Tat die letzten vier Jahre abgeliefert haben.

„Mit Taten schmückt sich Treu, und nicht mit Worten“ heißt es schon bei Shakespeare. Nehmen wir mal die bekannten Parteien. Wir haben eine Kanzlerin, deren berühmte „ruhige Hand“ in Energiepolitik, Außen-, Einwanderungs- und Familienpolitik sowie in der inneren Sicherheit inzwischen eine verheerende und beispiellose Zerrüttung der deutschen Verhältnisse zu verantworten hat. Ein österreichischer Spitzenpolitiker nannte sie „die gefährlichste Frau Europas“. Nachweislich trägt sie indirekt Mitverantwortung am Brexit. Die „mächtigste Frau der Welt“ verkündete schon 2015 zum Auftakt der Flüchtlingskrise, daß man sowieso die Landesgrenzen nicht überall schützen könne, ihr Innenminister verlautbarte kürzlich, „daß wir noch lange mit dem Terror leben müssen“. Diese Politiker; Chefs über zigtausende Grenzschützer und Polizisten, machen noch nicht einmal mehr in Worten den Versuch, Grenzsicherheit und Schutz seiner Bürger herzustellen. So schafft man Vertrauen in Zeiten von Terror, Vermögensvernichtung und unsicherer globaler Allianzen!

Die CDU-Verteidigungsministerin stellt sich nicht schützend vor ihre 200.000 Untergebenen, als die Medien die Bundeswehr wegen peinlicher Nazi-Reliquien attackieren, sondern fällt buchstäblich ihrer Truppe in den Rücken. Jeder Chef einer mittelständischen Raumreinigungsfirma hat mehr Rückgrat.

Der CDU- Finanzminister weiß seit Jahren, dass das Euro-Projekt mit mathematischer Sicherheit vor die Wand fahren wird, er kann es aber nicht eingestehen und wettert daher mit Galle gegen die eigene Bevölkerung, gegen den Bargeldverkehr und segnet jede absurde und vernichtende neue Griechenlandrettung ab. Man gleiche dies alles ab mit dem hübschen Wortgeklingel des CDU-Programms.

Die FDP versucht ihre Wiedergeburt durch den Markenkern „Digitalisierung“ , die hier bis in die Landwirtschaftspolitik hineinreichen soll. „Digital first – Bedenken second“ liest man auf FDP-Plakaten mit Christian Lindner-Porträt. Inzwischen sitzt in jeder weiterführenden Schulklasse statistisch mindestens ein internetsüchtiges Kind, 60 Prozent der Arbeitnehmer fühen sich durch Digitalisierung am Arbeitsplatz gestresst und überlastet.

Die SPD hat sich die Gerechtigkeit ganz groß in ihr Wahlprogramm geschrieben, als wäre Politik vor allen Dingen ein Markenkennzeichen und keine Volksverantwortung. Die SPD mit Martin Schulz` „Gerechtigkeitsimage“ gegenüber der CDU gleicht dem Versuch, Nutella gegen Nusspli abzugrenzen. Die jüngste Regierung der SPD fiel vornehmlich durch Justizminister Maas auf, der einen großen Teil seiner Arbeit in die Beschränkung der Meinungsfreiheit und die Umlegung von Justizbefugnissen auf die Großmächte der sozialen Medien umgelegt hat. Nun dürfen halt außer Richtern auch Facebook und Twitter entscheiden, was strafbar ist, und Heiko Maas kann ihnen mit Millionenbußgeldern drohen. Ohne dass der brave Deutsche erkannt hat, was da gebacken wird, werden ihm Grundrechte beschnitten. Das Kleingedruckte in den Gesetzen, was so großen Wert hat, liest ja eh keiner mehr…

Zu den Hamburger G-20-Krawallen, die aus einer deutschen Metropole Nachrichtenbilder brachten, wie sie anderntags aus Aleppo und Homs kommen, meinte Heiko Maas abschließend: „Es wird nie wieder ein internationaler Gipfel in einer deutschen Stadt abgehalten.“ Man macht nicht mal mehr den Versuch, die Verhältnisse für den Empfang internationaler Politiker wiederherzustellen! Der Staat knickt vollends ein, da freut sich der linksautonome Steinewerfer! Äußerungen wie die von Maas könnten auch vom Polizeichef von Kabul stammen. Dies alles vergleiche man mit dem SPD-Programm im „Wahl-o-maten“! Positiv aufgefallen im SPD-Kabinett ist nur Barbara Hendricks, die als Umweltministerin dem CDU-Landwirtschaftsminister in seinem konsequenten Schutz der Agrarindustrie Schwierigkeiten gemacht hat. CDU-Landwirtschaftsminister Schmidt hat vier Jahre zuverlässig die Interessen der Agrarindustrie und des Bauernverbandes geschützt, die im Wesentlichen so landwirtschaften, wie wir alle es nicht wollen.

Ein liebenswertes und ökologisch gutes Parteiprogramm haben auch die Grünen. Es ist aber kein Zufall, dass das Zugpferd der Grünen der „schwarz-grüne“ Ministerpräsident Kretschmann ist, der von den altlinken und realitätsfernen Sozialträumern der Bundesgrünen distanziert ist. Die grüne Energiepolitik zielt derzeit auf die möglichst schnelle Destabilisierung der deutschen Stromgrundversorgung (zugunsten Atomkraft und Kohle aus dem Ausland!), positiv dagegen sind die Landwirtschaftsziele. Was allerdings Katrin Göring-Eckart und Cem Özdemir allabendlich in Fernseh-Talkshows zu Bildung, Einwanderung, innerer Sicherheit und Integration verlauten, erklärt völlig, warum „grüne Themen derzeit schwer vermittelbar sind“.

Grüne Politik ist geringfügig Umweltpolitik, zuvorderst ist sie das unkritische Willkommen jeder Art von legaler oder illegaler Immigration, die pauschale Verharmlosung der Einwanderungsproblematik, die Kritik an Polizei und Sicherheitsapparat und die widersinnige, bevormundende Genderpolitik. Rechtsbrecher sind im Grünsprech „Aktivisten“, illegal handelnde Flüchtlingshelfer im Mittelmeer werden zu „humanitären Helfern“, heimische Polizisten zu „Aggressionsverursachern“. Die grünen Führungspolitiker schippern selbst auf altlinken, planwirtschaftlich gesteuerten Kähnen irgendwelchen Gender-Multikulti-Inseln entgegen, während die Wähler sich intakte Umwelt, Zukunftssicherheit, innere Sicherheit und Vermögensschutz wünschen.

Was „altlinks“ in jungem Gewand bedeutet, kann man auch an Katja Kipping von der Linkspartei demonstrieren, die die seriöse und begründete Beliebtheit ihrer Parteifreundin Sarah Wagenknecht auf negative Weise wieder ausgleicht.

Fragt sich, ob die Alternative für Deutschland tatsächlich eine gute Alternative ist, denn hier sollte man besonders das solide konservative Parteiprogramm mit den dazugehörigen Politikern abgleichen. Gestartet vor vier Jahren mit einigen kompetenten Persönlichkeiten und mit dem Fundametalthema Eurokrise, hat die AfD seither zwei unselige Rechtsverschiebungen absolviert. Wussten die inzwischen abgesprungenen AfD-Gründer nicht, dass man sich mit einer Parteigründung „rechts der CDU“ ohne akribische Kontrolle eine Unzahl rechtslastiger Wirrköpfe und Nationalisten einlädt? Viele Wähler hofften nach der desaströsen Entwicklung der Merkel-CDU auf eine neue konservative Kraft im Land. Doch dem aktuellen Spitzenpersonal der AfD gelingt es nicht, seine teils fremdenfeindliche und peinlich deutschtümelnde Haltung zu verbergen. Es ist schändlich, dass die AfD von dem sogenannten „breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis“ auf allen Ebenen gewaltsam attackiert und drangsaliert wird, dass die Medien unausgesetzt verzerrte Darstellungen der Partei veröffentlichen dürfen. Ebenso schändlich wäre es aber, wenn die Reden, die gewisse aktuelle AfD–Politiker führen, demnächst auch im Bundestag zu hören sind. Die AfD hat ein vergleichbares Problem wie die Grünen, denn einige AfD-Köpfe sind teils auf ideologischen Irrwegen, der konservative Wähler hat sich das anders vorgestellt. Es wird zuletzt nicht leicht, klug zu wählen.

Demokratie ist aber kein Supermarkt, wo man was aussuchen kann. Demokratie ist ein Garten, um den wir uns immer wieder selber kümmern müssen, sonst verwildert er. Und unsere Politiker – hier lauert eine Missverständnisgefahr- sind nicht die Gärtner, sondern unsere Geräte. Die Gärtner sind wir! In England, dem Land der Gärten und der ältesten parlamentarischen Demokratie Europas, pflegt man zu sagen „Taten sind Früchte, die Worte sind nur Blätter“. Wer die wohltuenden Worte aus Parteiprogrammen oder deren Extrakte im Wahl-o-maten liest, der findet fast alles wunderbar, was dort geschrieben steht. Die Einrichtung des Wahl-o-maten fördert aber nur den Irrglauben, dass Demokratie eine Serviceangebot zum Aussuchen sei.

Unsere Stimme entscheidet nicht über Programme, sondern über Personen und Posten! Wer Christdemokraten wählt, kriegt nichts christliches, sondern Angela Merkel. Wer SPD wählt, kriegt keine Gerechtigkeit, sondern Heiko Maas. Wer Grüne wählt, kriegt nicht Öko, sondern Cem Özdemir. Wer nun noch wirklich glaubt, dass man am besten zum Wahl-o-maten geht, um sich demokratisch wirksam zu entscheiden, der kann auch sein Hörgerät vom Strandhändler auf Mallorca kaufen oder sein Viagra aus dem Kaugummiautomaten ziehen!

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