10 Punkte zum Umbau der Energieversorgung für Wachstum, Klimaschutz und sichere Versorgung

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Region. Mitten in der Debatte über die energiepolitische Zukunft Deutschlands, stellt Rheinland-Pfalz 10 gute Argumente für eine bessere, zukunftsfähige Energiepolitik vor. Bei der Tagung „Unser Energiekonzept: Stark für Wirtschaft, Verbraucher und Lebensqualität“ in der Mainzer Staatskanzlei wird heute über Energiestrategien auf Einladung der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Margit Conrad, zuständig für Energiepolitik, mit namhaften Referenten und einem großen Teilnehmerkreis diskutiert. Die Ministerin präsentiert als Alternative zu den Plänen der Bundesregierung „10 Punkte zum Umbau der Energieversorgung“.

 

Ministerin Margit Conrad: „Wir stellen uns der Diskussion. Unsere Eckpunkte markieren einen Gegenentwurf zu dem Konzept der Bundesregierung. Wir haben die besseren Argumente, denn die in den Thesen formulierte Energiepolitik ist gut für Wirtschaft und Verbraucherschutz, sie bringt Lebensqualität und schafft Wachstum und Beschäftigung.

 

Handlungsmaxime aller energiepolitischen Überlegungen muss eine weitestgehend CO2-freie und Ressourcen schonende Energieerzeugung sein. In Rheinland-Pfalz verfolgen wir konsequent diese Strategie für Klima, Wachstum und sichere Energieversorgung“. Die Ministerin kritisiert das Konzept der Bundesregierung als „Laufzeitverlängerungskonzept und Investitionshemmnis“. Es ist schädlich für Arbeitsplätze, kostengünstige Preise und den Wettbewerb. Der Klimawandel und die Endlichkeit der fossilen Energieträger erfordern einen konsequenten Umbau der Energiewirtschaft. Energiesparen, Energieeffizienz und die Nutzung heimischer Ressourcen sind die Mittel. Dies sei nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch geboten und mit konsequentem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu erreichen, so Conrad. Nicht Atomkraft ist die Brückentechnologie sondern Gas, weil Gaskraftwerke eine ideale Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien bilden.

 

Conrad: „Der volkswirtschaftliche Nutzen der anstehenden Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien, intelligente Netze, Speichertechnologien und hocheffiziente Gaskraftwerke ist enorm. Positive Impulse für unseren Wirtschaftsstandort und die deutsche Exportindustrie gehen damit einher. Das ist ein Konjunkturprogramm für die Industrien. Das lokale Handwerk in einem breiten Branchenspektrum von Maschinenbau über Elektro- und Elektronikindustrie bis hin zur Chemie profitiert und damit die Wertschöpfung vor Ort.“

 

Energietagung in der Mainzer Staatskanzlei

 

Ministerin Conrad hat zur Diskussion über das künftige Energiekonzept nach Mainz eingeladen: Prof. Dr. Jürgen Schmid, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“, Dr. Felix Matthes vom Öko-Institut e.V. Berlin, Rechtsanwalt Christian Held aus Berlin, der Geschäftsführer der enervis energy advisors GmbH, Uwe Hilmes sowie der Vorsitzende des Verbandes kommunaler Unternehmen Rheinland-Pfalz, Wolfgang Bühring.

 

Prof. Dr. Jürgen Schmid vom Fraunhofer IWES in Kassel: „Europa wird bis zum Jahr 2050 seinen gesamten Bedarf an Energie für Mobilität, Wärme und Strom aus Erneuerbaren Energien decken können. Dies wird mit einer Steigerung des Komforts sowie der Versorgungssicherheit einhergehen und die individuellen Freiheiten nicht schmälern. Die Transformation des Energieversorgungssystems wird zwar gegenüber der Fortsetzung des Status quo zunächst Investitionen in Milliardenhöhe erfordern. Aber schon von den Jahren 2025 bis 2030 an werden Einsparungen beim Import klassischer Primärenergie in Milliardenhöhe die Investitionskosten mehr als kompensieren. Europa wird reicher. Dieser Erfolg wird nur zu erreichen sein, wenn Deutschland und Europa den Weg in die Transformation des Energiesystems rasch, konsequent und pragmatisch beschreiten. Es geht um technisch effektive, nicht um politisch gewünschte Lösungen. Auch in der Förderpolitik, die für eine Übergangszeit Anreize setzen muss, muss Energie- und Kosteffizienz die entscheidenden Kriterien sein."

 

Uwe Hilmes, Geschäftsführer der enervis energy advisors GmbH: „Die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie „Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung“ sowie das daraus abgeleitete Energiekonzept (7.9.2010) verkennen in zentralen Punkten, die energiewirtschaftlichen Realitäten und missachten dabei in grober Weise die existierenden Marktmechanismen. So wird durch den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in Deutschland ein fairer Wettbewerb im Energiemarkt auf Jahrzehnte verhindert und alte, oligopolistische Strukturen werden zementiert. Damit liegt die Strompreisentwicklung weitgehend in den Händen der Oligopolisten, eine preiswürdige Stromversorgung rückt damit in weite Ferne, ebenso wie der notwendige zeitnahe Umbau des fossilen Kraftwerksparks. 

 

Alle anderen wesentlichen Pfeiler des Energiekonzeptes, die die energiewirtschaftliche Zukunft maßgeblich prägen, wie der Ausbau der Erneuerbaren, der Ausbau der Netzinfrastruktur, die Nutzung bestehender Effizienzpotentiale, können und müssen unabhängig von der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung umgesetzt werden. Weshalb dies im Referenzpfad (Atomausstieg nach 32a) der Studie nicht oder nur unzureichend gemacht wurde, entbehrt jeder energiewirtschaftlichen Logik und lässt den Verdacht aufkommen, dass das Ergebnis im Vorhinein feststand und eine tatsächliche Überprüfung nicht gewünscht wurde. Die vorgelegte Studie ist damit eine völlig unzureichende und undifferenzierte Grundlage für die zukünftige Ausgestaltung der Energiewirtschaft.“

 

Dr. Felix Matthes, Öko-Institut e.V. Berlin: „Bei genauer Analyse der Rahmenbedingungen und Effekte von Laufzeitverlängerungen für die deutschen Kernkraftwerke ergibt sich ein klarer Befund. Im Kontext des EU-Emissionshandelssystems entstehen keine Vorteile für den Klimaschutz, das Stromerzeugungs-Oligopol wird gestärkt, in einem europaweiten Markt für Strom ergeben sich bei realistischer Betrachtung sowohl für Klein- als auch Großverbraucher allenfalls marginale Strompreiseffekte, die Abschöpfung von Finanzmitteln für Energieeffizienz, Infrastruktur und Klimaschutz bleibt nach der getroffenen Vereinbarung vage und wird weitgehend in die Zukunft verschoben.

 

Die vermeintlichen Vorteile von Laufzeitverlängerungen erweisen sich als Mythen. Im Gegenteil: Ohne Not wird ein gesellschaftlicher Großkonflikt neu befeuert, der vor allem im Bereich des unumgänglichen und umfassenden Infrastrukturumbaus viele zusätzliche (Akzeptanz-)Probleme schaffen wird. Die Kernenergie-Brücke ins Zeitalter eines klimafreundlichen Energiesystems ist aus Pappmaché.“

 

Christian Held, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Becker Büttner Held, weist auf die zentrale Bedeutung zu gestaltender rechtlicher Rahmenbedingungen hin, ohne die der notwendige Umbau der Energiewirtschaft nicht gelingen kann: „Das Energiekonzept der Bundesregierung hat im Hinblick auf die Verlängerung der Laufzeit für die Atomkraftwerke einen rechtlich hoch problematischen Konstruktionsansatz: Die Ausgestaltung der Laufzeitverlängerung ohne Beteiligung des Bundesrates ist verfassungswidrig. Eine Verfassungsbeschwerde ist vorprogrammiert. Durch die entstehende Rechtsunsicherheit entstehen Investitionshemmnisse, die zu massiven Verzögerungen im Hinblick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz führen. Ein weiteres Problem liegt darin, dass durch die Auseinandersetzung um die Laufzeitverlängerung dringend notwendige „Jahrhundertgesetze“ möglicherweise nur verspätet oder gar nicht auf den Weg kommen, weil der entsprechende gesellschaftliche Konsens nicht erzeugt wird:

 

    Wir brauchen in Deutschland eine vollständig neue Netzstruktur. Dies betrifft sowohl die Übertragungs- als auch die Verteilnetze. Hierzu muss der derzeitige Regulierungsansatz vollständig überarbeitet werden.

 

    Für die Entwicklung einer weitgehend CO2-freien Energieerzeugung müssen stabile Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die anstehende Novelle des EEG ist eine Chance, die genutzt werden muss.

 

    Im Hinblick auf die Energieeffizienz wird das derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche EDL-G gerade keine deutliche Verbesserung bewirken. Die Regelungen sind völlig unzureichend. Wenn Energieeffizienz mehr als eine wohlfeine Lehrformel sein soll, müssen in diesem Bereich rechtliche Rahmenbedingungen gesetzt werden, die die Investition in Energieeffizienzmaßnahmen wirtschaftlich sinnvoll werden lassen.“

 

10 Punkte zum Umbau der Energieversorgung

 

1. Der Klimawandel und die Endlichkeit der fossilen Energieträger erfordern einen konsequenten Umbau der Energiewirtschaft zu einer weitestgehend CO2-freien und Ressourcen schonenden Energieerzeugung. Dies ist ökologisch und ökonomisch notwendig.

 

Rheinland-Pfalz setzt auf die erneuerbaren, vor allem die brennstofffreien Energien, die keine verknappungsbedingten Preissteigerungen kennen. Erforderlich ist dafür eine Energiepolitik, die über langfristig stabile Rahmenbedingungen Investitionssicherheit gewährleistet.

   

2. Zum zügigen Umbau der Energiewirtschaft müssen die Energiekonzepte von Bund, Ländern, Kommunen und der EU miteinander verzahnt werden. Weil die Potenziale der Erneuerbaren in den Regionen erschlossen werden, ist die künftige Energieerzeugung vor allem dezentral, verbrauchsnah und hocheffizient.

 

3. Die Erneuerbaren Energien müssen konsequent ausgebaut werden, insbesondere in den Bereichen Wind, Fotovoltaik, Biomasse. Die Bundesregierung setzt für die Zukunft auf Rohstoff- und Stromimport – unser Ziel ist die Nutzung der heimischen Potenziale für Wertschöpfung vor Ort. Wir müssen Einspar- und Effizienztechnologien konsequent voranbringen und bei der Erzeugung vor allem auf Verbrauchsnähe setzen. Das sind vor allem dezentrale Erzeugungssysteme (möglichst unter Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung).

 

4. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien erhöht den Bedarf an flexiblen Kraftwerken. Die Brückentechnologie heißt Gas, weil Gaskraftwerke eine ideale Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien bilden. Das Gas stammt künftig aus unterschiedlichen Quellen, vom Erdgas über Gas aus Biomasse bis hin zur Vergasung von Kohle. Zusätzlich brauchen wir die Erschließung und Errichtung der notwendigen Speichertechnologien.

 

5. Eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist keine Brücke zum Ausbau der Erneuerbaren, sondern eine Sackgasse Das Energiekonzept der Bundesregierung liest sich in vielen Passagen wie ein Grundlastsicherungskonzept für die Atomkraftwerke. Die Erneuerbaren werden zum Lückenfüller.  Jedes Atomkraftwerk ist ein Sicherheitsrisiko. Je länger die Atomkraftwerke laufen, desto höher das Risiko und größer die Mengen an hochradioaktiven Abfällen. In Deutschland gibt es bislang keine Lösung für eine sichere Endlagerung.

 

6. Die Laufzeitverlängerung und die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der von der Bundesregierung geplanten Umsetzung führen zu Investitionszurückhaltung Die Laufzeitverlängerung von abgeschriebenen Atomanlagen macht Investitionen in alternative Energieerzeugung unwirtschaftlich.

Eine Laufzeitverlängerung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Die Bundesregierung will jedoch ihre Pläne ohne diese Zustimmung durchsetzen. Bis zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird Unsicherheit über die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen herrschen. Verunsicherte Investoren bremsen auch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und beim Netzausbau.

 

7. Die Zukunft der Energieversorgung ist vor allem dezentral Die erneuerbaren Energien werden zu einem erheblichen Teil in kleinen und bürgernahen Anlagen erzeugt. Gleiches gilt für Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Dies verringert die Abhängigkeit von wenigen Großkraftwerken und ermöglicht im Zusammenspiel mit intelligenten Verteilnetzen als Schlüsseltechnologie vor Ort eine wirtschaftlich sinnvolle Nähe von Erzeugung und Verbrauch. Auch deswegen haben wir in Rheinland-Pfalz die kommunalen und regionalen Versorger gestärkt und als Partner in den Energieumbau eingebunden.

 

8. Dezentrale Energie braucht vor allem die Versorger vor Ort. Um die Effizienz-potenziale und die Erneuerbaren Energien zu erschließen, braucht es leistungs- und handlungsfähige Stadt- / Gemeindewerke und Regionalversorger. Mit ihrer Orts- und Kundennähe sind sie prädestiniert, über virtuelle Kraftwerke die Erzeugung vor Ort in ein nachfragegerechtes Angebot zu transformieren und so für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region zu sorgen. Mit der Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts haben wir den kommunalen Unternehmen in Rheinland-Pfalz einen Rechtsrahmen für fairen Wettbewerb gegeben.

 

9. Der Umbau der Energiewirtschaft stärkt die Wirtschaft insgesamt. Der volks-wirtschaftliche Nutzen der anstehenden Investitionen ist enorm. Er ist sowohl ein positiver Impuls für die deutsche Exportindustrie als Hersteller moderner Anlagen als auch ein Konjunkturprogramm für das lokale Handwerk.

 

Mit einem Umsatz von 36 Mrd. Euro, etwa 300.000 direkt und indirekt Beschäftigten, vermiedenen Energieimporten in einer Größenordnung von fast 6 Mrd. Euro und einer Vermeidung von Umweltschäden in der Größenordnung von 7.8 Mrd. Euro sind die Erneuerbaren zu einer stetig wachsenden relevanten volkswirtschaftlichen Größe in der Bundesrepublik geworden.

 

Anspruchsvolle Klimaschutz- und Energiepolitik heißt, den Unternehmen Heimatmärkte für Zukunftstechnologien und damit für Exportmärkte zu bieten und so Deutschland als  echnologiestandort abzusichern. Diesen Konsens gilt es gesellschaftlich zu erhalten.

 

 

10. Der Ausstieg aus der Kernkraft führt nicht zu höheren Strompreisen.

Preisbildend ist die Strombörse. Der durch den Ausstieg aus der Atomkraft mögliche Einstieg neuer Erzeuger in den Energiemarkt reduziert die marktbeherrschende Stellung der vier Kernkraftwerksbetreiber und fördert den Wettbewerb. Nur Wettbewerb führt zu langfristig kostengerechten Preisen für Verbraucher, Mittelstand und Industrie. Fehlender Wettbewerb ist teuer.

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