Mehr Menschen sehen Handlungsbedarf gegen Diskriminierung

Berlin (dpa) – Eine große Mehrheit in Deutschland wünscht sich einer Studie zufolge ein stärkeres Handeln gegen rassistische Diskriminierung. Das geht aus einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Demnach gaben 70 Prozent der Befragten an, dass für die Gleichbehandlung von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen, die als fremd oder nicht weiß wahrgenommen werden, viel oder mehr getan werden sollte. Im Jahr 2008 hatten das nur 43 Prozent gesagt.

Gleichzeitig seien 49 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Menschen, die als fremd oder nicht weiß wahrgenommen werden, stark diskriminiert werden. Im Vergleichsjahr 2008 sahen 31 Prozent eine starke Diskriminierung von «Menschen mit fremdländischem Aussehen». Die Autoren der Studie gaben an, dass der Aspekt damals durch eine andere Formulierung abgefragt wurde.

Ataman: «Antidiskriminierung ist in der Mitte angekommen»

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, sieht in den Studienergebnissen ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft nicht nur bereit sei für Antidiskriminierung, sondern diese auch erwarte. «Antidiskriminierung ist in der Mitte angekommen», sagte Ataman bei der Vorstellung des Papiers. Es gebe keine gesellschaftliche Spaltung oder Polarisierung bei dem Thema. Für die Bundesbeauftragte spalte Diskriminierung die Gesellschaft, nicht das Engagement dagegen.

Den Machern der Studie zufolge liegt das gestärkte Bewusstsein für Diskriminierung unter anderem daran, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund gestiegen ist. Es sei nicht verwunderlich, dass es diesen Rückenwind in dieser Frage gebe, sagte Ulrich Kober von der Bertelsmann Stiftung. Man könne nur hoffen, dass die Politik diesen Ball aufgreife.

Veranstaltungsreihe: Internationale Wochen gegen Rassismus

Mainz (dpa/lrs) – Zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus hat das rheinland-pfälzische Integrationsministerium eine neue Veranstaltungsreihe mit Politikern, Wissenschaftlern, Betroffenen und Aktivisten ins Leben gerufen. Dabei soll über Formen rassistischer Diskriminierung aufgeklärt werden, um diese wirksamer bekämpfen zu können, kündigten Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) und der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration, Miguel Vicente, am Montag in Mainz an. Weiterlesen

«Nein heißt nein»: Bewusstsein der Clubszene steigt

Von Jenny Tobien, dpa

New York/Frankfurt/Berlin (dpa) – Wer in das «House of Yes» in New York reinkommen will, wird erst einmal auf sympathische Art über die Hauskultur informiert. Denn in dem angesagten Club im Bezirk Brooklyn kann es auch mal etwas freizügiger zugehen – aber nur mit Respekt und Einverständnis.

«Zustimmung ist alles, auf und außerhalb der Tanzfläche», heißt es dort. Deshalb gelte es immer zu fragen, bevor man in Körperkontakt trete. Und: «Es ist in Ordnung, im “House of Yes” Nein zu sagen.» Um sicherzugehen, dass die Clubgänger, die in einer winterlichen Nacht am Eingang anstehen, alles richtig verstanden haben, werden sie animiert, gemeinsam im Chor einzustimmen: «Nein heißt nein» und «Ja heißt ja».

Geschultes Personal und Codewörter

Aber nicht nur in New York, auch hierzulande steigt das Bewusstsein: «Awareness ist ein Thema, das sich schnell entwickelt, die Sensibilität dafür ist groß», sagt Victor Oswalt vom Netzwerk Clubs am Main, in dem sich um die 15 Clubs aus dem Rhein-Main-Gebiet zusammengeschlossen haben. Daten zu Fallzahlen lagen demnach aber nicht vor. Die Konzepte der Party- oder Clubbetreiber seien dabei ganz individuell. So gebe es geschulte Awareness-Beauftragte oder Codewörter, mit denen man sich an der Bar melden könne.

Der Frankfurter Club «Tanzhaus West» betont, keinerlei Form von sexuellem Missbrauch, übergriffigem oder sexistischem Verhalten sowie Diskriminierungen jeglicher Form, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder andere Formen von Gewalt zu dulden. Wer sich belästigt fühle oder entsprechende Situationen beobachtet habe, könne sich jederzeit an das Personal wenden – auch anonym außerhalb des Clubbetriebs. Zudem seien zwei Frauen als Ansprechpartnerinnen installiert worden, «die sich Zeit für Deine Geschichte nehmen».

Awareness in Zeiten von #metoo und Black Lives Matter

Das Thema spielt auch in Berlin, der Hauptstadt der Clubkultur in Deutschland, eine wichtige Rolle. So hat die Berliner Clubcommission für Anliegen rund um Awareness, Diversity und Antidiskriminierung eigens die «Awareness Akademie» ins Leben gerufen.

«Natürlich handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Thema, und durch öffentliche Debatten wie #metoo oder Black Lives Matter ist die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für Diskriminierung, sexualisierte Gewalt oder Grenzüberschreitungen gestiegen», sagt Katharin Ahrend von der Akademieleitung. «Clubs kommt jedoch eine besondere Rolle zu, da sie auch als Schutzräume, also Räume, in denen sich alle frei und sicher fühlen sollen, fungieren.» Auch in Berlin gebe es bislang keine konkreten Zahlen.

Die Akademie bietet den Clubs konkrete Unterstützung bei der Awareness-Arbeit an, beispielsweise durch Workshops. Anfragen gebe es inzwischen aus ganz Deutschland. «Diese Entwicklung ist sehr positiv», sagt Ahrend. «Gleichzeitig gibt es hier noch große Unterschiede, während die einen schon seit Jahren Wissen und Strukturen aufbauen, gibt es auch Clubs, die sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigen.» In Berlin seien etwa das «Mensch Meier» oder das «about blank» schon lange dabei, dem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken, und auch der «Tresor» und das «RSO» sind im Zuge der Wiedereröffnung der Clubs in diesem Bereich aktiv.

«Ist Luisa hier?»

«In der Pandemie ist viel passiert», erklärt Ahrend. «Als es still wurde in den Clubs, haben sich viele die Zeit genommen, um ihre Mitarbeitenden intensiv zu schulen und hausinterne Teams aufzubauen.»

Im westfälischen Münster hat der Frauen-Notruf bereits 2016 die Kampagne «Luisa ist hier!» auf den Weg gebracht, an der sich inzwischen Kommunen aus ganz Deutschland beteiligen. Wenn sich Frauen in Bars oder Clubs belästigt, bedrängt oder bedroht fühlen, können sie sich mit der Frage «Ist Luisa hier?» an das Personal wenden, um unmittelbar und diskret Hilfe zu bekommen.

Mit dabei ist beispielsweise die Stadt Wiesbaden. «Alles was Geld kostet, übernimmt die Stadt», sagt die kommunale Frauenbeauftragte Saskia Veit-Prang. Aber: «Im Moment ist die Resonanz nicht euphorisch.» Bislang würden sich lediglich vier Locations beteiligen. In nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg startete «Luisa ist hier!» bereits 2018. «Generell ist das Feedback positiv, aber es ist schwierig, das Projekt tatsächlich in die Bars und Clubs zu tragen», erklärt auch die dortige Frauenbeauftragte Beate Friedrich.

Bei der aktuellen Fluktuation des Personals sei eine Herausforderung für die Clubs, die kostenfreien Schulungen umzusetzen. «Aber es reicht nicht, die Plakate aufzuhängen oder die Flyer in der Damen-Toilette auszulegen», sagt Friedrich. «Ich hoffe, wenn sich jetzt nach Corona alles wieder normalisiert und mehr Stammpersonal in der Gastro arbeitet, dass dann die Bereitschaft der Betreiber steigt.»

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Bericht: Sexismus und Rassismus bei der Londoner Feuerwehr

London (dpa) – Frauenfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus sind bei der Londoner Feuerwehr einem offiziellen Untersuchungsbericht zufolge an der Tagesordnung. Er habe so viele Beispiele von Frauen gehört, die sexuell belästigt oder angegriffen worden seien, dass er sagen müsse, dass «die Londoner Feuerwehr institutionell frauenfeindlich» sei, sagte der Ermittler Nazir Afzal, der für den Bericht zuständig war, der BBC.

«Außerdem gibt es ein enormes Ausmaß an Rassismus.» So sei etwa einem schwarzen Feuerwehrmann eine Schlinge an seinen Spind gehängt worden. Frauen hätten von Übergriffen sowie Videocalls berichtet, in denen Kollegen ihre Genitalien zeigten. An einigen Feuerwachen sollen Feuerwehrmänner um einen Bildschirm versammelt Pornos geschaut haben. Frauen fühlten sich in ihren Teams häufig nicht sicher oder nicht in ihrer Rolle als Feuerwehrfrau akzeptiert. Weiterlesen

Die anonymisierte Bewerbung hat einen schweren Stand

Arbeitsmarkt
Von Vanessa Reiber, dpa

Berlin (dpa) – «Wenn Sie Yilmaz heißen, dann müssen Sie in Deutschland deutlich mehr Bewerbungen schreiben als mit dem Namen Schmidt – und das bei exakt gleicher Qualifikation. Studien zeigen das leider immer wieder», sagt die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman. Etwa ein Viertel der Diskriminierungserfahrungen im Arbeitsleben würden in der ersten Phase, während der Arbeitssuche und Bewerbung, gemacht.

Ein Experiment erregte 2016 Aufsehen: Eine Wissenschaftlerin verschickt rund 1500 Bewerbungen – mal mit typisch deutschen Namen, mal mit typisch türkischen Namen und verschiedenen Fotos. Mit und ohne Kopftuch. Das Ergebnis: Eine Bewerberin ohne Kopftuch und Migrationshintergrund hatte die besten Chancen auf eine Stelle.

Eine Lösung können anonymisierte Bewerbungen sein, bei denen Personaler zum Beispiel nicht das Alter oder das Geschlecht des Bewerbers kennen. Heute steht zwar pflichttreu in Stellenausschreibungen «m/w/d» (männlich/weiblich/divers), aber die anonymisierte Bewerbung hat sich in Deutschland nicht durchgesetzt.Anders sieht das im englischsprachigen Raum aus. Weiterlesen

«Oben ohne» auf dem Wasserspielplatz – Gericht prüft Klage

Berlin (dpa) – Der Streit um entblößte Brüste auf einem Berliner Wasserspielplatz beschäftigt Mittwoch (10.00 Uhr) das Landgericht Berlin.

Die betroffene Frau verlangt mit der Zivilklage eine angemessene Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin (LADG). «Ich fand das sehr diskriminierend. Es war unfair», sagte Klägerin Gabrielle Lebreton vor dem Prozess vor einer Zivilkammer des Landgerichts. Ob das Gericht noch am selben Tag eine Entscheidung fällen wird, ist nach Angaben eines Gerichtssprechers offen. Weiterlesen

Diskriminierung bleibt in Deutschland weit verbreitet

Berlin (dpa) – Diskriminierung ist nach jüngsten offiziellen Daten in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. So wurden der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im vergangenen Jahr insgesamt 5617 Fälle gemeldet, die mit einem im Antidiskriminierungsgesetz genannten Diskriminierungsgrund zusammenhingen. Die meisten davon – 37 Prozent – gingen auf rassistische Diskriminierung zurück. Das geht aus dem Jahresbericht der Stelle für das Jahr 2021 hervor, den die neue Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman am Dienstag in Berlin vorstellte. Weiterlesen

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