Demokratie und IHK

Am 05. September 2012 fand in Berlin die konstituierende Sitzung der Vollversammlung der IHK Berlin statt.

Der bisherige Präsident Eric Schweitzer ist auch der neue Präsident. Dem Präsidium gehören ausschließlich Personen an, die von Dr. Schweitzer für dieses Gremium vorgeschlagen wurden. Kandidaturen aus den Reihen der Initiative „pro-KMU“, aber auch unabhängige Kandidaturen hatten keine Chance.

Das Kammerestablishment in Berlin darf sich also zunächst als Gewinner fühlen. Der BffK (Bundesverband für freie Kammern) fragt in diesem Zusammenhang zu Recht: Haben sie wirklich gewonnen? Dies darf getrost bezweifelt werden, wenn man sich anschaut, mit welchen Methoden, dieser „Sieg“ erreicht wurde. Der BffK hat hierzu festgestellt:

1. Im Vorfeld der Wahl wurden kritische Kandidaturen systematisch be- und verhindert. Selbst die laufenden Anfechtungen der Wahl werden mit abenteuerlichen juristischen Klimmzügen abgewiesen.

2. Den zugelassenen Kandidatinnen und Kandidaten wurden Fotos und Texte zensiert.

3. Eine umfassende Veröffentlichung der Wahlergebnisse hat gestern auch die neue Vollversammlung abgelehnt.

4. Die Zahlen der Wahlbeteiligung wurden schön gerechnet. Die IHK Berlin spricht von 5,85 Prozent. Wer sich an die gängige in Deutschland geltende Berechnung hält, kommt allerdings nur auf 4,24 Prozent.

5. Die Presse-Öffentlichkeit erhielt keinen Zutritt zur Vollversammlungssitzung. Die Begründung ist entlarvend: die Satzung sähe dies nicht vor. Die Satzung sieht eine Nicht-Beteiligung der Presse aber genauso wenig vor. Es wäre also selbstverständlich möglich und ist demokratisch.

6. Die Wahl zum Präsidium war in einer Weise manipulativ, die  jeder demokratischen Beschreibung spottet. Der erstellte Wahlzettel trennte messerscharf zwischen den Kandidaten der „Schweitzer-Garde“ und allen anderen Wahlvorschlägen. Dies in einer IHK, die in ihrem Wahlsystem Listenwahl nicht vorsieht und im Vorfeld jede Vorabinformation der Vollversammlung über bereits vorliegende Kandidaturen mit dem Hinweis auf „Chancengleichheit“ unterband. Garniert wurde das Ganze mit einer Aussage des neu gewählten Präsidenten, der vor der Wahl geäußert haben soll, dass er nicht bereit sei, mit anderen als den von ihm vorgeschlagenen Kandidaten im Präsidium zusammen zu arbeiten.

7. Permanent sollen, so berichten Teilnehmer, während der Sitzung die Mitglieder der Initiative „pro-KMU“ persönlich und inhaltlich insbesondere vom Präsidenten angegriffen worden. Das ging soweit, dass ein Gast die Sitzung mit den Worten verließ: „Sorry, aber das halte ich nicht länger aus. Grüße nach Minsk“

Wer also hat gewonnen? Wer verloren? Bei der IHK-Wahl in Berlin hat sicher die Demokratie verloren und einige honorige Wirtschaftspersönlichkeiten aus Berlin haben unter Beweis gestellt, dass sie hier nicht mehr viel zu verlieren haben.

Aber die Demokratie hat am 5.09.2012 in Berlin auch ein bisschen gewonnen, weil durch die Mitglieder von „pro-KMU“ und ihre Aktivitäten (z.B. den Live-Twitter) ein Maß an Öffentlichkeit in die IHK-Vollversammlung eingezogen ist, welches es so noch nicht gab. Und Eric Schweitzer wird sich über seinen Pyrrhus-Sieg nur bedingt freuen können, weil jetzt öffentlich ist, mit welchen Methoden er diesen erreicht hat.

Dazu gehört, dass auf erheblichen Druck, und nur mit diesem Druck, die IHK Berlin nun doch einen Großteil der Wahlergebnisse veröffentlichen musste. Geht man zugunsten von Dr. Schweitzer davon aus, dass er in seiner Wahlgruppe das beste Ergebnis erzielt hat, so hat er gerade einmal 94 Stimmen für seine Mitgliedschaft in der Vollversammlung der IHK Berlin bekommen. 94 von 271.939 Berliner Unternehmen.

Ob dieses Stimmenergebnis und sein Demokratie feindlicher Stil eine gute Ausgangsbasis für eine DIHK-Präsidentschaft ist, darf getrost bezweifelt werden.

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