Preisregen für «Im Westen nichts Neues» bei den Oscars?

Von Barbara Munker, dpa

Los Angeles (dpa) – Eine schräge Science-Fiction-Komödie mit Wurstfingern und Paralleluniversen, ein deutscher Antikriegsfilm mit grausamen Bildern aus dem Schützengraben, eine irische Tragikomödie um eine geplatzte Männerfreundschaft, abgetrennte Körperteile und ein toter Esel inklusive – das sind die diesjährigen Oscar-Favoriten.

«Everything Everywhere All at Once» führt bei den Academy Awards am Sonntag (Ortszeit L.A./MEZ 01.00 am 13.3.) mit elf Nominierungen, je neun Oscar-Chancen haben «Im Westen nichts Neues» und «The Banshees of Inisherin». Acht Mal ist das Biopic «Elvis» vertreten, sieben Mal Steven Spielbergs autobiografisches Werk «Die Fabelmans».

Sie alle konkurrieren um den Top-Oscar als «Bester Film» in einer auffallend bunten Mischung – zusammen mit den Blockbusterfilmen «Top Gun: Maverick» und «Avatar: The Way of Water», der Sozialsatire «Triangle of Sadness», dem Independentfilm «Die Aussprache» und dem Psychodrama «Tár».

«Im Westen nichts Neues» schreibt Oscar-Geschichte

Noch nie in der Geschichte der Oscars hatte ein deutscher Film so viele Trophäen-Chancen wie «Im Westen nichts Neues». Das Antikriegsdrama von Regisseur Edward Berger, nach der Buchvorlage von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1929, ist zudem das erste deutsche Werk, das als «Bester Film» gewinnen könnte. Weitere acht Nominierungen gab es in den Sparten Internationaler Film, Kamera, Make Up & Hairstyling, Produktionsdesign, Sound, visuelle Effekte, adaptiertes Drehbuch und Musik.

In der Oscar-Historie schafften es erst acht nicht-englischsprachige Filme gleichzeitig in die Kategorien «Bester Film» und «Internationaler Film». 2020 gelang der südkoreanischen Satire «Parasite» der erste Doppelsieg überhaupt. Ein gutes Omen für Berger: Alle acht holten zumindest den Auslands-Oscar.

Viele Favoriten – Spannung bis zum Ende

Seit Monaten werden Filmpreise vergeben, viele gelten als Vorboten für die Oscars. So heimste «Everything Everywhere All at Once» des Regie-Duos «The Daniels» (Daniel Kwan und Daniel Scheinert) in dieser Saison schon die wichtigen Trophäen von Hollywoods einflussreichen Verbänden der Schauspieler, Regisseure und Produzenten ein.

Bei den Golden Globes im Januar triumphierte dagegen Altmeister Steven Spielberg («Die Fabelmans») als Regisseur und mit dem Top-Globe für das beste Drama. Und jüngst bei den britischen Filmpreisen in London räumte «Im Westen nichts Neues» sensationelle sieben Bafta-Trophäen ab, auch in der Königssparte «Bester Film» und für Regie.

Nach Branchenprognosen gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Cate Blanchett («Tár») und Michelle Yeoh («Everything Everywhere All at Once») um den Hauptdarstellerin-Oscar. Bei den Männern sollten «Elvis»-Darsteller Austin Butler und Brendan Fraser («The Whale») eine Dankesrede parat haben.

Superlative und Premieren

Spielberg (76) geht als alter Hase ins Oscar-Rennen, zum zwölften Mal als Produzent, zum neunten Mal als Regisseur nominiert, aber erstmals hat er mit «Die Fabelmans» auch Chancen auf den Oscar für das Original-Drehbuch. Drei Trophäen besitzt er schon, für «Schindlers Liste» und «Der Soldat James Ryan».

Mit 91 Jahren und seiner 53. Oscar-Nominierung für die Musik von «Die Fabelmans» ist Komponist John Williams der lebende Filmschaffende mit den meisten Oscar-Nominierungen. Den Hollywood-Rekord hält Walt Disney (1901-1966) mit 59 Oscar-Chancen. Williams nahm bereits fünf Goldjungen in Empfang, den letzten vor knapp 30 Jahren für «Schindlers Liste».

Hollywood-Star Tom Cruise ist als Schauspieler bei den Oscars schon drei Mal leer ausgegangen, aber mit 60 Jahren könnte er nun erstmals als Mit-Produzent von «Top Gun: Maverick» gewinnen. Die zweifache Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett (53), die in «Tár» als fiktive Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker glänzt, kann zum achten Mal auf einen Oscar hoffen.

Ihre schärfste Preis-Konkurrentin ist Michelle Yeoh (60) als chaotische Waschsalonbesitzerin in «Everything Everywhere All at Once». Die in Malaysia geborene Schauspielerin ist als erste Asiatin überhaupt als beste Hauptdarstellerin nominiert. Der gebürtige Vietnamese Ke Huy Quan (51) spielt ihren Ehemann – und gilt als Favorit für den Nebenrollen-Oscar.

Stars und Glamour bei der Gala

Das Gala-Programm ist noch unter Verschluss, aber die Academy stimmt schon mit großen Namen auf die Show ein: Als Performer wurden vorab Musik-Stars wie Rihanna und David Byrne angekündigt. Als Presenter sollen unter anderem Harrison Ford, Halle Berry, John Travolta, Glenn Close, Riz Ahmed, Zoe Saldaña und Michael B. Jordan auf der Bühne stehen. Auch Ariana DeBose und Troy Kotsur, die im vorigen Jahr die Oscars als beste Nebendarsteller gewonnen hatten, helfen beim Verteilen der Trophäen mit.

Gastgeber ist zum dritten Mal der US-Komiker Jimmy Kimmel. Der schlagfertige Moderator witzelte vorab, es sei «entweder eine Ehre oder eine Falle», erneut gefragt zu werden, «so schnell, nachdem alle Guten abgesagt haben».

Schutz vor Ohrfeigen mit Krisenteam

Einen Schockmoment wie im Vorjahr soll es diesmal nicht geben. US-Schauspieler Will Smith hatte dem Komiker Chris Rock auf der Bühne eine Ohrfeige verpasst, aus Ärger über einen Witz über Smiths Ehefrau Jada Pinkett. Nun haben die Veranstalter ein Krisenteam aufgestellt, wie die Akademie betont.

Eines ist sicher – Smith ist im Dolby Theatre nicht unter den Gästen. Nach dem Eklat wurde der Oscar-Preisträger («King Richard») für zehn Jahre von Oscar-Verleihungen ausgeschlossen.

Oscars «Made in Germany» – Jubel oder Pleite

Es ist 16 Jahre her, dass ein deutscher Film den Auslands-Oscar holte. Das gelang 2007 dem damals 33-jährigen Florian Henckel von Donnersmarck mit dem Stasi-Drama «Das Leben der Anderen». Davor schafften das nur Caroline Link mit «Nirgendwo in Afrika» (2003) und Volker Schlöndorff 1980 mit «Die Blechtrommel». Im vorigen Jahr gab es zweifach Applaus für deutsche Filmschaffende, als Komponist Hans Zimmer und Spezialeffektekünstler Gerd Nefzer für «Dune» geehrt wurden, für beide der zweite Oscar.

Neben den neun Oscar-Chancen von «Im Westen nichts Neues» gibt es auch noch den deutschen Anwärter Florian Hoffmeister. Der gebürtige Braunschweiger ist für seine Kameraarbeit bei «Tár» nominiert.

Vor dem Nominierungs-Triumph von «Im Westen nichts Neues» war «Das Boot» 1983 als deutscher Film mit den meisten Oscar-Anwartschaften gefeiert worden. Das Kriegsdrama von Wolfgang Petersen (1941 – 2022) war sechsmal nominiert. Bei der Trophäen-Gala ging es aber leer aus.

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Oscar-Wahl ist gelaufen – Stimmzettel werden ausgezählt

Los Angeles (dpa) – Die Wahl der diesjährigen Oscar-Gewinner ist gelaufen, nur kennt noch niemand den Ausgang der Abstimmung. Bis zum Dienstagabend (Ortszeit) mussten die Stimmzettel der über 9500 Oscar-Juroren bei der Filmakademie in Beverly Hills eingegangen sein.

Bis zur 95. Trophäen-Gala am Sonntag zählen nun Mitarbeiter der Prüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers die Stimmen in 23 Preiskategorien aus, um die Gewinner zu ermitteln. Das Ergebnis wird in verschlossenen Umschlägen direkt zur Oscar-Verleihung gebracht. Weiterlesen

Deutsche Filme und ihr Erfolg bei den Oscars

Von Lisa Forster, dpa

Los Angeles (dpa) – Noch nie in der Geschichte der Oscars hatte ein deutscher Film so viele Aussichten auf Trophäen wie «Im Westen nichts Neues» dieses Jahr. Das Antikriegsdrama des Regisseurs Edward Berger ist der erste deutsche Film, der Chancen auf die Topsparte «Bester Film» hat. Für die deutsche Filmlandschaft ist das eine Sensation. Wie viel er am Ende gewinnt, ist natürlich ungewiss. In der gut 90-jährigen Geschichte des Preises haben nur neun deutsche Filme überhaupt eine Trophäe gewonnen – deutsche Koproduktionen ausgenommen.

Was die Akademie über «Im Westen nichts Neues» sagt

Eine Datenbankrecherche habe ergeben, dass es in der Geschichte zwar mehrere nominierte Filme in der Kategorie «Bester Film» mit deutscher Koproduktion gab, teilte die Oscar-Akademie am Mittwoch mit. «Jedoch war keiner davon allein oder hauptsächlich eine deutsche Produktion.»

Am Dienstag war bekanntgegeben worden, dass «Im Westen nichts Neues» neun Chancen auf eine Trophäe hat. Darunter ist eine seltene Doppelnominierung in der Topsparte «Bester Film» und als bester internationaler Film. Das Drama ist auch für Kamera, Make Up & Hairstyling, Produktionsdesign, Sound, visuelle Effekte und adaptiertes Drehbuch nominiert. Zudem wurde der deutsche Komponist Volker Bertelmann, unter dem Künstlernamen Hauschka bekannt, für seine Filmmusik nominiert.

Deutsche Erfolge beim Auslands-Oscar

Preise für deutsche Filme vergab die Akademie in der Vergangenheit äußerst selten. Und wenn, dann nur in Nebensparten. Erst drei deutsche Produktionen gewannen den Preis für den besten internationalen (nicht-englischsprachigen) Film. Zuletzt war das 2007 «Das Leben der Anderen» von Florian Henckel von Donnersmarck gelungen. 1980 hatte die Romanverfilmung «Die Blechtrommel» von Volker Schlöndorff diesen Preis erhalten, 2003 «Nirgendwo in Afrika» von Caroline Link.

Deutsche Dokumentar- und Kurzfilme mit Oscars

1960 gewann der deutsche Dokumentarfilm «Serengeti darf nicht sterben» von Michael und Bernhard Grzimek einen Oscar. Die Trophäe für den besten Kurzfilm ging 2009 an «Spielzeugland» des Filmemachers Jochen Alexander Freydank. In der gleichen Sparte hatten 2001 der Kurzfilm «Quiero ser» von Florian Gallenberger und 1994 der Kurzfilm «Schwarzfahrer» von Pepe Danquart gesiegt.

Der deutsche Puppentrickfilm «Quest» von Tyron Montgomery und Thomas Stellmach sicherte sich 1997 den Oscar für den besten animierten Kurzfilm. Ein weiterer Puppentrickfilm – «Balance» von Christoph und Wolfgang Lauenstein – gewann in dieser Kategorie 1990.

Koproduktionen und prominente Deutsche mit Oscars

Häufiger war Deutschland als Produktionsland neben anderen an Filmen beteiligt, die in verschiedenen Sparten nominiert waren oder Oscars gewannen, etwa «Aviator», «Inglourious Basterds» oder «Der Vorleser». Und natürlich gibt es prominente Deutsche, die für Filme anderer Produktionsländer Oscars einheimsten. Die letzten Deutschen, die einen Oscar gewannen, waren 2022 der Komponist Hans Zimmer und der Spezialeffektkünstler Gerd Nefzer für «Dune». Zimmer war bereits viele Male nominiert. Gewonnen hat er – ebenso wie Nefzer – zweimal.

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Deutscher Film «Im Westen nichts Neues» in Oscar-Vorrunde

Von Barbara Munker, dpa

Los Angeles (dpa) – Der deutsche Film «Im Westen nichts Neues» ist einer möglichen Oscar-Trophäe ein ganzes Stück näher gekommen. Das bildstarke Kriegsdrama von Regisseur Edward Berger schaffte den Sprung auf eine Shortlist von fünfzehn Kandidaten für den sogenannten Auslands-Oscar. 92 Länder hatten sich für 2023 um den Oscar in der Sparte «International Feature Film» beworben. Die mit Spannung erwartete Vorauswahl gab die Oscar-Akademie im kalifornischen Beverly Hills am Mittwoch (Ortszeit) bekannt.

Beim «Trophäen-Buzz», dem Getuschel und Rätselraten über die Favoriten, hatten Branchenkenner dem deutschen Film gute Chancen eingeräumt. Doch «Im Westen nichts Neues» überraschte am Mittwoch mit gleich fünf Shortlist-Treffern: auch in den Sparten Make Up & Hairstyling, Filmmusik, Sound und visuelle Effekte rückte der Film im ersten Auswahlverfahren vor. Spannend wird es nun wieder am 24. Januar, wenn in Hollywood die je fünf nominierten Finalisten in allen Wettbewerbs-Sparten verkündet werden. Die Verleihung der Oscars soll dann am 12. März 2023 über die Bühne gehen.

«Im Westen nichts Neues» nach der Buchvorlage von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1929 zeigt das Grauen des Ersten Weltkriegs aus der Sicht eines jungen Soldaten. Die Hauptrolle spielt der Österreicher Felix Kammerer. Neben dem deutschen Beitrag kamen unter anderem Filme wie «Corsage» (Österreich), «Saint Omer» (Frankreich), «Close» (Belgien) und «Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten» (Mexiko) in die Vorauswahl für den «International Feature Film».

Vor einem Jahr hatte es Maria Schraders «Ich bin dein Mensch» auf die Shortlist, aber nicht in die Endrunde geschafft. Deutschlands letzter Erfolg in dieser Oscar-Sparte liegt 15 Jahre zurück: 2007 gewann Florian Henckel von Donnersmarcks Stasi-Drama «Das Leben der Anderen» die Trophäe.

Der deutsche Komponist Volker Bertelmann, auch unter dem Künstlernamen Hauschka bekannt, hat das Kriegsgrauen in «Im Westen nichts Neues» eindringlich untermalt. Oft greift der Experimentalmusiker auf peitschende, abgehackte Töne zurück. Mit Soundtrack-Größen wie John Williams («The Fabelmans»), Nicholas Britell («She Said») und Justin Hurwitz («Babylon») ist Bertelmann nun einer von 15 Kandidaten, von denen fünf in die Endrunde kommen. Bereits 2017 war er zusammen mit dem US-Kollegen Dustin O’Halloran für den Soundtrack zu dem Film «Lion» für einen Oscar nominiert. Bei der Verleihung gingen sie damals aber leer aus.

Auch der Münchner Regisseur Nils Keller darf hoffen

In den Kategorien Make Up & Hairstyling, Sound und visuelle Effekte sind die Oscar-Chancen für die Netflix-Produktion noch besser. Hier wurden vorab jeweils zehn Kandidaten aus einer Vielzahl von Anwärtern ausgewählt – und in diesen drei Nebensparten ist «Im Westen nichts Neues» neben großen Hollywood-Produktionen dabei. Um den Effekte-Oscar konkurrieren etwa Blockbuster wie «Avatar: The Way of Water», «The Batman», «Black Panther: Wakanda Forever», «Jurassic World Dominion» oder «Top Gun: Maverick».

Auch deutlich kleinere Produktionen «Made in Germany» sind dem Oscar ein Stück näher gerückt. Der Münchner Regisseur Nils Keller, Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), kann mit seinem Film «Almost Home» auf eine Trophäe in der Kategorie «Live-Action-Kurzfilm» hoffen. Andreas Kessler von der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg schaffte es mit seinem Kurzfilm «Nakam» ebenfalls in die Vorauswahl.

Insgesamt hatten sich in dieser Sparte 200 Filmemacher für Hollywoods höchsten Preis beworben. Die beiden Deutschen zählen nun zu 15 Anwärtern, von denen ein Drittel im Januar weiterkommt. Für Nils Keller, der in «Almost Home» einen Mutter-Sohn-Konflikt im Weltall inszenierte, gab es im vorigen Oktober bereits einen Vorgeschmack: bei der Vergabe der Studenten-Oscars holte er den Student Academy Award in Gold.

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