Sind Stadtbürgermeister überflüssig?

Braucht eine Kommune wie Daun oder Gerolstein mit etwa 8.500 bzw 7.500 Einwohnern einen ehrenamtlichen Stadtbürgermeister mit einer Aufwandsentschädigung, die diesen Begriff konterkariert? Zu einer solch provokanten Frage fühlt man sich veranlasst, wenn man in letzter Zeit die Stadtratssitzungen beider Städte verfolgt. Die jeweiligen Stadtbürgermeister sorgen mehr für parteipolitischen Twist, als für das Wohl der Bürger. (Gerolstein: Postgebäude, Stadtbrunnen etc – Daun: Kurparksanierung etc.).

Wäre da vielleicht ein sogenannter Stadtmanager mit Marketingerfahrung nicht die bessere Wahl? Googelt man in Gerolstein nach dem Stadtbürgermeister, wird man direkt auf Bürgermeister Matthias Pauly verwiesen. Verbands- und Stadtbürgermeister in Doppelfunktion wäre in Sachen Stadtentwicklung sicherlich die beste Lösung – für die Stadt Gerolstein sicherlich genauso, wie für die Stadt Daun. Ein gutes Beispiel: Die Qualitätsstadt Hachenburg, sowie die VG Hachenburg wird geführt von ein und demselben Bürgermeister und das funktioniert ausgezeichnet. 

Verwaltungsaufgaben bündeln

Kommunalverwaltung ließe sich wahrscheinlich billiger machen, wenn man die städtischen Verwaltungsaufgaben in die Verbandsgemeinden integriert. Dabei müsste niemand auf Bürgernähe, Erreichbarkeit eines Rathauses, Bürgerkontrolle oder örtliche Zusammengehörigkeit verzichten. Mit Recht ist zu hinterfragen, ob wir es uns noch leisten können und wollen, zwei Verwaltungsebenen an einem Ort auf Dauer zu erhalten. Ob die Verwaltung von Kleinstädten grundsätzlich unwirtschaftlich ist, dass man sie grundlegend verändern und reformieren müsste, dass es tatsächlich Einsparungspotenziale in größerem Umfang gäbe, sollte mal ganz nüchtern diskutiert werden.

Was passiert mit der staatlichen Verwaltung?

Über ernsthafte Bemühungen, die staatliche Verwaltung in Rheinland-Pfalz zu reformieren, hört man dagegen recht wenig. Das Bewusstsein, dass es einer Reform der staatlichen Verwaltung bedarf, ist seit vielen Jahren bei der Landesregierung in Rheinland-Pfalz, anders als beispielsweise in Baden-Württemberg, nicht ausgeprägt oder nicht vorhanden. Mit der Abschaffung der Bezirksregierungen in Rheinland-Pfalz wurde das mehr als deutlich. Heute gibt es als mittlere Verwaltungsebene eine Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD und zwei Struktur- und Genehmigungsdirektionen SGD, die im Jahre 2000 als Koalitionskompromiss die damaligen drei Bezirksregierungen ersetzt haben.

Im Ergebnis hat die Landesregierung damals überhaupt keine öffentliche Aufgabe abgeschafft. Vorher gab es drei Regionalbehörden an drei Standorten und hinterher gab es zwei Regionalbehörden und eine Landesbehörde an drei Standorten. Das ist alles, was sich verändert hat. Zuständigkeitsveränderungen von oben nach unten fanden nicht statt. Die Abschaffung von Doppelzuständigkeiten fanden auch nicht statt. Eigentlich ist nichts passiert. Trotzdem ist der Verwaltungsapparat viel teurer geworden. 

Erst einmal Aufgabenkritik

Eine durchdachte Verwaltungsreform muss nach Meinung der Eifel-Zeitung mit gründlicher Aufgabenkritik beginnen. Was kann man abschaffen oder einstellen? Wer möchte das Recht auf den Kindergartenplatz missen oder die unentgeltliche Nutzung von Sporteinrichtungen oder eine schnelle, leistungsfähige, örtlich verwurzelte Feuerwehr? Wer möchte, dass das Schwimmbad geschlossen wird oder die Verwaltung nicht mehr rechtzeitig vor dem Urlaub die nötigen Ausweispapiere ausstellt? So viel wird wohl nicht herauskommen bei der Frage, was denn überflüssig ist.

Treppe von oben nach unten kehren

Nach der Aufgabenkritik müsste der Besen auf der Treppe die Aufgaben von oben nach unten kehren – nicht umgekehrt! Öffentliche Aufgaben für den Bürger müssen möglichst nahe am Bürger erfüllt werden und nicht abseits und fern von ihm. Gerade nicht in einer Flächenregion, wie der Eifel-Mosel-Region. Wir sind hier nicht in Ballungszentren wie Mainz oder Ludwigshafen, wo man mal auf engstem Raum schnell mit der Straßenbahn von A nach B fahren kann. Die Umsetzung von Hartz-IV hat dies in der Eifel-Mosel-Region mehr als deutlich gemacht. Seit 2005 müssen die Betroffenen zur Kreisverwaltung für die Unterkunftskosten, zum Job-Center für das Arbeitslosengeld II (Kelberg sogar bis nach Mayen), zur Verbandsgemeinde, Stadt oder gar Gemeinde für die Grundsicherung oder das Sozialgeld. In einer Flächenregion, wie der hiesigen, ein abenteuerliches Unterfangen für jeden Betroffenen. Mal ehrlich: ob das wirklich Bürgernähe direkt  an den Problemen des Menschen ist?

Aufgabenverteilung hinterfragen

Warum können die Bürger in Rheinland-Pfalz nicht flächendeckend ihr Auto bei den Verbandsgemeindeverwaltungen zulassen? Warum ist die Verbandsgemeinde in der Lage, das Hochsicherheitspapier „Personalausweis“, aber nicht einen Führerschein auszustellen? Den Fragenkatalog könnten wir beliebig fortsetzen. Erst wenn Aufgaben von oben nach unten verlagert würden, dann ist die Frage angezeigt, ob die Kommunen, die wir haben, die richtige Größe haben. Dabei beschränkt sich diese Frage auf die Verwaltungsebene und erstreckt sich nicht auf Größe oder Anzahl der Ortsgemeinden.

Nicht alles über einen Kamm scheren

Nach einer Reform von oben nach unten werden einige Landkreise in Rheinland-Pfalz von der Kopfzahl gemessen nicht ausreichend groß sein. Man wird sie in einem an den örtlichen oder regionalen Notwendigkeiten ausgerichteten Konzept vergrößern müssen. Dieselbe Frage muss man dann hinsichtlich der Verbandsgemeinden auch stellen müssen. Aber auch hier lässt sich nicht alles über einen Kamm scheren.

Keine Veränderung ohne Bürgerbeteiligung

Bei den Verbandsgemeinden haben wir heute eine Durchschnittsgröße von ca. 13.800 Einwohnern, wohlgemerkt mit außerordentlich unterschiedlichen Flächen und Zuschnitten in der Eifel-Mosel-Region. Eine zwangsweise, per Gesetz verordnete Vergrößerung bzw. Auflösung von Verbandsgemeinden ohne Bürgerbeteiligung wäre nach Meinung der Eifel-Zeitung absolut falsch – ja, sie wäre nicht an den Interessen der Bürger ausgerichtet. Nicht selten wirtschaften kleine Verbandsgemeinden sparsamer als große. Ein gutes Beispiel ist die VG Kelberg. Sicherlich von der Kopfzahl her zu klein. Dennoch ist die VG Kelberg in allen Belangen selbstständig und keineswegs fusionsbedürftig.

Vergrößerung führt zu Bürgerferne

Wer könnte aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen und der Entfernungen, die zu überbrücken sind, beispielsweise einer weiteren Vergrößerung von Verbandsgemeinden in der Eifel-Mosel-Region, noch das Wort reden? Selbst wenn in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Einwohnerzahlen gerade in der hiesigen Region deutlich abnehmen werden, macht es doch die Entfernung, die Bürger zu überbrücken haben, um in ihr Rathaus zu kommen, nicht kleiner. Im Gegenteil: Die Vergrößerung von Verbandsgemeinden in der Flächenregion Eifel-Mosel würde solche Erreichbarkeitsprobleme nur vergrößern und damit zu einer immer größeren Bürgerferne von Kommunalverwaltungen führen.

Individuelle Lösungen werden gebraucht

Was wir brauchen, sind punktuelle und individuelle auf die Region zugeschnittene Veränderungen. Wir brauchen keine neue Gebietsreform in der Eifel-Mosel-Region, schon gar nicht, wenn sie weit weg in Mainzer Regierungsamtsstuben geplant wird, wo leider allzu oft Theorie mit Praxisverständnis vertauscht wird. 

 

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