Tarifverhandlungen bei der Bahn gescheitert – Streik droht

Berlin (dpa). Am Mittwochabend geht es plötzlich schnell: Nach langem Warten und zähen Verhandlungen verlässt die Tarifkommission der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit gepackten Koffern den Verhandlungsort. Kurze Verwirrung – doch dann ist klar: Die seit Ende Februar geführten Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn sind gescheitert.

«Die Zentrale Tarifkommission der EVG hat die Verhandlungen am Mittwochabend mit der Deutschen Bahn nach langer und sehr intensiver Diskussion für gescheitert erklärt», teilte die Gewerkschaft in einer knappen Mail mit. Übersetzt heißt das: Kein neuer Tarifvertrag, keine Lösung des Konflikts nach mehr als einem Dutzend Verhandlungstagen. Und: Möglicherweise lange Streiks ausgerechnet während der Sommerferien.

Die EVG war mit großen Zielen in die Verhandlungen gegangen: 650 Euro mehr Gehalt pro Monat, bei den oberen Einkommensgruppen plus 12 Prozent bei 12 Monaten Laufzeit sollten es sein. Wie viel am Mittwochabend auf dem Tisch lag, blieb im Detail offen. Deutlich wurde aber im Verlauf des Tages: In der Tarifkommission herrschte schlechte Stimmung angesichts des jüngsten Verhandlungsstands.

Kritik von der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn kritisierte die Eskalation der Gewerkschaft mit deutlichen Worten: «Die EVG wirft einen fast fertigen Abschluss weg und setzt kurz vor dem Ziel alles auf Null. Eine Einigung war zum Greifen nah, 140 Seiten Tariftext sind bereits fertig. Was jetzt passiert, ist unglaublich», sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler laut einer Mitteilung. «Die Gremien der EVG sind nicht kompromissbereit. Die Leidtragenden sind unsere Mitarbeitenden und unsere Fahrgäste.»

Die Deutsche Bahn habe zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen bei 27 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags in Aussicht gestellt, hieß es in der Mitteilung des Konzerns. Mit der Entscheidung der Gewerkschaft seien nun alle Teileinigungen wieder vom Tisch.

«Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein guter, ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh», sagte Seiler. «Die Sommerferien stehen unmittelbar vor der Tür, die Reisenden wollen planen. Und unsere Mitarbeitenden wollen endlich mehr Geld.»

Auch ein Schlichtungsverfahren möglich

Über das weitere Vorgehen soll auf Seiten der Gewerkschaft nun der Bundesvorstand der EVG am Donnerstag in Berlin entscheiden. Neben unbefristeten Streiks ist auch ein Schlichtungsverfahren möglich, bei dem eine oder mehrere neutral ausgewählte Personen die Tarifparteien wieder zueinander bringen könnten.

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes wurde so vor einigen Wochen der Weg zur Lösung geebnet. «Der schwierigste Punkt ist nach wie vor die Laufzeit, also in welchem zeitlichen Rahmen Gehaltserhöhungen erfolgen sollen», sagte EVG-Chef Martin Burkert schon vor dem Scheitern der Verhandlungen dem Nachrichtenportal «t-online».

Die EVG verhandelt seit Ende Februar mit Dutzenden Eisenbahn-Unternehmen über höhere Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte. Der Fokus lag dabei auf den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB), dort arbeiten gut 180.000 dieser Beschäftigten.

Die Gewerkschaft kämpfte mit zwei Warnstreiks für ihre Ziele: Im März legte sie den Zugverkehr für 24 Stunden quasi komplett lahm, im April an einem Freitagvormittag für acht Stunden. Gewerkschaftschef Burkert sagte «t-online», der Tarifkonflikt und die Warnstreiks hätten die Gewerkschaft wachsen lassen: «Wir haben aktuell bereits 6500 neue Mitglieder gewonnen, das sind 2500 mehr als im vergangenen Jahr.»

Abschlüsse bei den Privatbahnen

Zu Beginn der laufenden Woche überraschte die EVG dann mit Abschlüssen bei den Privatbahnen, bei denen Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1000 bis 1400 Euro Inflationsausgleichsprämie im Mittelpunkt stehen. Damit seien Maßstäbe auch für die Gespräche mit der DB gesetzt worden, hieß es. In der Branche war zuletzt davon ausgegangen worden, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer DB warten würden. Den wird es nun so schnell nicht geben.

Die Deutsche Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von zwei Jahren zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollten die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe sollte demnach noch in diesem Jahr anstehen. Angedacht war zudem eine Inflationsausgleichsprämie, die steuer- und abgabenfrei ausfällt, von insgesamt 2850 Euro, zahlbar in mehreren Raten.

Aus der DB-Mitteilung von Mittwochabend geht hervor, dass die prozentualen Erhöhungen in den Verhandlungen durch einen Festbetrag ersetzt und im Gegenzug die Laufzeit von 24 auf 27 Monate erhöht worden sei – für einen Deal hat das aber nun nicht gereicht.

Von Fabian Nitschmann, dpa

 

Bundesweiter Warnstreik bei der Bahn angelaufen

Berlin (dpa) – Der Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hat den Bahnverkehr nahezu komplett lahmgelegt. «Der Bahnverkehr der DB steht derzeit aufgrund des Streiks der EVG still. Die Situation an den Bahnhöfen ist aktuell ruhig», teilte die Deutsche Bahn online mit.

«Gegen 13.00 Uhr werden wir wieder schrittweise den Fernverkehr hochfahren. Im Regional- und S-Bahnverkehr der DB wird es etwas früher schon losgehen», sagte eine Sprecherin. Vor allem im Fernverkehr könnte es aber auch noch Stunden nach dem Warnstreikende zu Beeinträchtigungen kommen. Vom Ausstand betroffen sind laut Online-Mitteilung auch der Schienengüterverkehr, an den Rangierbahnhöfen bildeten sich Staus.

Die EVG hat die Beschäftigten bei rund 50 Bahnunternehmen zum Warnstreik von 3.00 Uhr bis 11.00 Uhr aufgerufen.

Parallel bestreikt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weiter die Flughäfen Hamburg, Köln/Bonn und Düsseldorf – und ab heute zusätzlich die Airports in Stuttgart und Karlsruhe/Baden-Baden. Weiterlesen

Beschäftigte ohne Tarifvertrag verdienen deutlich weniger

Düsseldorf (dpa) – Betriebe mit Tarifvertrag bieten laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung deutlich bessere Arbeitsbedingungen als vergleichbare Betriebe ohne Tarifbindung.

So arbeiteten Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben im Mittel wöchentlich 54 Minuten länger, berichtete das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Stiftung in Düsseldorf. Sie verdienten trotzdem elf Prozent weniger als Beschäftigte in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung. «In Zeiten stark steigender Lebenshaltungskosten verfügen Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben deswegen eher über ein kleines finanzielles Polster», stellen die Studienautoren fest. Weiterlesen

Keine Tarif-Annäherung bei insolventer Kaufhauskette Galeria

Frankfurt/Essen (dpa) – Bei den Tarifverhandlungen für die rund 17.400 verbliebenen Beschäftigten des insolventen Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof zeichnen sich schwierige weitere Gespräche ab. Man habe die Forderungen der Gewerkschaft Verdi zur Kenntnis genommen, teilte das Unternehmen seinen Beschäftigten am Freitag nach der ersten Verhandlungsrunde mit. Sie seien nach erster Bewertung nicht mit dem vorgelegten Insolvenzplan in Einklang zu bringen. Es stünden Umbauten und starke Investitionen an, so dass Galeria frühestens in drei Jahren wieder profitabel wirtschaften werde.

Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble kritisierte das Vorgehen des Managements: «In den Verhandlungen hat die Bundestarifkommission ein Management erlebt, das keine anderen Antworten für die Zukunft der Warenhäuser hat als Sparen bei den Beschäftigten.» Ein weiteres Sparprogramm auf dem Rücken der Beschäftigten sei aber nicht zu machen. «Denn Lohnverzicht hat noch nie Arbeitsplätze gerettet.» Die Beschäftigten hatten bereits nach der ersten Insolvenz im Jahr 2020 auf Gehalt verzichtet. Laut Verdi will Galeria weiterhin nur die abgesenkten Gehälter zahlen. Die Parteien wollen ihre Gespräche am 22. Februar erneut in Frankfurt fortsetzen. Weiterlesen

IG-Metall-Chef: Bislang wenig Entlastung für Normalverdiener

Frankfurt/Main (dpa) – Das staatliche Hilfspaket hat nach Einschätzung der IG Metall bislang wenig Entlastung für durchschnittlich verdienende Menschen gebracht. «Für die große Masse der Beschäftigten in Betrieben und Verwaltungen beinhaltet es vor allem Versprechungen und Ankündigungen für die Zukunft, die teils noch unter Vorbehalt stehen», sagte der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann der Deutschen Presse-Agentur.

Dies erhöhe den Druck auf die anstehende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. «Selbst wenn die Politik schnell ist, ist noch nicht deutlich, wann Gas- und Strompreisdeckel tatsächlich kommen. Es bleiben für Normalverdiener im Wesentlichen alleine greifbar die steuer- und abgabenfreien 3000 Euro, die von den Gewerkschaften erst einmal erkämpft werden müssen. Von daher lastet ein großer Erwartungsdruck auf unseren Tarifverhandlungen.» Weiterlesen

Lufthansa-Piloten rufen zweiten Streik aus

Frankfurt/Main (dpa) – Die Piloten der Lufthansa haben eine zweite Streikwelle bei der Airline beschlossen. Das Unternehmen könne den ab Mittwoch geplanten mehrtägigen Ausstand noch mit einem «ernstzunehmenden» Angebot abwenden, teilte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit in der Nacht in Frankfurt mit.

Dazu sei ein weiterer Verhandlungstermin heute angeboten worden, der «dem Vernehmen nach» auch stattfinden werde. Die Piloten hatten bereits am vergangenen Freitag den kompletten Betrieb der Lufthansa-Kerngesellschaft lahmgelegt. Weiterlesen

IG Metall ruft zu neuen Warnstreiks bei Vestas auf

Hamburg (dpa) – Mit neuen Warnstreiks will die IG Metall im Kampf um einen Tarifvertrag den Druck auf die deutsche Tochter des dänischen Windanlagenherstellers Vestas erhöhen. Bundesweit ruft die Gewerkschaft alle Beschäftigten dazu auf, heute abermals die Arbeit für drei Stunden niederzulegen. Ein weiterer Warnstreik soll noch in derselben Woche folgen, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, der Rendsburger IG-Metall-Geschäftsführer Martin Bitter, der Deutschen Presse-Agentur. Weiterlesen

Frankfurt: Zahlreiche Fluggäste wegen Warnstreiks gestrandet

Frankfurt/Main (dpa) – Wegen des Verdi-Warnstreiks bei Lufthansa sind zahlreiche Passagiere am Frankfurter Flughafen gestrandet. Nach anfänglicher Leere im Terminal bildeten sich am Mittwochvormittag vor den wenigen besetzten Schaltern lange Schlangen von Reisenden. Es handelte sich Augenzeugen zufolge meist um ausländische Touristen, die ihren Weiterflug umbuchen wollten.

Lufthansa hatte bereits am Vortag die Passagiere gebeten, sich möglichst auf digitalen wegen mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen, um neue Flüge oder zwischenzeitliche Unterkünfte zu organisieren. «Hier am Flughafen können wir derzeit leider kaum helfen», sagte ein Unternehmenssprecher vor Ort. Es sei zudem wegen der meist stark gebuchten Flüge sehr schwierig, in den kommenden Tagen alternative Reisemöglichkeiten zu finden. In einzelnen Fällen könne es sein, dass Gäste mehrere Tage lang auf ihren Weiterflug warten müssten. Weiterlesen

Flugzeuge am Boden: Verdi beginnt Warnstreik bei Lufthansa

Frankfurt/Main (dpa) – Mit einem Warnstreik des Bodenpersonals hat die Gewerkschaft Verdi den Flugbetrieb der Lufthansa weitgehend lahmgelegt. Der Ausstand begann am frühen Morgen, wie Streikleiter Marvin Reschinsky der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Lufthansa hat vorsorglich mehr als 1000 Flüge an den Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen und fürchtet Auswirkungen bis zum Freitag, dem letzten Schultag vor den Sommerferien in Bayern. 134.000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern oder ganz absagen. Bereits am Dienstag waren mindestens 47 Verbindungen ausgefallen. Weiterlesen

An Deutschlands Seehäfen droht wegen Warnstreiks Stillstand

Hamburg/Bremen (dpa) – Wegen eines erneuten Warnstreiks der Hafenarbeiter dürfte auf Deutschlands große Seehäfen am Donnerstag abermals Stillstand zukommen – diesmal sogar für 48 Stunden. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten aufgerufen, mit Beginn der Frühschicht bis zum Samstagmorgen die Arbeit niederzulegen.

Damit soll im festgefahrenen Tarifstreit um höhere Löhne der Druck nach mittlerweile sieben ergebnislosen Verhandlungsrunden nochmals erhöht werden. Die Warnstreiks beträfen alle wichtigen Häfen an der Nordsee – also neben dem mit Abstand größten deutschen Seehafen Hamburg auch Bremerhaven, Bremen, Emden, Wilhelmshaven und Brake, wie Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Coronabedingtes Durcheinander

Ein weiterer Ausstand in den Seehäfen kommt für die Hafenlogistiker zur Unzeit. Coronabedingt herrscht im globalen Verkehr von Container- und Frachtschiffen ohnehin schon lange großes Durcheinander. Ein neuerlicher Warnstreik droht, die Abläufe an den Kaikanten noch mehr aus dem Tritt zu bringen. Nach jüngsten Berechnungen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) stecken in der Nordsee inzwischen mehr als zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau.

Derzeit warten allein auf Ankerplätzen in der Deutschen Bucht rund 20 Frachter auf Abfertigung, die meisten mit Ziel Hamburg. Die Verhandlungsführerin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Ulrike Riedel, nannte den Streikaufruf angesichts der zulasten von Verbrauchern und Unternehmen gestörten Lieferketten «unverantwortlich».

Zuvor war es dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und Verdi auch in einer siebten, mehr als achtstündigen Verhandlungsrunde nicht gelungen, einen für beide Seiten akzeptablen Tarifkompromiss zu erzielen. Beide Seiten verhandeln für rund 12.000 Beschäftigte in 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Die Hafenarbeiter hatten bereits im Juni zweimal die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt, zuletzt am 23. Juni für 24 Stunden.

Bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen

Verdi ist mit einem Forderungspaket angetreten, das nach eigener Aussage je nach Lohngruppe bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen bei einer Laufzeit von 12 Monaten bedeuten würde. Der ZDS hat nach mehrfachen Nachbesserungen zuletzt ein «finales Angebot» auf den Tisch gelegt, dass der Verband für Containerbetriebe mit einem Volumen von bis zu 12,5 Prozent beziffert, und für konventionelle Betriebe mit 9,6 Prozent, allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Das Verdi-Forderungspaket wie auch das ZDS-Angebot umfasst mehrere Komponenten, die aus einer Erhöhung der Stundenlöhne, der Zulagen sowie Einmalzahlungen bestehen.

Verdi-Verhandlungsführerin Schwiegershausen-Güth kritisierte, das aktuelle Angebot sei «in der Betrachtung aller Komponenten noch immer ungenügend». Es verteile das Risiko der Preisentwicklung insbesondere im zweiten Jahr einseitig auf die Schultern der Beschäftigten. ZDS-Verhandlungsführerin Riedel rügte, Verdi beharre auf Maximalforderungen, während in vergleichbaren Branchen aktuell Tarifabschlüsse mit teilweise deutlich niedrigeren Konditionen abgeschlossen würden.

 

 

 

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