Selenskyj zum Jahrestag: 2023 wird das Jahr des Sieges

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am ersten Jahrestag des russischen Angriffskrieges den Widerstand seiner Landsleute gewürdigt und sich erneut siegessicher gezeigt. «Es war ein Jahr des Schmerzes, der Sorgen, des Glaubens und der Einheit», teilte der 45-Jährige heute mit.

Am 24. Februar vor einem Jahr hätten viele ihre Wahl getroffen. «Nicht eine weiße Fahne, sondern die blau-gelbe Fahne», sagte er. «Nicht fliehen, sondern sich stellen. Widerstand und Kampf», schrieb Selenskyj im Kurznachrichtendienst Twitter zu einem emotionalen Video mit Bildern vom Kampf der Ukrainer. «Wir wissen, dass 2023 das Jahr unseres Sieges sein wird», so Selenskyj weiter.

Wenige Stunden später hielt der ukrainische Staatschef eine Rede vor der berühmten Sophienkathedrale in Kiew. In militärisch grüner Kleidung ehrte er Soldaten mit Orden, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vom Ort der Zeremonie berichtete. Weiterlesen

Putins Schwäche – Moskau entgleiten die Ex-Sowjetstaaten

Von Ulf Mauder, dpa

Moskau (dpa) – Kremlchef Wladimir Putin kämpft nach zahlreichen Niederlagen in seinem Krieg in der Ukraine auch um seinen Ruf als starker Anführer weit über Russland hinaus. Gern hätte der russische Präsident den Ultranationalisten, die von einer neuen Großmacht träumen, einen Sieg beschert – pünktlich zum Jahrestag des 30. Dezember 1922, als vor 100 Jahren die Sowjetunion als erstes kommunistisches Imperium gegründet wurde. Aber eine Rückkehr Kiews unter die Vorherrschaft Moskau ist nicht in Sicht. Stattdessen muss Putin zusehen, wie sich auch die letzten der einst insgesamt 15 Staaten der Sowjetunion von Russland abwenden – oder zumindest seine Rolle infrage stellen.

Der 70 Jahre alte Kriegsherr, der den Zerfall der Supermacht UdSSR vor gut 30 Jahren einmal als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnete, sieht sich im Kampf gegen den liberalen Westen – und beschuldigt diesen, auch durch die Unterstützung der Ukraine das heutige Russland zerschlagen zu wollen. «Im Verlauf von Jahrzehnten wurde in den westlichen Ländern stets die Idee von einem Zerfall der Sowjetunion, des historischen Russlands und Russlands als solches kultiviert», sagte Putin im September vor Journalisten.

Zum 100. Jahrestag der Sowjetunion-Gründung, den die Kommunisten in Moskau groß begehen wollen, meinte Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass es nichts zu feiern gebe – und Russland auch keine neue UdSSR anstrebe. «Das ist ein wichtiger Teil unserer Geschichte», sagte er.

Krieg in der Ukraine schadet Putins Ruf

Kremlchef Putin indes sieht, dass sein Krieg nicht nur die Ukraine zerstört, sondern auch der russischen Wirtschaft zusetzt und den sozialen Frieden gefährdet. Zunehmend schaden die Niederlagen auch Moskaus Ruf als Ordnungsmacht und Stabilitätsgarant auf dem Gebiet der früheren Sowjetrepubliken in Zentralasien und im Südkaukasus.

Die Gefahr eines Zerfalls des Vielvölkerstaates Russland selbst gilt derzeit zwar als gering. Auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker pocht der Kreml stets anderswo, nicht aber im eigenen Land. Experten sehen in dem zutiefst autoritären System eines Überwachungsstaates kaum Chancen, dass sich Proteste ethnischer Minderheiten gegen den Krieg oder etwa antirussische Stimmungen in Teilrepubliken wie Tatarstan oder Dagestan zu Separatistenbewegungen ausweiten.

Doch in den Ex-Sowjetrepubliken, wo der russische Präsident lange als starker Anführer gefürchtet wurde, weht zunehmend ein kühlerer Wind. Der tadschikische Präsident Emomali Rachmon ging Putin im Oktober auf offener Bühne an, dass Moskau kleinere Länder wie schon zu sowjetischen Zeiten übergehe. Bei einem anderen Gipfel in Usbekistan ließen Staatenlenker Putin bei bilateralen Treffen warten – dabei kommt der Kremlchef als Machtdemonstration sonst selbst oft zu spät.

Das Entsetzen über Putins Krieg ist bei vielen der Partner groß – wo es doch insgesamt auf dem Gebiet der früheren Sowjetrepublik gleich mehrere ungelöste Konflikte gibt, die sich jederzeit zu Waffengängen auswachsen können. Lösungen bietet Moskau keine.

Ex-Republik blickt demonstrativ Richtung USA

Zwar sieht sich Putin etwa weiter als Vermittler zwischen den verfeindeten Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien. Doch auch nach der Entsendung von 2000 russischen «Friedenssoldaten» kommt das zwischen beiden Ländern umkämpfte Gebiet Berg-Karabach nicht zur Ruhe. Armenien kritisierte fehlendes Engagement Russlands, das beide Kriegsparteien mit Waffen ausrüstet. Demonstrativ empfing Regierungschef Nikol Paschinjan in Eriwan sogar eine US-Delegation, die Armenien Hilfe anbot. Ein Affront für Russland, das stets Militärbasen der USA oder anderer Nato-Mitglieder in seinem Interessenbereich verhindern wollte.

Paschinjan fordert schon lange, dass die von Russland dominierte Organisation des Vertrags über die kollektive Sicherheit (OVKS) als postsowjetisches Militärbündnis auch Armenien mit Soldaten hilft. OVKS-Soldaten halfen in Kasachstan nach blutigen Unruhen Präsident Kassym-Schomart Tokajew zum Verbleib an der Macht. Aber das war im Januar – vor dem Beginn des Krieges, der Russlands Kräfte nun bindet.

Kasachstans gerade im Amt bestätigter Staatschef Tokajew erweist sich heute zwar dankbar gegenüber Moskau. Aber zum Krieg in der Ukraine findet er distanzierende Worte. Der Einmarsch dort löste auch in Kasachstan Ängste aus, Russland könnte sich die Ex-Sowjetrepublik ganz oder in Teilen ebenfalls mit Gewalt zurückholen wollen. So gesehen dürften die militärischen Niederlagen Russlands in der Ukraine die Nachbarn eher beruhigen – schaden dem Image Moskaus aber zusätzlich.

Der Krieg in der Ukraine sei nur ein Beispiel dafür, wie Russland versuche, sein «Quasi-Imperium» zu erhalten, sagt der russische Analyst Igor Grezki. «Der politische Einfluss Russlands wird aber überbewertet.»

Experten sehen keine Verbündete mehr für Russland

Russland hat zwar neben der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), der OVKS auch noch die Eurasische Wirtschaftsunion als Einflussinstrument, die sich am Freitag zu einem Gipfel in Kirgistan traf. Putin will da immer wieder Akzente setzen. Bewegung gibt es aber kaum bei diesen Integrationsprojekten, die Teile der Sowjetunion auffangen sollten.

Experten sehen keine Verbündete mehr für Russland – mit Ausnahme von Belarus’ Machthaber Alexander Lukaschenko, der Putin wirtschaftlich, finanziell und politisch auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.

Lukaschenko stellt russischen Truppen Militärstützpunkte für Angriffe auf die Ukraine zur Verfügung, wehrt sich aber gegen den Vorwurf, Kriegspartei zu sein. Er will vor allem verhindern, dass Russland Belarus einfach schluckt. Die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland habe bei vielen postsowjetischen Anführern Unbehagen ausgelöst und dem Zusammenhalt in der Region einen schweren Schlag versetzt, sagt der belarussische Politologe Waleri Karbalewitsch.

China könnte von den Entwicklungen profitieren

Zwar habe Russland auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Republiken weiter wirtschaftlich etwa mit günstigen Energiepreisen unterstützt, um die Beziehungen zu erhalten, meint Karbalewitsch. Allerdings seien viele nach Putins Äußerungen über einen «ungerechten» Zerfall der Sowjetunion alarmiert. Er erwartet deshalb, dass Russlands Einfluss im postsowjetischen Raum weiter sinkt.

Der Gewinner könnte ausgerechnet der große Nachbar sein. Wie andere Experten sieht Karbalewitsch bereits deutliche Signale der zentralasiatischen Republiken, sich stärker nach China zu orientieren. Die Großmacht könnte die Rolle des Garanten für Sicherheit und territoriale Unversehrtheit in der Region übernehmen.

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Bundesbeauftragter beklagt Rassismus gegen Sinti und Roma

Berlin (dpa) – Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung hat eine tiefgreifende Diskriminierung der Sinti und Roma in Deutschland angeprangert. «Wir haben eine rassistische Unterscheidung in den Bereichen Polizei und Justiz, Bildung, Wohnungsmarkt und Sozialverwaltung», sagte der Beauftragte Mehmet Daimagüler der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Völkermord der Nationalsozialisten an den Sinti und Roma sei nicht aufgearbeitet. Deshalb plane er für kommendes Jahr eine Wahrheits- und Versöhnungskommission.

Daimagüler bekleidet das neu geschaffene Amt seit Mai. Er äußerte sich heute vor dem Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dass der Bundespräsident dabei eine Rede halte, sei sehr wichtig, sagte Daimagüler. «Es darf halt nicht bei den symbolischen Akten bleiben.» Weiterlesen

30 Jahre Lichtenhagen: Steinmeier besucht Rostock

Rostock (dpa) – 30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an diesem Donnerstag an die Opfer erinnern. Begleitet wird er von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Ein Hochhaus war 1992 Schauplatz tagelanger Ausschreitungen. In der Stadt selbst werden Workshops, Filme, Ausstellungen und Foren veranstaltet. Die Erinnerung müsse wach und präsent gehalten werden, damit sich ein «solch fürchterliches Pogrom» nicht wiederhole, sagte der amtierende Oberbürgermeister Steffen Bockhahn (Linke).

Vom 22. bis zum 26. August 1992 hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt. Die Polizei bekam die Lage nicht unter Kontrolle. Die Ausschreitungen gelten als die bis dahin schlimmsten rassistischen Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte. Weiterlesen

Scholz zu Rostock-Lichtenhagen: Täglich gegen Hetze kämpfen

Berlin (dpa) – Zum 30. Jahrestag der rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Bürger aufgefordert, jeden Tag gegen Hetze und Rassismus zu kämpfen. Die damaligen Angriffe nannte der SPD-Politiker eine «schreckliche Tat». Aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist Rechtsextremismus heute die größte Gefahr für die Demokratie. Auch Grüne und Linke mahnten, die Erinnerung wach zu halten.

Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen hatten vom 22. bis 26. August 1992 rechte Gewalttäter das sogenannte Sonnenblumenhaus attackiert, in dem die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber sowie vietnamesische Vertragsarbeiter untergebracht waren. Steine und Brandsätze wurden geworfen, rassistische Parolen gebrüllt, die Feuerwehr behindert. Vor einem Brand konnten sich Bewohner nur mit Mühe in Sicherheit bringen. Der Polizei gelang es nicht, die Ausschreitungen zu stoppen. Weiterlesen

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