Aus dem „Kulturschock“ wurde ihre neue Heimat

Anja Saupe

Daun. Anja Saupe ist die neue Gleichstellungsbeauftrage im Landkreis Vulkaneifel. 1979 geboren und aufgewachsen  in Thüringen, zog es die sozialistisch geprägte Frau nach ihrem Abitur Ende der Neunziger Jahre zunächst zum Anglistik-Studium nach Nottingham in England.

Relativ früh war ihr klar, dass die Abläufe und Folgen des Zusammenlebens im Westen ihr bisheriges Leben mehr oder weniger auf den Kopf stellt. Aus der DDR stammend, bewarb sie sich an verschiedenen Unis im Westen Deutschlands für einen Studienplatz.

Die Antwort aus Trier gefiel ihr am besten. Weder über Trier, noch über die Eifel wusste sie etwas. Sie bezeichnete ihren ersten Besuch in der Römerstadt als „Kulturschock“. Gesellschaftlich so Vieles anders, so Vieles neu. Neu vor allem war für sie, wie gläubig die Menschen hier sind. Das kannte sie aus ihrer alten Heimat nicht. Sie wollte das Neue verstehen lernen, auf all ihre Fragen eine Antwort haben. Aus ihrem Anglistik-Studium in England  ist sie dann konsequenterweise zur Soziologie an die Uni Trier gewechselt und hat über die Semester hinweg ihren „Kulturschock“ in ihren Studienarbeiten verarbeitet.

Nach ihrem Studium war sie als Jugendausbildungsberaterin im Kreis Trier-Saarburg unterwegs. Seit 2014 ist Anja Saupe bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel beschäftigt. Sie begleitet seither die Themen Demografie, Struktur- und Kreisentwicklung. Ihr jüngstes Projekt lautet: „Ärztliche Versorgung auf dem Land“. Inzwischen ist sie im äußersten „Westen“ angekommen und sehr gut vernetzt in der Region. Sie schätzt die Art und Weise, wie die Menschen hier mit einander umgehen, die Hilfsbereitschaft und dass ehrenamtliche Engagement.   

Als die Stelle der Gleichstellungsbeauftragen neu ausgeschrieben wurde, hat sie sich sofort beworben. Ihr Soziologiestudium und die gesammelte Erfahrung aus ihrem Tätigkeitfeld der Struktur- und Kreisentwicklung waren die beste Basis, als Interessensvertretung für die Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie gegen eine geschlechterspezifische Benachteiligung von Frauen im Landkreis tätig werden zu können. Schwerpunktthemen und Netzwerke wie zum Beispiel  Gewalt gegen Frauen, Förderung und Vernetzung von Frauenorganisationen, Chancengleichheit im Berufsleben und Vereinbarkeit von Familie und Beruf will sie von ihrer Vorgängerin fortführen und pflegen.

Es geht ihr aber auch um die doppelte Belastung von Frauen durch Job und Familie, um häufig geringere Löhne bei gleicher Tätigkeit, um Frauen als Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen, um Probleme von Alleinerziehenden, um Altersarmut gerade bei Frauen. Sie will auch der Frage nachgehen, warum immer noch wenige Frauen in Führungspositionen und Chefetagen zu finden sind. So stellt sie fest, dass von den 109 Kommunen im Landkreis nur eine von einer Bürgermeisterin geführt wird, oder  von den 11 Abteilungen in der Kreisverwaltung nur zwei von Frauen geleitet werden. Auch will sie eine Diskussion über die unterschiedlichsten Geschlechterklischees anstoßen. Da wäre zum Bespiel auch die Frage, warum sind es eigentlich immer nur Frauen, die den Kuchen für eine Abteilungsfeier backen. Sie stellt die Frage in den Raum: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Wer steht hinter einer erfolgreichen Frau?“

Anja Saupe sagt, dass es gleichermaßen für Frauen und Männer wichtig sei, sich zu emanzipieren. Sie hört als „Nichteifelerin“ gerne zu und lernt die Menschen zu verstehen. Man muss sich immer mit Respekt begegnen und klare, verständliche Worte für seinen Gegenüber finden, sagt sie. Die neue Gleichstellungsbeauftrage übt ihre neue Funktion mit einer zunächst halben Stelle aus. Mit den restlichen 50 Prozent bleibt sie dem Thema Kreisentwicklung erhalten. Sie kennt inzwischen die Akteure in der Region und  wird ihre Netzwerke sicherlich themenübergreifend nutzen können. Anja Saupe sieht in ihrer Doppelfunktion eine großartige Chance. Langweilig wird es sicherlich nicht werden.

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