Eifeler Mühlen

Die Geschichte und Technik der Eifeler Mühlen ist von Erich Mertes in bemerkenswerter Weise in einem eigenen Buch dargestellt worden, so dass ich nur der Vollständigkeit halber kurz auf dieses Handwerk eingehe.

Am Anfang stand der Reibstein. Mit einer Dreh- oder Handmühle vervielfachte man die Leistung der Reibsteinmethode: immerhin sieben kg Mehl konnten in der Stunde erzeugt werden. Eine weitere Verbesserung brachten die Tiermühlen mit sich, denn Pferde erbrachten die siebenfache Kraft des Menschen.

Sogenannte „Schnellläufer“ schafften einen Zentner in der Stunde. Mit der Erfindung der Wassermühle wurde die menschliche und tierische Muskelkraft ersetzt. Um 1200 versorgte in der Zentraleifel eine Wassermühle – laut Mertes – 30 Haushalte, um 1900 wurde eine Vermahlung von bis zu 1000 Zentner täglich erzielt. 100 kg Getreide ergaben bei der Vermahlung etwa 70 kg Mehl, 18 kg Kleie, 4 kg Staub und 8 kg Molter-Lohn.

In der Eifel wurden die ersten Wassermühlen zur Römerzeit errichtet, wie Funde von Mühlsteinen an der Kyll und der Nitz belegen. Auch bei den Franken werden Wassermühlen genannt, das Prümer Urbar von 893 nennt 35 Mühlen im Besitz des Klosters. Die Trierer Abtei St. Maximin führt 53 Mühlen auf. Nach und nach etablierten sich im 13. Jahrhundert Wassermühlen an allen Eifeler Flüsschen, ein Mühlenteich diente als Wasserreservoir. Selten standen die Mühlenwerke direkt am Bach, vielmehr wurde das Wasser mit Hilfe eines Wehrs zu der Mühle umgeleitet, teils direkt auf das Wasserrad, teils in den Mühlenteich, wo es bei Bedarf entnommen werden konnte. Diese Umleitung war bei Hochwasser und Eisgang leicht freizuhalten, die Wasserzufuhr konnte dosiert oder ganz abgestellt werden.
 
Bis in das 18. Jahrhundert war die Bockwindmühle die vorherrschende Bauart in der Eifel. Die eigentliche Mühle ruht auf einem hölzernen Grundgestell. Auf diesem Bock wird sie um ihre Achse in den Wind gedreht. Bei der Holländerwindmühle, die im späten 18. Jahrhundert Eingang in die Eifel fand, wird nur das Dach mit den Flügeln gedreht. Bei den Windmühlen geht die Kraftübertragung von oben nach unten. Mit den Flügeln dreht sich die Flügelwelle, an der sich ein Kammrad befindet. Dieses überträgt die Antriebskraft über das Kronengetriebe an einer Spindel nach unten, so dass der obere Mühlstein angetrieben werden kann.
Turbinen kamen überwiegend nach dem Ersten Weltkrieg auf. Dampfmühlen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Wind- und Wassermühlen wurden für die vielfältigsten Arbeitsprozesse genutzt. Neben Getreidemühlen gab es in der Eifel Senf-, Papier-, Öl- und Holzschneidemühlen.

Beispielhaft sei hier die Arbeit in einer Eifeler Ölmühle skizziert, wie sie im Tiefenbachtal bei Dedenborn gestanden hat.

Der Ölmüller produzierte pflanzliche Öle aus Ölsaaten und -früchten. Vor allem seien hier Flachs, Raps, Bucheckern und Nüsse genannt. Diese gelangten zunächst in den Kollergang der Mühle, wo Läufersteine, die sich senkrecht um eine Achse auf dem Lagerstein drehten, die Ölfrucht zermalmten. In Wärmepfannen erhitzte der Müller die geöffnete Frucht und gab sie in eine Keilpresse. Pochstempel, von einer Daumenwelle gehoben, fielen herab und schlugen auf die Presskeile.

Das Öl wurde herausgepresst, zurück blieb der „Ölkuchen“, den der Müller als Viehfutter verwertete.

Die älteste Ölgewinnung ist die aus Leinsamen, also aus Pflanzen und Samen des Flachses. Flachsanbau gab es schon in vorrömischer Zeit, Raps dagegen erst seit 300 Jahren. Ein Zentner Raps ergab etwa 20 Liter Öl.

In den Nachkriegsjahren 1946/47 hatte das Sammeln von Buckeckern für die Ölgewinnung noch einmal Konjunktur. Zentnerweise erntete man die Baumfrucht, um die Zeit des Hungers zu mildern. Zehn Pfund Bucheckern erbrachten einen Liter Öl, der immerhin 15 DM kostete. Nur zu gerne zog es Kinder und Erwachsene in die Buchenwälder, um mit Planen und Bettüchern die herunterfallenden Früchte aufzufangen.

Ölmühlen fanden sich an allen Eifeler Bächen. Meistens waren sie mit einer Getreidemühle kombiniert. Bei allen Ölmühlen handelte es sich um kleine Handwerksbetriebe, die oft nur wenig zu tun hatten. Die Ölmüllerei blieb in der Eifel nur von lokaler Bedeutung.

Die kleinen Betriebe produzierten sehr arbeitsintensiv, lagen aber oft abgeschieden in stillen Tälern.

Im 19. Jahrhundert gab es z.B. im Kreis Mayen noch 36 Ölmühlen mit 18 Müllern und 29 Arbeitern. Das Rittergut bei Weißenthurm besaß eine Ölmühle, getrieben von zwei Wasserrädern mit fünf Paar Keilpressen. Man beschäftigte allein sieben Arbeiter und vermahlte 6000 Scheffel Raps jährlich. 1836 gab es zu Neuß sieben Ölmühlen mit zwei Dampfmaschinen und 100 Arbeitern.

Das alte Handwerk der Ölmüller ist tot. Die Zeit des großen Mühlensterbens sind die Jahre 1955 bis 1960. Heute arbeitet man automatisch mit modernen Extraktionsverfahren, die Lagen an Häfen und Binnenseen haben die Eifeltäler abgelöst. Vorbei die Zeit, da der Müller durch die Dörfer fuhr, um gegen Molterlohn Getreide abzuholen, zu mahlen und wieder zurückzubringen. Die klappernde Mühle ist verdrängt von großen Industrieunternehmen und „Mehlfabriken“ mit Kapazitäten bis zu 100.000 Tonnen Jahresvermahlung.

Auszüge aus einem Mahlbuch:

Die Mühle ward groß
durch Molter und Mahlen,
Durch Klugheit und List,
ohne Steuer zu zahlen,
Ich nahm zurecht
für Frau und Kind
Von jedem Bauer mein Angebind.
Sorgt, dass vor niemand ihr braucht zu erblassen,
Auch ein Müller muss leben,
doch auch leben lassen.
Wird Gott mich messen,
wie ich maß auf Erden,
So wird der größte Teil
selig werden.
 
*

Ich hatte weder Feld noch Geld
und ward von Gott in die Mühle gestellt.
Der Müller bin ich nun weit
und breit
Mein ganzes Leben
zum Nehmen bereit!
Jeden Bauer geschröpft
mit Maß und Gewicht.
So muss ich zur Stunde
vor Gottes Gericht.
O Sohn, halte Maß mit Mehl
und Korn,
so brauchst du nicht fürchten
Strafe und Zorn.
Das heiligste ist unser täglich Brot,
wer daran gesündigt, fürchtet den Tod.

Joachim Schröder
 

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