„Kunst, die sich sofort verstehen lässt, ist keine Kunst, sondern dient nur als Innenausstattung.“ (Adam Szymcyk, Kurator der documenta 14)

Von Kunst lernen – Das TMG auf der documenta 14

Schülerinnen vor dem Werk von Gordon Hookey. RH

Daun/Kassel. Kurz vor Ende der documenta 14 besuchten 73 Schülerinnen und Schüler des Dauner Thomas-Morus-Gymnasiums die weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Organisiert von Kunstpädagoge Robert Hötzel und seinem Fachkollegen Jan Loewe fuhren für je zwei Tage die Schüler der MSS 11 und der MSS 12 nach Kassel und setzten sich intensiv mit der dort präsentierten Kunst auseinander, die wie auch schon auf den Vorgängerausstellungen die konfliktbeladenen Auswirkungen der Globalisierung thematisierte. Die beiden Pädagogen sehen für die Selbstbildung des Menschen gerade bei einem documenta-Besuch die Möglichkeit, sich mit eigenen ethisch-moralischen und sozialen Positionen zu beschäftigen. Hier spielt die Auseinandersetzung mit Kunst eine besondere Rolle, da sie den Einstieg in problembewusstes Denken ermöglicht und neue Sichtweisen spielerisch und ästhetisch eröffnen kann.

Schüler der MSS11 spenden Bücher. JL

Das die Jugendlichen solche Erfahrungen machen können, liegt auch an der Unterstützung durch die Schulleitung und das Kollegium sowie der finanziellen Hilfe des Freundeskreises. Seit 2002 fahren alle fünf Jahre die Oberstufenjahrgänge des Gymnasiums in die nordhessische Metropole. Der Besuch dieses kulturellen Ereignisses ist mittlerweile fester Bestandteil des Terminkalenders der Schule. Trotz mancher Skepsis im Vorfeld – viele hatten Befürchtungen einen zweitägigen Museumsgang zu machen – hat es den meisten Schülerinnen und Schülern, auch aufgrund der Möglichkeit aktiv partizipieren zu können, überraschend gut gefallen. „Ich hätte nie gedacht, dass hier so viel spannende Kunst zu sehen ist – und das über die ganze Stadt verteilt. Die Fahrt war super“, begeistert sich Marvin (17).

Neben der Auseinandersetzung vor Ort, die Schülerinnen und Schüler bekamen für den Unterricht relevante Arbeitsaufträge, nahmen sie auch an der Kunstaktion der argentinischen Künstlerin Marta Minujín teil. Ihr Parthenon der Bücher, ein maßstabsgetreuer Nachbau des Athener Parthenons aus Stahl, ziert seit Jahresbeginn den zentralen Friedrichsplatz, dem Platz, an dem 1933 die Nationalsozialisten Bücherverbrennungen vornahmen. Die Stahlkonstruktion beherbergte an den Säulen angebracht gut 60.000 Bücher, die aus politischen oder religiösen Gründen zu einer bestimmten Zeit zensiert und verboten wurden. Dieses Monument zeigte symbolhaft die Macht des geschriebenen Wortes und verweist auf die Gefahr der totalitären Systeme durch Repression und Überwachung. Dank des sehr plakativen, aber symbolhaft gut nachvollziehbaren Kontextes erfreut sich dieses Werk großer Beliebtheit. Jeder konnte Bücher spenden. So spendeten auch die beiden Kurse über 50 Bücher, darunter Autoren wie Berthold Brecht, Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Franz Kafka und Thomas Mann, mit denen noch während des Besuches die letzten beiden Säulen bestückt wurden.

Abbau des Parthenons durch Marta Minujín. RH

Mittlerweile wurde der Parthenon wieder abgebaut. Interessiertes Publikum konnte sich nun wieder Bücher aussuchen. Dabei war natürlich auch Robert Hötzel zugegen und hat für die Schüler zur Erinnerung an die Exkursion, passend zum Leitmotiv der documenta 14, „Von Athen lernen“, eine griechische Ausgabe des Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry zurück nach Daun gebracht.

Neben dieser tollen Aktion konnten sich die Jugendlichen aber auch für viele andere interessante Werke begeistern. Jil (16): „Mich haben so gut wie alle Kunstwerke angesprochen. Ich finde es faszinierend, dass sie viel mehr aussagen, als man auf den ersten Blick meint. Wie Künstler durch unterschiedlichste Ausdrucksformen etwas mitzuteilen haben, ist beeindruckend. Ich werde in fünf Jahren zur nächsten documenta sicher wieder nach Kassel fahren.“

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